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Junger weiblicher Mantarochen in den flachen Küstengewässern Südfloridas.

© Marine Megafauna Foundation/Bryant Turffs

Die Tragik einer großen Entdeckung: Forscher finden eine neue große Rochen-Art – doch nicht alle können feiern

Riesig, flach, geheimnisvoll: Mantarochen gehören zu den ikonischen Fischarten. Jetzt wurde tatsächlich eine neue, dritte Spezies entdeckt. Doch Teil dieser Geschichte ist auch das schwere Schicksal der leitenden Forscherin.

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Neue Tierarten werden andauernd entdeckt. Aber solche, die von der einen Körperseite zur anderen mehr als sechs Meter messen, eher nicht: Mobula yarae, der Atlantische Mantarochen, ist nichts anderes als eine Sensation.

Seit über ihn vergangene Woche ein von unabhängigen Expertinnen und Experten begutachteter Fachartikel erscheinen ist, ist er offiziell die dritte Art dieser ikonischen Ozeanbewohner.

Inoffizielle Berichte über die Forschung, die jetzt in jener entscheidenden Publikation ihren Höhepunkt gefunden hat, gab es schon länger. Und stets wurde die leitende Forscherin zitiert.

Queen of Mantas

Andrea Marshall war es schon 2009 gewesen, die nachwies, dass es mehr als nur eine Art Mantarochen gibt. Damals beschrieb sie zusammen mit Kollegen den Riff-Manta (Mobula alfredi) als eigene, vom Riesenmanta (Mobula birostris) getrennte Spezies.

Andrea Marshall entdeckte die dritte Mantarochen-Art nach einem Tauchgang vor der Küste Yucatáns in Mexiko.

© Marine Megafauna Foundation/Janneman Conradie

Marshall wurde selbst zur Ikone der Meeresforschung, inklusive Fernseh- und Web-Dokumentationen. Eine davon, von der BBC, heißt „Queen of Mantas“.

Doch nur ein Jahr nach der offiziellen Beschreibung des Riff-Mantas sah sie beim Tauchen vor Mexikos Küste dann ein Exemplar, das nicht zu den beiden bekannten Spezies passte.

„Not a Chance!“

In einem Instagram-Post 2022 schrieb sie zu der Frage, ob sie je damit gerechnet hätte, sogar noch eine weitere Art zu finden: „Hell no, not a chance!“

Es sei einer der Schocks ihres Lebens gewesen: „In das warme Wasser vor der Küste von Yucatán in Mexiko zu springen und mich plötzlich etwas gegenüberzusehen, wovon ich sofort wusste, dass es eine dritte Art von Mantarochen ist.“

Andrea Marshall, Mitgründerin der Marine Megafauna Foundation, vermutete beim Tauchen vor Yucatán erstmals die Existenz einer dritten Mantarochen-Art.

© Marine Megafauna Foundation/Janneman Conradie

Es folgten über die Jahre weitere Sichtungen, gezielte Forschung, letztlich der Fang eines Exemplars, das genau untersucht werden konnte, auch genetisch.

Schwere Erkrankung

Im Januar 2024 fehlte kaum noch etwas, um die neue Art offiziell wissenschaftlich zu verkünden. Da erlitt Andrea Marshall, die inzwischen mit ihrem Ehemann und Kollegen Janneman Conradie auch eine Familie gegründet hatte, in Folge eines geplatzten Gehirn-Aneurysmas einen schweren Schlaganfall.

Marshall sei seither, heißt es auf der Website der von ihr mitgegründeten Marine Megafaune Foundation, „on extended medical leave“. Das bedeutet soviel wie „unbefristet krankgeschrieben“.

Ob ihre schwere Erkrankung mit den gravierenden Folgen etwas mit den mehr als 30 Jahren, die Marshall regelmäßig als Taucherin im Ozean arbeitet, zu tun hat, ist unklar.

Wissenschaftlich beschrieben sind solche Zusammenhänge allerdings. Die jetzt im Fachmagazin „Environmmental Biology of Fishes“ erschienene Artbeschreibung wurde von Marshalls Kollegen fertiggestellt.

Flecken der Identität

Die neue Art kommt, ähnlich wie der Riff-Manta, vor allem in Küstennähe vor. Gesichtet wurde sie bisher in den tropischen und subtropischen Gewässern des Atlantiks, vom Osten der Vereinigten Staaten über die Karibik bis nach Brasilien.

Jessica Pate, Gründerin des Florida Manta Project, taucht ab, um das einzigartige Bauchmuster eines Mantarochen zu fotografieren.

© Marine Megafauna Foundation/Bryant Turffs

Neben genetischen Eigenheiten unterscheiden den „Atlantischen Manta“ V-förmige weiße Schulterflecken und eine insgesamt hellere Färbung um Maul und Augen vom Riff-Manta. Dazu kommen dunkle Flecken auf der Unterseite, die zwischen den Kiemen aber fehlen.

Die offizielle Anerkennung als neue Spezies sei „nur der Anfang“, wird Marshalls Kollegin Jessica Pate in einer Erklärung der Marine Megafaune Foundation zitiert. „In Florida beobachten wir diese Mantarochen in Gebieten mit starkem Bootsverkehr und Küstenbebauung“, sagt sie. Das Verständnis ihrer Lebensraumansprüche und Bewegungsmuster sei für ihren Schutz von entscheidender Bedeutung.

Mobula yarea hat seinen Namen von Yara, einer meerjungfrauähnlichen Gestalt aus der Mythologie eines brasilianischen Ureinwohnervolkes. Doch er wird vor allem im Zusammenhang mit dem Namen der Meeresbiologin genannt werden, die ihn entdeckt hat.

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