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Einsatzkräfte der Polizei stehen vor dem Mehrfamilienhaus in der Habersaathstraße.

© dpa/Sven Kaeuler

Update

Bezirk will betroffene Anwohner unterbringen lassen: Umkämpftes Haus in Berliner Habersaathstraße teilweise geräumt – Pyro-Würfe auf Polizisten

Am Montagmorgen rückt die Polizei in der Habersaathstraße in Mitte an, zwölf Wohnungen sollen geräumt werden. Als Einsatzkräfte das Haus betreten, entzündet sich der Protest.

Stand:

Mehrere Wohnungen eines umkämpften Hauses in der Habersaathstraße wurden am Montagmorgen durch die Berliner Polizei durchsucht, eine Wohnung wurde dabei nach jetzigem Stand geräumt. Wegen des Einsatzes und des damit zusammenhängenden Protests war die Polizei in Berlin-Mitte mit rund 130 Kräften im Einsatz.

Ein Gerichtsvollzieher wollte nach Polizeiangaben mehrere gerichtliche Räumungsbeschlüsse vollstrecken. Die betroffenen zwölf Wohnungen liegen alle in der Habersaathstraße 48. Überwiegend sollen ehemalige Obdachlose dort leben, hieß es zuvor. Wie ein Sprecher der Berliner Polizei am Vormittag mitteilte, waren elf der zwölf Wohnungen jedoch unbewohnt.

Die verbliebene Wohnung wurde gegen 8.30 Uhr von einem Mann, einer Frau und ihrer gemeinsamen Katze verlassen. „Es ist immer schwierig, irgendwo mit einem Tier unterzukommen“, sagt der Mann. „Aber wir haben immer Ideen“. Seine Partnerin stellt sich als Silke Brey vor. Sie habe seit vier Jahren in dem Haus gelebt, erzählt sie. Vorher sei sie obdachlos gewesen. Vor einigen Monaten sei ihr Partner mit eingezogen.

Die beiden haben nach eigenen Angaben vorab nichts von der Räumung gewusst. Als die Polizei gegen kurz nach sechs Uhr geklopft habe, hätten sie noch geschlafen. „Wir hatten nur 15 Minuten Zeit, alles zu packen“, sagt Brey. Viele Dinge seien daher in der Wohnung zurückgeblieben. „Aber die Polizei macht auch nur ihren Job“, sagt sie und zuckt mit den Schultern. Sie hätte nur gern früher Bescheid gewusst, um ausziehen zu können. Beide sollen mit ihrem Haustier vorerst in das Rathaus Wedding fahren, wo ihnen eine Unterkunft angeboten werden soll.

Silke Brey lebte vier Jahre in dem Haus und ist jetzt erstmal mit Katze und Partner wohnungslos.

© Madlen Haarbach

„Wenn wir keine Unterkunft für die Katze bekommen, schlafe ich auf der Straße“, sagt Brey. „Ich lasse mein Haustier nicht alleine.“

Um kurz nach 7 Uhr hatten behelmte Polizeikräfte die Haustür der Habersaathstraße 48 geöffnet. Carsten Spallek, Stadtrat für Soziales und Bürgerdienste in Mitte, sagte am Montagmorgen vor Ort, dass betroffene Personen sich beim Bezirk melden könnten. „Die werden von uns untergebracht, wenn sie sonst obdachlos würden“, erklärte er.

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Betroffen von den Räumungen sollten laut Tagesspiegel-Informationen alle sein, die keinen gültigen Mietvertrag vorweisen können. „Aus Sicherheitsgründen gehen heute erstmal alle aus dem Haus raus“, sagte der Gerichtsvollzieher am Morgen zu anwesenden Anwälten. Laut eines Polizeisprechers liegt für zwölf Wohnungen ein Räumungstitel vor, die übrigen „würden nicht angefasst“.

Weil aus dem Haus mehrfach Pyrotechnik auf die Polizisten geworfen wurde, verschafften sich Einsatzkräfte wenig später auch Zugang zum Haus in der Habersaathstraße 46. „Wir gehen da rein, um Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz zu ahnden“, erklärte ein Polizeisprecher. Die Personalien zweier Personen wurden festgestellt, gegen sie wird nun ermittelt.

Bereits am Samstag zu Protest mobilisiert

Seit dem frühen Morgen machten 70 Menschen bei einer Protestaktion mit. Sie hatten sich neben dem Haus versammelt und sangen Lieder der Mietenbewegung. Die Initiative „Leerstand Hab-ich-saath“ erklärte, der Räumungsbeschluss sei angesichts immer weiter steigender Wohnungslosigkeit in Berlin und des anstehenden Winters nicht hinnehmbar.

Bereits am Samstag hatten die Bewohner:innen des Hauses und Unterstützer zum Protest gegen die Räumung mobilisiert. In einer Chatgruppe riefen sie dazu auf, die geplante Räumung von angeblich 30 Wohnungen in der Habersaathstraße 40-48 zu verhindern. „Wir lassen nicht zu, dass Menschen nach oftmals langer Obdachlosigkeit, die vor bald vier Jahren hier wieder ein Zuhause gefunden haben, wieder zurück auf die Straße gesetzt werden!“, hieß es in dem Aufruf.

In dem Haus mit insgesamt vier Aufgängen leben fünf Personen mit Mietverträgen und einige ehemalige Obdachlose. Außerdem sollen einige Personen aus der linken Szene in dem Haus leben. Auch innerhalb der Bewohnerschaft gab es immer wieder Konflikte, etwa auch über die politische Positionierung des Hauses. Der Aufgang mit der Nummer 46 gilt als isoliert und agiert unabhängig von den übrigen Aufgängen.

Zuletzt hatte Mittes Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Ephraim Gothe (SPD), dem Eigentümer des umkämpften Hauses eine Frist bis zum 22. Oktober gesetzt, bis zu der der Eigentümer dargelegt haben muss, wie künftig die Wärmeversorgung des Hauses sichergestellt werden soll. Zuvor hatte der Eigentümer den Fernwärmevertrag mit der Berliner Energie und Wärme (BEW) zu Ende Oktober beendet. Die Bewohner:innen wurden darüber vor wenigen Wochen über Aushänge der BEW informiert. 

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