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Verkleidete Menschen tanzen beim Straßenumzug in Friedrichshain.

© Annette Riedl/dpa

Update

750.000 Besucher: Karneval der Kulturen tanzt im Osten Berlins – Bezirk zufrieden mit neuer Route

Auch an ungewohntem Ort feiern Hunderttausende Menschen beim Karneval der Kulturen fantasievolle Kostüme und kulturelle Vielfalt. Der Bezirk kann sich eine Neuauflage in Friedrichshain vorstellen.

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Bunt, ausgelassen und vielfältig wie immer – aber mit neuer Strecke: Der Karneval der Kulturen ist mit seinem traditionellen Umzug zum ersten Mal in seiner fast 30-jährigen Geschichte nach Friedrichshain gezogen. Fröhlich feierten laut Veranstalter rund 750.0000 Menschen an den einstigen Prachtstraßen der DDR das multikulturelle Spektakel.

68 Gruppen mit rund 4000 Akteurinnen und Akteuren waren nach Angaben der Veranstalter tanzend, trommelnd oder singend auf der Frankfurter Allee und der Karl-Marx-Allee unterwegs. Aufwendige Kostüme, bunte Farben und internationale Musik prägten das Straßenbild.

Dicht gedrängt und tanzend an der Strecke 

Um sich einen guten Platz an der Umzugsstrecke zu sichern, waren etliche Gäste schon am Vormittag gekommen – mit ausreichend Proviant und Regencape im Gepäck. Nach einem Regenguss vor dem Start des Umzugs blieb es jedoch trocken. Teils gab es aber kräftige Windböen. 

Oft dicht gedrängt verfolgten die Besucherinnen und Besucher den Umzug. Die Stimmung war ausgelassen, viele Menschen tanzten. Aus Lautsprechern war von der Strecke zu hören „Lasst uns gegen Rassismus tanzen“. Die Co-Leiterin des Karnevals der Kulturen, Anna-Maria Seifert, schwärmte: „Ich habe das Gefühl, dass sich das Publikum wunderbar mischt: Kreuzberg, Osten, Brandenburg.“ Es gebe viele positive Rückmeldungen über die neue Strecke.

Grund dafür, dass der Umzug diesmal im Osten Berlins war, ist eine Großbaustelle an der ursprünglichen Strecke. Offen ist laut Veranstalter, ob das Spektakel im nächsten Jahr an den gewohnten Ort zurückkehrt – oder wieder durch Friedrichshain zieht. Angesichts der angespannten Haushaltslage Berlins gelte es, die Finanzierung für die nächsten zwei Jahre sicherzustellen, betonte Co-Leiterin Seifert. Der Berliner Senat hat wie schon im Vorjahr 1,4 Millionen Euro für das Projekt zur Verfügung gestellt. 

Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann kann sich eine Rückkehr des Karnevals an die Karl-Marx-Allee auch im kommenden Jahr „gut vorstellen“, sagte die Grünen-Politikerin dem RBB. Auch der Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes, Felix Weisbrich, sieht das so. „Wenn die Veranstalter im kommenden Jahr wieder anfragen würden, würden wir ja sagen“, sagte er dem Tagesspiegel. In der Gneisenaustraße – wo der Umzug bislang immer stattfand – werde noch mindestens vier Jahre lang gebaut. Im Bezirk gebe es keine bessere Route für den Umzug. Die Karl-Marx-Allee sei aufgrund der Breite der Straße „richtig gut“ für solche Großveranstaltungen. Die Menschen hätten sich gut verteilt.

Ungewohnter Ausblick: Auf der Karl-Marx-Allee, dem Prachtboulevard der DDR und mit 90 Metern Breite eine der mächtigsten Straßen Europas, fand der Karneval der Kulturen in diesem Jahr zum ersten Mal statt. An der Gneisenaustraße in Kreuzberg – der traditionellen Paradestrecke – ist eine Großbaustelle, die noch andauert.

