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Kolumne – Wiarda wills wissen

© Tagesspiegel/Nassim Rad/Tagesspiegel

Wiarda will’s wissen: Milei und Musk? Heilbronn zeigt einen besseren Weg

Ohne laute Worte und populistische Parolen baut Lidl-Gründer Dieter Schwarz eine Stadt zur Innovationshochburg um. Ein Modell für Deutschland – wenn wir es sehen wollen.

Jan-Martin Wiarda
Eine Kolumne von Jan-Martin Wiarda

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„Mehr Milei und Musk wagen“, hat Christian Lindner neulich gefordert. Nach heftiger Kritik, er unterstütze „rechtspopulistischen Turbokapitalismus“, ruderte der FDP-Chef ein Stück zurück. Die beiden seien „jetzt im Stil nicht meine Vorbilder, aber eine Prise Disruption, Reformfreude und Innovationskraft könnten wir schon brauchen“, postete er auf „X“.

Womöglich sollte sich Linder bei der Suche nach Schlagwort-Parolen nächstes Mal im Inland umschauen. Und würde dann in Heilbronn landen. Lidl-Gründer Dieter Schwarz baut die Stadt Stück für Stück zu einer Innovationshochburg um, die in Form und Zusammensetzung deutschlandweit einzigartig zu werden verspricht.

2017 lockte die „Dieter-Schwarz-Stiftung“ die TU München (TUM) an, seit langem in internationalen Ranglisten die bestplazierte deutsche Universität. Die Filiale einer bayerischen Uni in einem anderen Bundesland: ein Novum. 2023 verkündete die ETH Zürich, wiederholt die kontinentaleuropäische Nummer 1 im Times-Ranking, dass sie, unterstützt von Schwarz, ebenfalls eine Dependance in Heilbronn eröffnet.

Die Fraunhofer-Gesellschaft ist seit 2019 in der Stadt, vergangene Woche der nächste Hammer: Von 2025 an sollen insgesamt acht „Fraunhofer Forschungs- und Innovationszentren“ in Heilbronn operieren. Die Max-Planck-Gesellschaft bestätigte diesen Sommer, dass auch sie sich in Gesprächen mit der Stiftung befinde.

Alles dreht sich in Heilbronn um Forschung und Entwicklung in den Zukunftstechnologien: Digitalisierung und künstliche Intelligenz, Cybersicherheit bis Quanten-KI, die TUM steuert Studiengänge bei, die Management, Technik und Informatik verbinden.

Besonders an alldem ist nicht nur das strategisch erzeugte Neben- und Miteinander internationaler Spitzeninstitutionen, sondern das Engagement eines regional verwurzelten Milliardärs, der keinerlei politisch-autoritären Reden schwingt, dessen persönliche Zurückhaltung manchem schon wieder unheimlich ist.

Deutschlands Weg aus der Innovationskrise? Nicht mehr Milei und Musk. Sondern mehr Dieter Schwarz. Keine Frage: Ohne ein staatliches Investitionsprogramm für Wissenschaft und Bildung wird es nicht gehen. Aber das reicht nicht. Seit einem Jahrzehnt stagnieren die Drittmittel privater Förderer an deutschen Hochschulen.

Es braucht auch mehr unternehmerisches Engagement aus gesellschaftlichem Verantwortungsbewusstsein heraus. Und mehr Anerkennung für dieses Engagement durch Wissenschaft und Gesellschaft, die besser differenzieren müssen, als private Investitionen in Forschung und Lehre reflexartig kritisch und als Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit zu sehen. Leider führen Sätze wie die von Christian Lindner eher zum Gegenteil.

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