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Exklusiv

Behörden prüfen extremistische Bestrebungen: Uniter-Regionalchef bildet Polizisten in Brandenburg aus

Ein Dozent der Brandenburger Polizei-Hochschule ist Ost-Chef bei dem Verein Uniter. Dem werden Verstrickungen in die rechtsextreme Szene vorgeworfen.

Ein Dozent der Hochschule der Polizei Brandenburg in Oranienburg ist einer von vier regionalen Distrikt-Leitern des umstrittenen Vereins Uniter, der im Verdacht steht, Teil eines rechtsextremistischen Netzwerks zu sein. Entsprechende Tagesspiegel-Informationen bestätigte der Präsident der Hochschule, Rainer Grieger, auf Anfrage. Der Dozent gehört demnach der Führungsriege von Uniter an.

Doch obwohl beim Generalbundesanwalt weiterhin ein Beobachtungsvorgang wegen Verdachts auf Rechtsterrorismus anhängig ist und die Bundesbehörden Hinweisen auf extremistische Bestrebungen nachgehen, hat die Leitung der Hochschule bislang keine Handhabe gegen den Dozenten.

Bereits im Sommer sei nach Hinweisen mit dem Dozenten ein Gespräch geführt, der Fall beamtenrechtlich und strafrechtlich geprüft worden, sagte Grieger. Dem Dozenten könnten aber bislang keine disziplinar- oder strafrechtlichen Vergehen nachgewiesen werden, sagte Grieger. Es handle sich um einen „seit Jahren“ bewährten Dozenten.

Auch sein Unterricht sei geprüft worden. Das Ergebnis sei positiv ausgefallen, der Mitarbeiter gelte als zuverlässig. In dieser Hinsicht gebe es keine Probleme. Die Hochschulleitung behalte den Fall aber im Blick, sagte Grieger.

Sollten neue Hinweise vorliegen, werde erneut geprüft. Der Dozent habe in den Gesprächen beteuert, keinen radikalen Ansichten anzuhängen. Derlei werde er in seiner Uniter-Gruppe auch nicht dulden, soll der Dozent erklärt haben. Er wolle verhindern, dass sein Distrikt in den Schmutz gezogen werde.

Der Dozent ging zum Schießtraining

Auf seinem Facebook-Profil finden sich zahlreiche Bezüge zu Sicherheitsbehörden, im Juni 2018 hat er einen Beitrag seines Vereins geteilt. Es ging um ein Reaktionsschießtraining in Heilbronn – veranstaltet von Uniter. Auf anderen Fotos nimmt er an Schießtrainings teil. Zudem unterstützt er Veteranenverbände und kümmert sich um Soldaten nach dem Ende ihrer Dienstzeit.

Der Verein Uniter war im Dezember 2018 auch mit einem Trauerkranz zum Gedenken an die Opfer des Attentates vom Breitscheidplatz in Berlin aufgefallen. Der Kranz trug das Symbol der Gruppierung: Kreuz und Schwert, eingelassen in einem Ehrenkranz. „In stillem Gedenken“ standt auf dem schwarzen Gebinde des Kranzes. 

Kreuz und Schwert im Ehrenkranz: Symbol des Vereins "Uniter", laut "taz" Teil eines rechten Untergrundnetzwerks.
Kreuz und Schwert im Ehrenkranz: Symbol des Vereins "Uniter", laut "taz" Teil eines rechten Untergrundnetzwerks.

© Enno Lenze

Gedächtniskirchen-Pfarrer Martin Germer hatte danach berichtet, dass sich vor dem Gedenktag ein Mann per E-Mail bei ihm gemeldet und eine Spende für die Hinterbliebenen sowie die Kranzniederlegung angekündigt habe. Der Mann habe sich als „District Leader Eastern Germany“ bezeichnet. Es war offenbar der Dozent aus Brandenburg, worauf auch dessen Fotos hindeuten.

