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„Unkürzbar“ steht während einer Demonstration gegen Haushaltskürzungen im Sozial- und Bildungsbereich vor dem Abgeordnetenhaus auf Schildern.

© picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

„Berlin ist unkürzbar“: Tausende zu Großdemonstration gegen Sparpolitik des Senats am Samstag erwartet

Ein Bündnis aus Gewerkschaften und Initiativen will am Samstag gegen die schwarz-rote Haushaltspolitik protestieren. Die Veranstalter rechnen mit mindestens 10.000 Teilnehmern.

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Ein breites Bündnis von Initiativen, Gewerkschaften, Verbänden sowie betroffenen Einrichtungen und Projekten ruft am Tag vor der Bundestagswahl zu einer Großdemonstration gegen die Kürzungspolitik des Berliner Senats auf. Die Demo soll diesen Samstag von 14 bis 17 Uhr stattfinden und vom Roten Rathaus zum Brandenburger Tor ziehen. Die Gewerkschaft Verdi hat 10.000 Teilnehmer bei der Polizei angemeldet. Das Motto: „Berlin ist unkürzbar“.

Die Sparpläne der schwarz-roten Koalition „gefährden den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt“, heißt es in dem Aufruf, der unter anderem von mehreren Umwelt- und Naturschutzverbänden, dem Mieterverein, der Berliner Clubcommission und den Gewerkschaften Verdi, DGB, GEW sowie dem Landesjugendring und dem Landesmusikrat unterzeichnet wurde.

Der Senat habe „ohne Diskussion mit den Betroffenen massive Kürzungen durchgesetzt“. Nun müssten soziale Einrichtungen und Projekte schließen, Kulturschaffende würden ihre Räume und Förderungen verlieren, die Hochschulen würden ausgeblutet sowie die Verkehrswende und der Klimaschutz ausgebremst. „Viele Einrichtungen und Projekte kämpfen jetzt um ihr Überleben oder müssen ihre Leistungen einschränken“, teilte das Bündnis mit.

Die Gewerkschaft Verdi sprach von einem „intransparenten Hauruckverfahren“, mit dem die Kürzungen „durchgedrückt“ worden seien. Und nicht nur die Kürzungen selbst, sondern auch „gravierende handwerkliche Fehler bei der Umsetzung“ würden die betroffenen Einrichtungen und Projekte stark belasten. So müssten die Kürzungslisten auch nach dem Beschluss beständig verändert werden, weil zahlreiche geplante Kürzungsvorhaben gar nicht umgesetzt werden können, kritisiert etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Es schade Berlin enorm, wenn im Bereich Verkehr, Klima und Umweltschutz insgesamt fast ein Fünftel der geplanten Ausgaben gestrichen werden soll. „Die jetzige Regierung hat keinen Plan, um Berlin mobil und klimagerecht zu entwickeln. Dringend nötige Investitionen in den ÖPNV wie Straßenbahnbau wird verzögert oder eingestellt“, so der BUND: Dass bei Bau und Sanierung von Rad- und Fußwegen massiv gespart werde, gefährde die schwächsten Verkehrsteilnehmer.

Kritik der Hochschulen

Auch die Hochschulen, die massiv sparen müssen, wollen sich beteiligen. So kritisiert der Personalrat der studentischen Beschäftigten der Humboldt-Universität die Folgen der Kürzungen wie „vollere Seminare, weniger Betreuung für Studierende, Einstellung ganzer Studiengänge und Verlust von Diversität in Forschung und Lehre“. Es drohe „Einstellungsstopp, Arbeitsüberlastungen, ein Angriff auf Tarifsteigerungen für Beschäftigte und keine Entfristungen im Mittelbau sowie die Rückstellung von wichtigen Bauinvestitionen“.

