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Studierende suchen sich in einem vollbesetzen Hörsaal einen freien Sitzplatz.

© dpa / Julian Stratenschulte

Wie lange die Unis offen bleiben: Präsenz hat „in diesem Jahr“ Priorität

Berlins Hochschulen versprechen Präsenz für den Winter – mit Vorbehalt wegen der Corona- und der Energiekrise. Senatorin Gote kündigt finanzielle Hilfe an.

| Update:

„Gerade angesichts der Auswirkungen der Energiekrise auf die soziale Lage der Studierenden sehen sich die Hochschulen den Grundsätzen der Präsenzlehre verpflichtet.“ Das erklärt die Landesrektorenkonferenz der staatlichen und kirchlichen Hochschulen in Berlin – und bekräftigt damit das Versprechen, das Uni- und FH-Präsident:innen wie berichtet soeben in einer Anhörung im Abgeordnetenhaus ausgesprochen hatten.

Die Ankündigung, die Hochschulen in Herbst und Winter offenzuhalten, bezieht sich in der aktuellen Erklärung insbesondere auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie. „Präsenzlehre und die Verfügbarkeit von studienrelevanten Infrastrukturen vor Ort in Verbindung mit angemessenem Infektionsschutz“ hätten „in diesem Jahr höchste Priorität“, wie die LKRP und die Wissenschaftsverwaltung in einer Mitteilung schreiben.

Gilt das Präsenzversprechen damit zunächst nur bis Ende 2022? Das Pandemiegeschehen werde laufend von der Corona-Task-Force der Senatsverwaltung und der Hochschulen unter Leitung der Wissenschaftsstaatssekretärin Armaghan Naghipour beobachtet und bewertet, heißt es dazu. Man prüfe in regelmäßigen Abständen, „ob die gemeinsam vereinbarten Grundsätze aufgrund der aktuellen Situation angepasst werden müssen“.

Mit Rücksicht auf vulnerable Gruppen

Starten soll das Wintersemester Anfang, Mitte Oktober jedenfalls ohne verpflichtende Hygienemaßnahmen, aber mit freiwilliger Prävention. So empfehlen LKRP und Wissenschaftsverwaltung unabhängig von der Pandemielage, „weiterhin nachdrücklich, FFP2-Masken in Hochschulgebäuden zu tragen“. Diese hätten sich als ein hochwirksamer Schutz vor einer Infektion erwiesen.

Hochschulen sind insbesondere auch Orte des Austauschs, der Diskussion und des sozialen Miteinanders.

Erklärung der Berliner Landesrektorenkonferenz

Appelliert wird auch, Mindestabstände einzuhalten, die 3G-Kriterien (getestet, geimpft, genesen) zu beachten und Testmöglichkeiten zu nutzen. Die Bedürfnisse von Studierenden, Lehrenden und Beschäftigten, die vulnerablen Gruppen angehören, sollen zudem „individuell und angemessen“ berücksichtigt werden, heißt es: Je nach Lage vor Ort könnten die Hochschulen die Anzahl der Teilnehmenden an Lehrveranstaltungen begrenzen. Dies wäre demnach eine Maßnahme, um etwa größere Abstände zwischen Personen zu ermöglichen.

Das Präsenzversprechen für alle staatlichen und kirchlichen Hochschulen wird folgendermaßen konkretisiert: Lehrveranstaltungen und Prüfungen werden „vorrangig in Präsenz organisiert“ und Service-Einrichtungen wie Bibliotheken, Arbeitsplätze und PC-Pools bleiben geöffnet. Dass in einzelnen Fächern wie im Sommersemester ein beträchtlicher Teil der Kurse und Tutorien trotz offener Unis online und oft mit „Konserven“ aus früheren Semestern erteilt wird, soll offenbar nicht mehr vorkommen.

Studentischer Lebensstil seit 2020: In Lehrveranstaltungen FFP2-Masken zu tragen, wird weiterhin empfohlen.
Studentischer Lebensstil seit 2020: In Lehrveranstaltungen FFP2-Masken zu tragen, wird weiterhin empfohlen.

© Getty Images/iStockphoto / Anastasia Usenko

Ebenso wollen Hochschulleitungen und Verwaltung „auch im Wintersemester ein aktives Campusleben ermöglichen“. Hochschulen seien nicht nur ein Ort der Wissensvermittlung, heißt es: „Sie sind insbesondere auch Orte des Austauschs, der Diskussion und des sozialen Miteinanders“.

Mehr Qualität für digitale Angebote

In den vier „Corona-Semestern“ seit dem Frühjahr 2020 hatte sich gezeigt, dass Studierende – neben Problemen mit den ad hoc eingeführten Online-Formaten – vor allem unter fehlenden persönlichen Kontakten zu ihren Kommiliton:innen und zu den Lehrenden gelitten haben.

Jetzt versichern die Hochschulen außer dem Vorrang für Präsenz, die digitalen Lehr-Lern-Szenarien „qualitätsgesichert weiterzuentwickeln“. Mit Online-Angeboten will man im Wintersemester Studierende vor allem dabei unterstützen, pandemiebedingte Rückstände aus den Lockdown-Semestern aufzuholen. Das Land Berlin hat dazu bereits im Mai das „Sonderprogramm (Lern-)Rückstände“ aufgelegt, durch das die Hochschulen bis Ende 2023 zusätzliche Mittel in Höhe von fünf Millionen Euro erhalten, um solche Angebote zu entwickeln.

Infrage gestellt werden könnte die „höchste Priorität für Präsenz“ nicht zuletzt durch die Energiekrise. Zwar gilt auch hier die Aussage aus einzelnen Unis, die Studierenden und das Personal nicht aufgrund hoher Energiekosten über längere Zeit ins Homeoffice und in die Online-Lehre zu schicken. Doch an der TU Berlin gibt es dafür ein zeitlich begrenztes Szenario für das Jahresende und die erste Zeit nach dem Jahreswechsel.

TU-Präsidentin Geraldine Rauch hat zudem bei einer Anhörung im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses erklärt, die Kosten der TU für Strom, Gas und Fernwärme hätten bisher bei 24 Millionen Euro im Jahr gelegen. „Für 2023 rechnen wir mit 90 bis 140 Millionen Euro.“ Zu den Energiesparmaßnahmen nach den Vorgaben des Bundes und des Senats von Berlin erarbeiten die Hochschulen gerade eine gemeinsame Position, die demnächst bekanntgegeben werde, heißt es.

Wissenschaftssenatorin Ulrike Gote (Grüne) sagte den Hochschulen unterdessen am Mittwoch Hilfen in der Energiekrise zu: „Das Land Berlin wird im Falle finanzieller Engpässe für seine Hochschulen selbstverständlich einstehen und sie finanziell als Zuwendungsempfangende unterstützen“, erklärt Gote in einem Statement gegenüber dem Tagesspiegel. Daran könne es „angesichts von fast 200.000 Studierenden und rund 60.000 Beschäftigten in einem Bundesland, das von Forschung und Lehre lebt, keinen Zweifel“ geben.

Den Bund forderte Gote auf, gemeinsam mit den Ländern „so schnell wie irgend möglich die Auszahlung der Einmalzahlung für Studierende auf Grundlage des unlängst beschlossenen dritten Entlastungspaketes auf den Weg zu bringen“. Dies sei zur Bewältigung der voraussichtlich entstehenden Mehrkosten durch massiv steigende Energiepreise dringend geboten.

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