© IMAGO/Christian Spicker

Zufrieden ist Weisbrich auch mit den Schutzmaßnahmen. Der Rosengarten und bestimmte Baumgruppen seien umzäunt worden. Zudem seien etwa 7000 Quadratmeter des besonders schützenswerten Mittelstreifens mit flexiblen Zäunen geschützt worden. Umzäunt wurden jedoch nicht alle Bereiche, da es Auflagen der Polizei gab, bestimmte Bereiche freizuhalten. Hier waren Freiwillige im Einsatz, die mit Schildern die Besucherinnen und Besucher darauf hinwiesen, die Flächen möglichst nicht zu betreten, um den wichtigen Lebensraum für Pflanzen- und Insektenarten nicht zu schädigen.

Daran hielten sich jedoch nur wenige, einige Freiwillige waren frustriert: „Am Anfang haben zumindest noch ein paar Menschen das Verbot respektiert, aber jetzt kommen sie alle einfach auf die Wiese“, beschrieb eine der Freiwilligen gegen Ende des Umzugs.

Der Leiter des Grünflächenamtes ist trotzdem zufrieden, der Schutz habe „sehr gut“ funktioniert, der Aufwand, Sicherheitsmitarbeiter und Freiwillige einzusetzen, habe sich gelohnt, sagte Weisbrich. Auch die Rasenflächen im Bereich der neuen Strecke seien nicht stark beschädigt. „Der Rasen ist mitgenommen, aber der es gibt keine größeren Schäden, er wird sich hoffentlich schnell wieder erholen“, sagte Weisbrich. „Angesichts der vielen Menschen ist das ein gutes Ergebnis.“ Auch die Mengen an Müll sei bewältigbar gewesen, so Weisbrich.

45 Festnahmen

Polizei und Veranstalter sprachen von einer friedlichen und ausgelassenen Stimmung. Gleichwohl habe es rund 45 vorübergehende Festnahmen gegeben, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Nach vorherigen Angaben kam es zu verschiedenen Straftaten wie Beleidigungen, Körperverletzungen und Sexualdelikten.

Der Bereich war großräumig abgesperrt. Verschiedene Sperrelemente an Zufahrtsstraßen und Seitenstraßen sollten Besucher vor möglichen Amokfahrten oder Terroranschlägen schützen. 

Mit dabei war auch eine chinesische Delegation der „Chenyin Hanfu Society Berlin“. Neben traditionellen chinesischen Trachten sorgten insbesondere verkleidete Pandabären und ein riesiger Drache für Aufsehen.

© IMAGO/Christian Spicker

Vor Start des Umzugs hat die Polizei rund 125 falsch geparkte Fahrzeuge abgeschleppt. Seit dem frühen Morgen wurde die Strecke kontrolliert und Autos umgesetzt, wie die Polizeisprecherin sagte. Wegen Parkverstoßes müssen die Halter mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren rechnen, zudem gebe es eine Rechnung für die Abschleppkosten. 

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Die Polizei begleitete den Karneval am Sonntag nach eigenen Angaben mit rund 1500 Beamtinnen und Beamten. Polizisten aus Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen kamen zur Unterstützung. 

Straßenfest geht in Kreuzberg weiter 

Im vergangenen Jahr feierten rund 1,1 Millionen Menschen das viertägige Fest, allein 650.000 von ihnen verfolgten den Umzug. Dass dieser in diesem Jahr trotz neuer Route rund 100.000 Gäste mehr hatte, sei besonders erfreulich, erklärte eine Sprecherin des Karnevals der Kulturen. Die Polizei machte keine konkreten Angaben, sprach aber von Besucherzahlen im „sechsstelligen Bereich“. In Kreuzberg geht rund um den Blücherplatz das Straßenfest noch bis Pfingstmontag weiter.

Der Karneval der Kulturen hat seine Ursprünge im Jahr 1996. Als Folge von Rassismus und zahlreichen Übergriffen sollte er ein Zeichen für Diversität und friedliches Miteinander setzen. Ein Awareness-Team sollte an diesem Wochenende dafür sorgen, dass Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung auf dem Fest keinen Platz haben. (mit dpa)

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