Durch die Kürzungen sei „die Existenz der Universität fundamental gefährdet“, teilte die Universität der Künste (UdK) mit. Ab 2026 sei die Hochschule nicht mehr in der Lage, grundlegende Betriebskosten zu begleichen. „Diese drastischen Einsparungen zwingen die Universität, Sanierungen auszusetzen und die Qualität der Lehre deutlich zu reduzieren.“

Der Protest richtet sich auch gegen die weiteren Kürzungen, die die Koalition bereits für den nächsten Haushalt angekündigt hat. 2026 und 2027 müssen jeweils etwa 800 Millionen Euro eingespart werden. „Dagegen müssen wir schon jetzt aktiv werden“, teilte das Bündnis verschiedener Organisationen mit.

Laut Verdi sind die Kürzungen nicht alternativlos. Die Gewerkschaft kritisiert, dass CDU und SPD „sich bisher jeder Diskussion über eine Verbesserung der Einnahmeseite für den Berliner Haushalt“ verweigere. Auch die Bundespolitik sieht sie in der Pflicht.

Es droht die Schließung von Kulturorten, die Abschaffung von Fördermitteln. Da die Kürzungen wieder sehr kurzfristig greifen sollen, sind besonders vertraglich nicht verpflichtend gebundene Mittel bedroht“, warnt etwa der Landesmusikrat mit Blick auf die weiteren Einsparungen. Er fordert „ein sofortiges Moratorium bei den Kürzungen, eine Bestandsgarantie für die Freie Szene, einen handwerklich soliden Plan für Konsolidierungsgespräche mit den Institutionen und einen transparenten Kulturdialog für die gesamte Vielfalt der Berliner Kultur“.

Wir haben aktuell große Angst, dass Kinder und Jugendliche bei den Sparmaßnahmen zum nächsten Doppelhaushalt wieder den Kopf hinhalten müssen.

Lena Kiefer, Vorsitzende des Landesjugendrings

Der Landesjugendring fordert, es dürfe keine Kürzungen auf dem Rücken von Kindern und Jugendlichen geben. „Wir haben aktuell große Angst, dass Kinder und Jugendliche bei den Sparmaßnahmen zum nächsten Doppelhaushalt wieder den Kopf hinhalten müssen“, teilte Lena Kiefer, Vorsitzende des Landesjugendrings, mit.

Bereits in diesem Jahr habe es massive Kürzungen in diesem Bereich gegeben, so könnten Jugendclubs nicht mehr saniert werden, Jugendverbände weniger Ferienfreizeiten anbieten. Auch der geplante Ausbau von Demokratieprojekten für junge Menschen sei wieder gestrichen worden. „Wird hier im nächsten Doppelhaushaushalt weiter zusammengestrichen, blutet die Jugendarbeit in der Stadt komplett aus“, warnte Kiefer.

Die Ankündigung weiterer Milliarden-Einsparungen im Haushalt gefährdet die soziale Infrastruktur in unserer Stadt.

Andrea Asch, Vorständin der Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz

An der Demonstration beteiligen will sich auch die Diakonie Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Deren Vorständin Andrea Asch teilte mit: „Die Ankündigung weiterer Milliarden-Einsparungen im Haushalt gefährdet die soziale Infrastruktur in unserer Stadt.“ Sie befürchtet, dass eine Vielzahl von Angeboten sozialer Träger eingeschränkt werden müsse und „ganze Einrichtungen wahrscheinlich sogar schließen“ müssen. Die Diakonie sei in großer Sorge, dass mit den Kürzungen „der soziale Frieden in unserer Stadt nachhaltig und auf Dauer Schaden“ nehme.

Das Demonstrationsbündnis fordert eine „solidarische Finanzierung unserer Kultur- und Sozialeinrichtungen, von Bildung und Wissenschaft, sowie der Verkehrswende und Klimaschutz“. Geld müsse umverteilt werden, es brauche eine andere Steuerpolitik.

Bereits im November, als die Sparpläne gekannt wurden, hatte es in Berlin massive Proteste gegen CDU und SPD gegeben.

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