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Protest der Initiative „HU Täterfrei“ vor der Humboldt-Universität

© Nick Wilke

„Wir wollen das Schweigen brechen“: HU-Studierende protestieren gegen Machtmissbrauch

Ein HU-Professor darf nach Vorwürfen sexualisierter Gewalt wieder unterrichten, ein Gericht hatte seine Suspendierung aufgehoben. Dagegen gibt es nun Protest.

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„Täter haben Namen und Adressen, kein Vergeben und kein Vergessen!“, skandierten am Dienstagmittag etwa 50 Studentinnen und Studenten der Humboldt-Universität auf dem Hegelplatz. Sie protestierten damit gegen einen Professor, dem sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch vorgeworfen werden. „Wir wollen das Schweigen brechen“, sagte eine der Rednerinnen auf der Kundgebung.

Die Humboldt-Universität hatte den Professor vor einem Jahr vom Dienst suspendiert. Hintergrund waren Vorwürfe sexualisierter Gewalt, die eine Wissenschaftlerin in einem Buchbeitrag erhoben hatte. Der Täter, der die Frau gegen ihren Willen geküsst, angefasst und gewaltsam festgehalten haben soll, wird in dem Text als Berliner Professor beschrieben, aber namentlich nicht genannt. Der Tagesspiegel hatte 2023 erstmals über den Fall und über frühere Vorwürfe berichtet.

Der Professor bestreitet alle Vorwürfe. Zudem setzte er selbst das Disziplinarverfahren gegen sich in Gang, offenbar um die Anschuldigungen auszuräumen. Vor dem Berliner Verwaltungsgericht erreichte er im vergangenen Jahr einen Erfolg: Das Gericht setzte seine Suspendierung im November per Eilbeschluss aus. Seit Dezember ist der Professor wieder im Dienst, im laufenden Sommersemester konnte er wieder unterrichten.

Das Disziplinarverfahren gegen den Professor läuft noch. Wann es abschließend entschieden wird, ist noch nicht absehbar. Doch bis dahin darf der Professor wieder unterrichten.

Professor darf nur unter Auflagen unterrichten

Die Humboldt-Universität verhängte allerdings Auflagen: Auf der Webseite des betreffenden Instituts heißt es, Lehrveranstaltungen des Professors fänden „nur dann in Präsenz statt, wenn mindestens drei Studierende anwesend sind“. Sollte das nicht der Fall sein, müsse die betreffende Veranstaltung digital abgehalten werden. Sprechstunden des Professors dürfen nur dann in Präsenz stattfinden, „wenn eine dritte Person anwesend ist“.

Das alles geht den Studierenden, die am Dienstag vor der Humboldt-Uni protestierten, allerdings nicht weit genug. Solange ein Disziplinarverfahren laufe, sollten Dozierende nicht unterrichten dürfen, findet die Studentin Olga B., die den Protest mitorganisiert hat. Außerdem solle die Uni offen kommunizieren, welche Vorwürfe gegen den Professor im Raum stehen. Im Sommersemester habe der Beschuldigte vier Seminare gehalten, teilweise auch für Studierende des ersten Semesters, die von den Anschuldigungen nichts mitbekommen hätten.

Deshalb hat die Initiative „HU Täterfrei“ vor den Seminarräumen Flyer verteilt. „Wir haben Studierende aufgefordert, nicht zu den Veranstaltungen zu gehen und sich vom Seminar abzumelden. Viele, die vorher noch nichts von dem Fall wussten, waren uns nachher dankbar“, so Olga B.

Die Studentin wirft der Humboldt-Uni vor, sich hinter dem Beschluss des Verwaltungsgerichts zu verstecken und nicht genug für die Studierenden und vor allen Dingen für die Betroffenen zu tun. Genau deshalb fordert „HU Täterfrei“ eine Anlaufstelle für Betroffene, wo diese psychologische und rechtliche Unterstützung bekommen können.

Die studentische Initiative hat auch eine Petition gestartet, in der gefordert wird, dem Professor alle Lehrverpflichtungen und Funktionen zu entziehen und die bisherigen Vorwürfe unabhängig aufarbeiten zu lassen. Außerdem sollen Beschwerdestrukturen ausgebaut werden. Mehr als 600 Personen haben die Petition bis Dienstagnachmittag unterzeichnet. 

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