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In Sachsen-Anhalt wird aktuell die Mitgliedschaft des CDU-Politikers Robert Möritz bei Uniter kontrovers diskutiert. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) kündigte am Dienstag ein stärkeres Vorgehen gegen Rechtsextremismus an – auch in den Reihen des öffentlichen Dienstes.

Der Dozent unterstand André S. - dem Kopf des Hannibal-Netzwerks

Nachdem Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) seine Pläne für intensivere Maßnahmen vorgestellt hat, sagte Stübgen, dass er 2020 ein eigenes Programm zur stärkeren Abwehr rechtsextremistischer Bedrohungen vorlegen werde.

„Ein Punkt soll dabei eine bessere Früherkennung rechtsextremer Bestrebungen sein. Das gilt auch im öffentlichen Dienst, gerade dort darf es keinen Platz für extremistisches Gedankengut geben“, sagte Stübgen.

Gab es eine Schattenarmee?

Uniter besteht vor allem aus früheren und aktiven Polizisten und Soldaten und betont, kein rechtsextremistischer Verein zu sein. Mitgegründet wurde das Netzwerk von dem ehemaligen Soldaten André S. Er soll unter dem Decknamen „Hannibal“ ein Netzwerk rechtsgesinnter Soldaten und Sicherheitskräfte aufgebaut haben, das sich auf den sogenannten Tag X und den Zusammenbruch des Systems vorbereitet.

Seit einiger Zeit prüft der Generalbundesanwalt die Aktivitäten des Vereins in einem Beobachtungsvorgang, eine Vorstufe zu einem Ermittlungsverfahren. Laut einer internen Organisationsstruktur von Uniter vom Herbst 2018 unterstand der Brandenburger Polizei-Dozent als Regionalchef direkt André S.

Maschinenpistol und Wehrmachtssoldat: Wanddekoration in der Kaserne von Franco A. in Illkirch.
Maschinenpistol und Wehrmachtssoldat: Wanddekoration in der Kaserne von Franco A. in Illkirch.

© picture alliance / Patrick Seeger

Der frühere KSK-Soldat ist im September aus dem Dienst entlassen worden. Der Verdacht besteht, dass S. eine Art Schattenarmee aufgebaut haben soll. Wegen Verstoßes gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz war ein Strafbefehl gegen den früheren Soldaten erlassen worden, er legte Widerspruch ein. S. soll auch Administrator von Chatgruppen gewesen sein.

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Die Chats waren wie der Verein Uniter aufgeteilt nach Himmelsrichtungen: Nord, Süd, Ost und West. In der Süd-Gruppe war auch Oberleutnant Franco A. Mitglied. Gegen ihn wird es zum Terrorprozess kommen, die Anklage lautet auf die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Franco A., das Nordkreuz und die Waffenlager

A. ließ sich als syrischer Flüchtling registrieren und wollte mutmaßlich Anschläge auf prominente Politiker begehen. Dabei soll er aus einer „völkisch-nationalistischen Gesinnung“ heraus gehandelt haben. Der Offizier soll für Attentate vier Schusswaffen, mehr als 1000 Schuss Munition und 50 Sprengkörper beschafft haben, teils aus Beständen der Bundeswehr.

Im Zuge der Ermittlungen gegen A. flog eine weitere Verbindung auf – die rechte Prepper-Gruppe „Nordkreuz“. Derzeit steht der frühere SEK-Beamte Marco G. vor dem Landgericht Schwerin. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, zur Nordkreuz-Gruppe gehört und Waffen und Munition gehortet zu haben.

Gegen zwei weitere mutmaßliche Nordkreuz-Mitglieder ermittelt der Generalbundesanwalt wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat. Sie sollen Feindeslisten angelegt und über die Tötung politischer Gegner gesprochen haben. Gefunden wurde auch Materiallisten, darauf verzeichnet waren Leichensäcke und Löschkalk. Beides wird auch für Massengräber genutzt.

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