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 Franziska Giffey beim Baustart auf dem S-Bahnhof Berlin-Köpenick.

© dpa/Wolfgang Kumm

Baustart für Berlins neuen Regionalhalt: „Wenn man an diesem Punkt ist, ist es fast schon fertig“

Für 420 Millionen Euro wird Köpenick zur Regio-Station ausgebaut. Der S-Bahnhof wird modernisiert. Zum Baustart macht Franziska Giffey Hoffnung beim 29-Euro-Ticket.

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Der Schuster Friedrich Wilhelm Voigt war mit dem Regionalzug aus Berlin gekommen und auf dieselbe Weise wieder abgereist, als er 1906 als selbsternannter „Hauptmann von Köpenick“ die Stadtkasse konfiszierte und so zu überregionalem Ruhm gelangte.

Ein möglicher Nachahmer hätte ab Mitte 2027 die Chance, es auf dem gleichen Weg zu versuchen: Dann soll der Regionalbahnhof Köpenick in Betrieb gehen. Am Mittwoch zelebrierten die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und Bahn-Infrastrukturvorstand Berthold Huber den offiziellen Baubeginn.

Huber selbst gab die Anekdote des weitgereisten Hauptmanns zum Besten, um den Bogen in die Zukunft zu schlagen. Die verspricht alle 20 bis 30 Minuten einen RE1, der die 22 Kilometer zwischen Ostkreuz und Erkner seit der Stilllegung des Regionalbahnhofs Karlshorst ohne Halt passiert – parallel zur S3, die im Zehnminutentakt fährt und zur Hauptverkehrszeit bis zum Bahnhof Köpenick immer rappelvoll ist. Giffey berichtet, dass sie 1997 bis 2002 im Rathaus Köpenick gearbeitet und schon damals mit dem Bezirksbürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) diskutiert habe: „Wie schaffen wir es, dass der hier nicht nur durchkachelt?“

Ein neuer Bahnsteig, ein Überholgleis, Schallschutzwände

30 Jahre später soll es also so weit sein. Dafür wird auf der Südseite des S-Bahnhofs am Elcknerplatz ein 220 Meter langer zusätzlicher Bahnsteig errichtet; außerdem ein Überholgleis, um Verspätungen auf der auch von Intercity- und Güterzügen viel befahrenen Strecke zu vermeiden. Insgesamt 4,2 Kilometer Schallschutzwände sollen den Krach für die Anwohner verringern.

Der 1842 in Betrieb gegangene S-Bahnhof Köpenick wird modernisiert.

© Stefan Jacobs/TSP

Zudem wird der S-Bahnhof modernisiert. Er erhält einen Zugang auch am östlichen Ende. Dort sowie an den Enden des Regionalbahnsteigs werden auch Aufzüge gebaut.

Die auf 420 Millionen Euro taxierten Kosten übernehmen größtenteils das Land Berlin und der Bund. Wie bei Großbaustellen üblich gilt auch hier, dass es schlechter wird, bevor es besser wird: Bis zum Wochenende ist die Unterführung der Bahnhofstraße gesperrt, wovon auch mehrere Tram- und Buslinien betroffen sind. Die zurzeit eingleisig geführte S-Bahn wird zwischen Karlshorst und Friedrichshagen in dieser Woche nachts durch Busse ersetzt.

Während der Osterferien vom 3. bis zum 14. April wird der Abschnitt dann durchgehend gesperrt; weitere Sperrungen für Straßen- und Zugverkehr sind absehbar. Und auch die künftige Straßenquerung ist so knapp geplant, dass das notorische Nadelöhr Bahnhofstraße nicht auf zwei Fahrstreifen plus separate Kombispur für Bus und Straßenbahn plus regelkonforme Rad- und Gehwege erweitert werden kann.

Franziska Giffey lobte das Vorhaben als besonders wichtig, weil die Pendlerströme schon jetzt enorm seien und in der Umgebung Tausende neue Wohnungen gebaut werden. Für ihre Teilnahme am Baustarttermin „lassen wir extra die Koalitionsverhandlungen später anfangen“, sagte sie. Prominenz aus der eigentlich zuständigen Verkehrsverwaltung war nicht erschienen.

29-Euro-Ticket soll verlängert werden

Die Regierungschefin verband ihren Auftritt mit einem Bekenntnis zu attraktiver Mobilität für alle – konkret: für einen Euro am Tag. Man habe sich bereits auf die Fortführung des 29-Euro-Monatstickets fürs Berliner Stadtgebiet bis zum Jahresende als Ergänzung zum geplanten 49-Euro-Deutschlandticket verständigt, sagte sie. Nächsten Dienstag solle im Senat die Verlängerung des Neun-Euro-Sozialtickets vereinbart werden. Und für die Baustelle in Köpenick gelte angesichts des langen Planungsvorlaufs: „Wenn man an diesem Punkt ist, ist es fast schon fertig. Nur noch ein bisschen bauen.“

Beim Verkehrsverbund VBB war auf Nachfrage von einer Einigung beim 29-Euro-Ticket keine Rede. Zurzeit gelte weiter der im Dezember gefasste Beschluss des Aufsichtsrates, wonach die Berliner 29-Euro-Sonderregelung maximal bis Ende April verlängert wird. Bereits damals hatten mehrere Brandenburger VBB-Mitglieder den Berliner Alleingang kritisiert.

Bahn-Vorstand Berthold Huber gelobte am Mittwoch unterdessen, 2027 mit dem Regionalexpress in Köpenick anzureisen, wenn sein Herzensverein Borussia Mönchengladbach in der Alten Försterei gegen den 1. FC Union antritt.

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