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Angebliche Sammlerstücke: Bande soll mit Büchern 1,95 Millionen Euro ergaunert haben – Razzia in Berlin
Trickreiche Verkäufer bieten Senioren überteuerte Nachdrucke wertvoller Bücher an – sogenannte Faksimiles. Nun gingen Ermittler gegen mutmaßliche Betrüger vor.
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Am Donnerstag haben 200 Polizisten diverse Anschriften in der Hauptstadtregion durchsucht. Es ging um mutmaßliche Angehörige einer Betrügerbande. Vier Männer zwischen 26 bis 37 Jahren wurden festgenommen, über deren etwaige Untersuchungshaft wird noch entschieden. Im Zuge der Razzia in den Berliner Bezirken Neukölln, Treptow-Köpenick und Tempelhof-Schöneberg sowie in den märkischen Orten Falkensee und Teltow beschlagnahmten Fahnder neben Geld auch Mobiltelefone und Laptops.
Der Staatsanwaltschaft zufolge gaukelte das Netzwerk den Handel mit wertvollen Werken vor. Solche üblicherweise „Faksimile-Bücher“ genannten Werke sind dabei eben nicht historisch wertvoll, sondern billigere Nachdrucke. Hochbetagten Senioren wurden Bücher von Verkäufern am Telefon als exklusive Sammlerstücke angeboten. Hunderttausende Euro ließen sich einige Betrugsopfer für angebliche Sondereditionen abnehmen. Der Gesamtschaden beläuft sich Schätzungen zufolge auf 1,95 Millionen Euro.
Offenbar auch Clan-Männer involviert
In diesem Fall sollen die Täter die Bücher nur angekündigt, noch nicht einmal ausgeliefert haben. In den über Call-Center durchgeführten Verkaufsgesprächen gaben sich die Täter wohl als Vertreter seriöser Unternehmen aus, die den internationalen Handel mit Sammler-Editionen vermitteln. Die Opfer waren der Justiz zufolge frühere Kunden einer Verlagsgruppe, an deren Daten die Bande offenbar gelangen konnte. Das erleichterte den Tätern das Verkaufsgespräch.
Im Zentrum der Ermittlungen stehen zehn Verdächtige. Nach Tagesspiegel-Informationen gehören zwei Männer zu einer im Clan-Milieu bundesweit bekannten Großfamilie. Angehörige dieses Clans verfügen über enge Kontakte zu einer islamistischen Miliz im Nahen Osten. Mitglieder der Familie sind mit Eigentums-, Drogen- und Rohheitsdelikten aufgefallen.
Billig-Nachdrucke aufwendig verziert
Der am Donnerstag erfolgte Einsatz geht federführend auf die „Ermittlungsgruppe Libri“ des Berliner Landeskriminalamts zurück. Diese Art Betrug ist verbreitet. Viele Faksimiles sind zwar deutlich billiger produzierte Werke als von den Händlern behauptet, aber immer noch aufwendig gestaltet. Manche der Bücher sind in Leder eingebunden oder mit Goldfäden verziert. Die Betrüger geben sich mitunter als Buchhändler oder Sachverständige aus.
Laien können oft nicht einschätzen, wie viel die angebotenen Werke wert sind. So werden beispielsweise Bücher im realen Wert von 50 Euro für 1000 Euro verkauft. Dabei täuschen die Männer, seltener handelt es sich um Frauen, den Betroffenen vor, die Werke gewönnen bald an Wert.
Polizei und Verbraucherzentralen warnen vor der Masche. Zwar könnten Betroffene in den meisten Fällen innerhalb von 14 Tagen ihr Widerrufsrecht nutzen, doch gelingt das vielen Senioren offenbar nicht. Die Call-Center, aus denen solche Betrugsgespräche geführt werden, befinden sich oft in der Türkei.
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