
© dpa/Soeren Stache
„Bei einer Currywurst-Bude sind die Anforderungen höher“: Berlins Senat uneins im Kampf gegen Autovermieter der Clans und Banden
Wer Autos vermieten will, soll von den Behörden stärker durchleuchtet werden. Das finden Justiz- und Innensenatorin – doch die Wirtschaftsverwaltung hat Bedenken.
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Im Berliner Senat gibt es Zwist über ein härteres Vorgehen gegen Autovermieter im Bereich der organisierten Kriminalität. Während Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) eine Erlaubnispflicht für Autovermietungen einführen wollen, gibt es aus der Verwaltung von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) Widerstand.
„Bei der Eröffnung einer Currywurst-Bude habe ich höhere rechtliche Anforderungen zu erfüllen als bei einer Autovermietung“, sagte Badenberg am Mittwoch im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses. „Gewerberechtlich unterliegen Autovermietungen keiner Erlaubnispflicht. Für sie gilt völlige Gewerbefreiheit.“ Daher seien auch keine anlasslosen Gewerbekontrollen möglich.
Dabei gebe es bei einem relevanten Teil der Firmen Verbindungen zur organisierten Kriminalität. Gerade Angehörige krimineller Großfamilien betrieben gezielt Autovermietungen, um die Fahrzeuge für schwere Straftaten zu nutzen. Als Beispiele nannte Badenberg Geldautomatensprengungen, Raubüberfälle auf Geldtransporter, Blitzeinbrüche, Drogenkurierfahrten, Kokstaxis, Protzfahrten und illegale Autorennen.
Firmen inzwischen systemrelevant für das kriminelle Milieu
Teils gehe es auch um Geldwäsche und Versicherungsbetrug, sagte die Senatorin. Zuweilen würden solche Firmen mit Beute aus Straftaten gegründet. „Teilweise gelten diese Unternehmen inzwischen als systemrelevant für das Milieu“, sagte Badenberg. „Es handelt sich nicht um Einzelfälle, sondern um ein strukturelles Problem, das gezielt von der organisierten Kriminalität ausgenutzt wird.“
Im Senat herrscht laut Badenberg aber noch Uneinigkeit, ob Autovermietungen wie in Belgien oder in den Niederlanden hierzulande rechtlich an die kürzere Leine genommen werden sollten. Giffeys Wirtschaftsverwaltung habe Bedenken geäußert und es bislang abgelehnt, eine Erlaubnispflicht im Gewerberecht für Autovermietungen einzuführen und diese Firmen als überwachungsbedürftiges Gewerbe einzustufen.
Aus Sicht der Wirtschaftsverwaltung würden solche Vorgaben zu zusätzlichem Bürokratieaufwand führen, da nicht alle Autovermietungen solche Taten vollziehen. Badenberg dagegen sagte: „Der Rechtsstaat darf hier keine blinden Flecken lassen.“
Justizminister für stärkere Regulierung
Erst im November hatte die Justizministerkonferenz auf Badenbergs Vorschlag ein härteres Vorgehen im Bereich der Autovermieter beschlossen. Wer Autos vermieten will, soll demnach künftig durchleuchtet, der Markt für gewerbliche Autovermieter stärker reguliert werden.
Das Landeskriminalamt (LKA) stellte bei einer Sonderauswertung fest, dass 60 Firmen mit rund 2200 Autos Verbindungen zur Clankriminalität und organisierten Kriminalität haben. Häufig werden sie von Strohmännern geführt. Vor zwei Jahren waren es 40 verdächtige Vermieter. Doch bislang fehlt den Behörden das nötige Werkzeug, um kriminelle Geschäfte bei der Autovermietung bereits von Beginn an im Keim zu ersticken. Alles in allem gibt es 2000 Berliner Autovermietungen mit rund 60.000 Fahrzeugen.
Vermietung an Geldautomatensprenger über soziale Medien
Bislang reicht es, die Vermietung anzumelden. Es gibt keine Zuverlässigkeitsprüfung. Auch sind Vermieter nicht wie Banken oder Versicherer verpflichtet, Hinweise auf Geldwäsche zu melden oder ihre Geschäfte umfassend zu dokumentieren. Einige Vermieter verschleiern daher ihre Strukturen bis ins Ausland. Auch Leasingfirmen, die Verträge mit Vermietern machen, erleiden dadurch Verluste.
Wegen der laxen Regeln in Deutschland greifen inzwischen sogar niederländische Banden – von Automatensprengern bis zur bewaffneten Drogenmafia – auf deutsche Mietwagen zurück. Teils laufen die Geschäfte über die sozialen Medien. Badenberg verwies auf einen Fall in Nordrhein-Westfalen.
Vor dem Landgericht Düsseldorf hatten ein Vater und dessen Sohn im Sommer gestanden, Geldautomatensprengern einen 600 PS starken Mercedes AMG mehrfach gezielt über Snapchat und Instagram angeboten und vermietet zu haben. Im August wurden sie verurteilt. Die Bilanz der Mieter: 15 vollendete und fünf versuchte Sprengungen von Geldautomaten in Deutschland im Jahr 2021 – und 880.000 Euro Bargeld als Beute und Schäden von mehr als 1,7 Millionen Euro.
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