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Asylsuchende laufen in der Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhüttenstadt über einen Platz. 

© dpa

Update

Neue Route über Belarus: Berlin bereitet sich auf Aufnahme Hunderter Flüchtlinge vor

3000 Flüchtlinge könnten im Oktober über Belarus nach Brandenburg kommen. Berlins Sozialsenatorin erwartet aber keine Situation wie 2015.

Das Land Berlin bereitet sich auf die Aufnahme zahlreicher weiterer Flüchtlinge vor – und droht dabei an seine Grenzen zu kommen. Nachdem zuletzt bereits rund 400 Menschen pro Woche die Hauptstadt erreichten, die meisten davon über die Route von Belarus über Polen nach Deutschland, dürfte der Zustrom weiter zunehmen, schätzt Sascha Langenbach, Sprecher des für die Unterbringung der Geflüchteten zuständigen Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF).

„Die nächsten zwei bis drei Wochen werden echt interessant“, sagte Langenbach am Donnerstag. Die Meldungen über eine verstärkte Nutzung der osteuropäischen Fluchtroute betrachte das LAF mit „professioneller Sorge“, wie Langenbach ergänzte. Zwar arbeite die Behörde schon „am Anschlag“, jedoch werde sie ihrer gesetzlichen Pflicht nachkommen und zusätzliche Unterkünfte einrichten, versicherte Langenbach. „Wir weisen niemanden ab.“

Konkret ist geplant, bislang als Reserve vorgehaltene Standorte für die Unterbringung von Geflüchteten herzurichten. So sollen in Marzahn-Hellersdorf 400 Plätze und in Lichtenberg 280 Plätze geschaffen und in den kommenden vier Wochen eröffnet werden. In Treptow-Köpenick, Mitte, Spandau und Neukölln gebe es weitere Möglichkeiten, die Kapazitäten kurzfristig zu erhöhen.

Stadtweit sind die Plätze zur Unterbringung von Geflüchteten stark ausgelastet. Von 20.800 Plätzen sind derzeit 19.958 belegt. Verschärft wird die Situation durch die Aufnahme sogenannter Ortskräfte aus Afghanistan. Auch sie müssten untergebracht werden, erklärte Langenbach und merkte an, die Flüchtlingsthematik sei in den Wochen vor und nach der Wahl aus dem Blickfeld der Politik geraten.

Weitere Unterkünfte werden zur Verfügung gestellt

Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) erklärte, Berlin sei gut auf die steigenden Aufnahmezahlen vorbereitet. Zwar kämen mehr geflüchtete Menschen an, „doch von einer Situation, wie wir sie in den Jahren 2015/2016 erlebt hatten, sind wir weit entfernt“, sagte Breitenbach dem Tagesspiegel.

Die Stadt stelle weitere Unterkünfte zur Verfügung, um die geflüchteten Menschen dort unterzubringen, sagte die Senatorin weiter und erklärte, über die Schaffung zusätzlicher Unterkunftsplätze liefen gute Gespräche mit den Bezirken. Davon sollen dann auch die Ortskräfte aus Afghanistan profitieren. Bisher sind Breitenbach zufolge 344 in Berlin angekommen. Weitere werden in den nächsten Wochen folgen, sagte Breitenbach.

Die steigende Zahl von Flüchtlingen, die über die neue Route nach Brandenburg kommen, soll derweil schneller auf andere Länder verteilt werden. Der Bund wolle die Weiterleitung mit einem neuen Registrierungszentrum in Brandenburg beschleunigen, kündigte Landesinnenminister Michael Stübgen (CDU) am Donnerstag in Eisenhüttenstadt bei einem Besuch in der Erstaufnahmeeinrichtung an.

Von der zentralen Anlaufstelle aus solle in zwei Wochen die sofortige Weiterleitung von Flüchtlingen in alle Bundesländer organisiert werden. Nur die Menschen sollten in Brandenburg bleiben, für die das Land nach dem Verteilschlüssel verantwortlich sei.

„Wir haben einen enormen Zulauf“

Der Leiter der Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt rechnet im Oktober mit mehr als 3000 Flüchtlingen. „Wir haben einen enormen Zulauf“, sagte Olav Jansen am Donnerstag im rbb-Inforadio. In diesem Monat seien bereits 1600 Menschen angekommen. Unterbringung und medizinische Versorgung funktionierten bisher gut. Brandenburgs Kommunen würden viele freie Plätze melden, auch für Familien, sagte Jansen. „Das war nicht immer so.“

800 Flüchtlinge seien in andere Bundesländer weitergeleitet worden. Nicht alle wollten in Deutschland bleiben. Sie gäben Frankreich, die Niederlande oder Skandinavien als Ziele an. Er sehe nur eine außenpolitische Lösung mit Blick auf die Fluchtroute und augenscheinlich professionalisiertes Schleppertum an der Grenze zu Belarus.

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Seit August sind der Bundespolizei zufolge mehr als 4300 Menschen auf diesem Weg unerlaubt nach Deutschland eingereist. Sie stammten vorrangig aus dem Irak sowie aus Syrien, Jemen und dem Iran. Davon sind vor allem Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern betroffen.

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte als Reaktion auf EU-Sanktionen im Mai angekündigt, Migranten nicht mehr an der Weiterreise nach Polen und ins Baltikum zu hindern. Stübgen forderte ein sofortiges EU-weites Landeverbot „für alle Airlines, die sich an diesem Menschenhandel beteiligen“. (mit dpa)

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