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Die Jugend steht unter Druck wie selten zuvor. In Berlin kommen nun noch die Unsicherheiten um die Unis dazu.

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Was mich junge Menschen in der Beratung fragen: „Ist ein Studium überhaupt noch ratsam?“

Wer sich heute für ein Studium interessiert, ist verunsichert wie nie zuvor. Nicht, weil die Jugend weinerlich wäre. Sondern weil sie sich ums Geld sorgt: um den eigenen Unterhalt wie um die Kürzungen der Hochschulen.

Barış Ünal
Eine Kolumne von Barış Ünal

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Vermutlich ging der Studienstart schon immer mit existenziellen Fragen einher, je nach Studiengeneration: Muss ich als Philosoph wirklich in einem Fass wohnen? Bestelle ich noch eine Amphore Wein? Haare lang oder Seiten frisch?

Auch aktuelle Berliner Erstsemester beschäftigen die üblichen Sorgen – zur Wahl des Fachs, wie sie neue Leute kennenlernen oder wo man in Berlin seine Niere verkaufen kann, um die Miete zu finanzieren.

Durch die Kürzungsdiskussionen werden ihnen an den Hochschulen zusätzliche Unsicherheiten serviert. Ein Ratsuchender sorgte sich besonders und fragte per Mail: „Muss ich mir Gedanken machen, dass mein Wunschstudiengang eingestellt wird?“ Ein anderer zweifelte, das Studium „in seiner ganzen Breite und Tiefe“ studieren zu können: „Ist die Aufnahme des Studiums überhaupt noch ratsam?“

Diese Fragen als bloße Weinerlichkeit abzutun, greift zu kurz. Sie sind Ausdruck einer Grundunsicherheit, die sich immer stärker in Bildung und Studium ausbreitet. Zwar waren die Perspektiven nach einem Universitätsstudium schon immer unklarer als nach einer Ausbildung, die Finanzierung ein Kraftakt.

Aktuell stellen bis zu 70 Prozent der Anspruchsberechtigten gar nicht erst einen Antrag auf Bafög-Förderung. Eher nicht, weil sie plötzlich zu viel Geld hätten, sondern weil Bafög in der Zielgruppe weiterhin nicht mit günstiger Unterstützung, sondern mit Schulden und Risiken assoziiert wird. Das erschwert die Studienaufnahme.

Aber jetzt scheint die Furcht hinzuzukommen, dass einem das Studium womöglich im laufenden Betrieb unter den Füßen weggezogen wird. Eigentlich wäre genau hier Aufklärung, Ermutigung und Verlässlichkeit nötig. Stattdessen erleben Studieninteressierte gerade das Gegenteil, wenn Studienbedingungen infrage gestellt und gleichzeitig in alle Richtungen Verteilungskämpfe ausgetragen werden.

Das Ergebnis: Wer ohnehin zögert, kein akademisches Elternhaus im Rücken hat oder sich um die Finanzierung sorgt, lässt sich schneller abschrecken oder wandert ab. Leisten können wir uns das nicht, wir brauchen den Nachwuchs für die kommenden, wichtigen Aufgaben.

Und ja, ein Studium ist natürlich weiterhin ratsam und nachweislich die lohnendste Investition in die berufliche Zukunft. Bei Unsicherheiten hilft die Studienberatung gern weiter.

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