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Eulenspiegelei. Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei der Eröffnung des neuen Campus der TDU im Januar 2020.

© TOLGA BOZOGLU / AFP

Politische Repression am Bosporus: Warum die Meinungsfreiheit in deutsch-türkischem Prestigeprojekt bedroht ist

In Deutschland wächst die Sorge wegen des Vorgehens gegen Regierungskritiker an der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul. Die Partner-Universität Potsdam betont Freiheit von Forschung und Lehre.

Nachdem die mit Bundesmitteln geförderte Türkisch Deutsche Universität (TDU) in Istanbul Strafanzeige gegen einen regierungskritischen Wissenschaftler gestellt hat, regt sich in Deutschland Kritik. 

Beunruhigende Entwicklungen

Claudia Roth, Sprecherin für Auswärtige Kulturpolitik der Grünen Bundestagsfraktion, erklärte, dass die Entwicklungen an der TDU sie zutiefst beunruhigen.

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„Die Freiheit der Wissenschaft und der Schutz der Grundrechte ist das zentrale Fundament für die transnationale Bildungs- und Forschungszusammenarbeit zwischen der Türkei und Deutschland und muss ganz selbstverständlich auch an der Türkisch-Deutschen Universität gelten“, sagte Roth, die sich zusammen mit Kai Gehring, dem Grünen-Fraktions-Sprecher für Forschung, Wissenschaft und Hochschule zu dem Thema geäußert hatte.

Sanktionen der Hochschulleitung

Nach einem Bericht der „Welt“, die sich auf die türkische Zeitung „Cumhuriyet“ bezieht, drohen dem international geachteten Migrationsforscher Mehmet Murat Erdogan für regierungskritische Tweets Sanktionen der Hochschulleitung. 

Er soll regierungsnahe „Trolle“ kritisiert haben, die die Außenpolitik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan feiern würden. Ähnlich soll es Studierenden ergehen, die sich offen gegen homophobe und menschenverachtende Äußerungen eines anderen Dozenten stellen.

Uni Potsdam will Brücken bauen

An der Universität Potsdam, die federführend am Aufbau der naturwissenschaftlichen Fakultät der TDU beteiligt ist, will man nun das Gespräch mit TDU-Rektor Halil Akkanat suchen. Man wolle persönlich von ihm über die Vorgänge informiert werden und seine Sicht hören, so Florian J. Schweigert, Vizepräsident für Internationales und Fundraising der Potsdamer Uni. 

„Die Freiheit von Lehre und Forschung ist ein sehr hohes Gut, dies zu bewahren und zu schützen ist ein wesentliches Element für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen akademischen Partnern“, sagte Schweigert dem Tagesspiegel. Die Potsdamer Universität trete für Freiheit in Forschung und Lehre sowie für freie Meinungsäußerung ein. „Dies gilt auch für unser Verhalten gegenüber unserem türkischen Partner“, sagte Schweigert. 

Bislang hatte die Potsdamer Uni, auch vor dem Hintergrund der Entlassungswelle an der TDU im Jahr des Putschversuchs 2016, den Standpunkt vertreten, dass ein verstärkter wissenschaftlicher Austausch als Brücke zwischen den beiden Ländern förderlich sei.

Den TDU-Campus in Istanbul hat Kanzlerin Angela Merkel 2020 mit eröffnet.
Den TDU-Campus in Istanbul hat Kanzlerin Angela Merkel 2020 mit eröffnet.

© Gülsüm Sahan/TDU

Die Türkisch-Deutsche Universität in Istanbul ist ein Projekt der Deutsch-Türkischen Wissenschafts- und Bildungskooperation. Zukünftig sollen 5000 Studierende an fünf Fakultäten im Istanbuler Stadtteil Beykoz lernen und forschen. 

Der neu errichtete Campus wurde 2020 von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem türkischen Präsidenten Erdogan feierlich eröffnet. Merkel hatte zur Eröffnung gesagt: „Je größer die wissenschaftliche Freiheit ist, umso größer ist auch der wissenschaftliche Ertrag.“

Zu den gegenwärtigen Vorfällen an der TDU schrieben nun die Grünen-Politiker Roth und Gehring: „Diese Entwicklung droht das freie Lehr- und Forschungsklima an der Universität massiv zu beschädigen und wir fordern die Bundesregierung auf, gegen diese Entwicklungen klar Stellung zu beziehen, um die Betroffenen zu unterstützen und Schaden von der Türkisch-Deutschen Universität abzuwenden.“ 

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