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Angebote des Türkischen Konsulats sind in etlichen Bundesländern noch immer willkommen.

© imago/Seeliger

Muttersprachlicher Unterricht: Berlin fehlen die eigenen Türkischlehrer

Ankaras Konsulatsunterricht boomt. 2500 Grundschüler in Berlin machen vom Angebot des türkischen Staates Gebrauch. Für Alternativangebote hat der Senat kein Personal.

Langsam hebt sich der Nebel um den türkischen Konsulatsunterricht in Berlin: Die Bildungsverwaltung hat – auf Anfrage des SPD-Abgeordneten Joschka Langenbrinck – erstmals eine detaillierte Übersicht für ganz Berlin präsentiert. Daraus geht hervor, dass rund 2500 Grundschüler von dem Angebot des türkischen Staates Gebrauch machen und zwar je nach Schulstandort bis zu 120 Kinder.

Die meisten Teilnehmer gibt es mit 540 in Tempelhof-Schöneberg, gefolgt von knapp 500 in Neukölln und 320 in Reinickendorf. Kaum ins Gewicht fällt dagegen der Konsulatsunterricht anderer Staaten: Italien, Portugal, Serbien und Griechenland bringen es zusammen nur auf rund 100 Schüler.

Angesichts der Tatsache, dass die deutsche Verwaltung kaum Einfluss auf das Personal und die Inhalte dieses Unterrichts an 150 Schulen hat, wollte Langenbrinck auch wissen, ob der Senat den Konsulatsunterricht nicht abschaffen und durch Alternativen unter „staatlicher Kontrolle“ ersetzen möchte. Die Antwort von Bildungs- Staatssekretär Mark Rackles (SPD) lautete, dass der Senat „weitere Möglichkeiten für Schüler schaffen will, die Herkunftssprache zu erlernen“. Was er nicht schrieb: Die vorhandenen Abkommen mit den früheren Entsendeländern der „Gastarbeiter“ lassen eine einseitige „Abschaffung“ des Angebots gar nicht zu. Stattdessen könnte der Senat nur versuchen, mit eigenen attraktiven Angeboten gegenzusteuern.

Senat will Mehrsprachigkeit fördern

Tatsächlich hat sich Rot-Rot-Grün vorgenommen, künftig einiges für die Mehrsprachigkeit der Schüler zu tun und dabei auch stärker die Sprachen zu würdigen, die die Schüler als Muttersprachen mitbringen. Völlig unklar ist allerdings, wie dies gelingen kann. Denn zurzeit bilden Berlins Hochschulen noch nicht einmal für Türkisch – die Sprache der größten Einwanderergruppe – Lehrer aus.

Wenn es bei uns viele Menschen gibt, die gern Türkisch lernen wollen, dann sollte es ein entsprechendes Angebot geben, aber ganz sicher nicht unter der Regie des türkischen Staates und völlig unkontrolliert von jeder deutschen Instanz.

schreibt NutzerIn Gophi

So steht es jedenfalls in der Antwort von Staatssekretär Rackles auf die jüngste Anfrage, die Hildegard Bentele (CDU) zum Türkischunterricht an Berlins Schulen gestellt hatte: „An Berliner Hochschulen ist ein Studium von Türkisch als Lehramtsfach nicht möglich“, las die Bildungspolitikerin da zu ihrer „Verwunderung“.

„Die Senatsverwaltung hat offenbar keinerlei Interesse daran, den Türkischunterricht auf qualifizierte Beine zu stellen“, lautet Benteles Schlussfolgerung aus dieser Antwort. Sie findet Rackles’ Ausführungen umso kritikwürdiger, als „seit 20 Jahren“ etliche Berliner Schulen Türkisch anbieten – als zweite Fremdsprache bis zum Abitur. Dennoch gebe sich Berlin damit zufrieden, Lehrer zu „importieren“ – was offenbar nicht immer klappt.

Zumindest vermutet Safter Cinar vom Türkischen Bund, dass der Mangel an genügend geeigneten Türkischlehrern dazu beigetragen habe, die zweisprachige Alphabetisierung zu beschädigen: „Wenn wochenlang kein Unterricht stattfindet, melden Eltern ihre Kinder eben ab. So kann man ein Angebot auch kaputt machen“, wirft Cinar dem Senat vor. Wie berichtet, bieten nur noch sechs von ursprünglich 15 Grundschulen dieses zweisprachige Modell an, während gleichzeitig die Nachfrage nach dem Konsulatsunterricht steigt.

"Modell des Konsulatsunterrichts stammt aus einer anderen Zeit"

Die SPD-Fraktion will sich damit nicht mehr abfinden. „Das Modell des Konsulatsunterrichts stammt aus einer anderen Zeit und entspricht nicht den Bedürfnissen der heutigen Schülerinnen und Schüler. Wir brauchen keine Vorbereitung für eine potentielle Rückkehr der Gastarbeiterfamilien, sondern ein Sprachangebot für mehrsprachige Deutsche und dauerhaft hier lebende Ausländer“, sagte die neue bildungspolitische SPD-Sprecherin Maja Lasic auf Anfrage. Lasic hat selbst als Kind in den 90er Jahren als Jugoslawien-Flüchtling am Konsulatsunterricht teilgenommen und kennt daher „die besondere Bedeutung des Unterrichts für Heranwachsende, aber auch die Gefahren, die sich aus der politischen Prägung der Lehrkräfte ergeben“.

Lasic fordert daher Lehrkräfte, „die genau für diese Zielgruppe ausgebildet sind und zwar hier bei uns und einen Unterricht, der der Schulaufsicht unterliegt“. Im Rahmen des Konsulatsunterrichts sei „ für nichts davon Platz“. Auch der grüne Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu hatte dies bereits kritisiert. Auf die Frage, warum Berlins Universitäten Türkisch nicht als Lehramtsfach anbieten, sagte der Sprecher der Bildungsverwaltung, Thorsten Metter, „nicht an jeder Universität oder an jedem Standort wird jedes Fach unterrichtet“. Diese Antwort solle aber „keineswegs lapidar klingen“, so Metter.

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