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In Berlin erreichen deutlich weniger Schülerinnen und Schüler die Mindeststandards in Deutsch und Englisch als im Bundessschnitt.

© dpa

Update

IQB-Ländervergleich und Studie "Vera 8": Berlin liegt bei neuem Schulvergleich hinten

Berlin ist mit Bremen Schlusslicht beim neuen Ländervergleich: Insbesondere in Deutsch schneidet die Hauptstadt schlecht ab. Ein Verlierer ist auch Baden-Württemberg.

Berlin bleibt im Ländervergleich Schlusslicht in der deutschen Bildungslandschaft. Das zeigen zwei neue Studien. So schneiden Neuntklässler in Berlin und Bremen im Fach Deutsch am schlechtesten ab, vorne liegen Bayern, Sachsen und Schleswig-Holstein. Das bestätigte jetzt die offizielle Vorstellung des IQB-Ländervergleichs am Freitagmorgen. Demnach verfehlen in Berlin beim Lesen fast ein Drittel der getesteten Schülerinnen und Schüler die vorgegebenen Mindeststandards. In Sachsen sind es nur 14 Prozent. Bekannt wurden jetzt auch die bislang unter Verschluss gehaltenen Berliner Ergebnisse der Vergleichsarbeiten von 2016 für die 8. Klassen.

An den Tests zum IQB-Ländervergleich, die zeigen, inwieweit Neuntklässler die Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss erreichen, hatten im vergangenen Jahr bundesweit 37.000 Neuntklässler an 1700 Schulen teilgenommen. Schon bei der 2010 veröffentlichten Vorgängerstudie lag Berlin in Deutsch gemeinsam mit Bremen und Hamburg hinten, in Englisch schnitt Berlin etwas besser ab. Führend war damals in beiden Fächern Bayern, im Lesen waren die Schülerleistungen auch in Baden-Württemberg, Sachsen und dem Saarland überdurchschnittlich gut.

Große Lücken bei Acht- und Neuntklässlern

Berlin liegt auch jetzt im Fach Deutsch in allen getesteten Kompetenzbereichen auf den hinteren Rängen, schwächer schneidet nur Bremen ab. Durchgehend Spitze ist Bayern, überdurchschnittlich gut schneiden in fast allen Bereichen auch Sachsen und Aufsteiger Schleswig-Holstein ab. Brandenburg hat sich vor allem im Fach Deutsch verbessert, teilweise mit Ergebnissen über dem Bundesschnitt. Ein Absteiger ist Baden-Württemberg, dessen Punktwerte in mehreren der getesteten Bereiche deutlich zurückgegangen sind und das jetzt teilweise unter dem Bundesschnitt liegt. Beim Zuhören im Fach Deutsch sind die Schüler im Südwesten kaum noch besser als die Berliner.

Während die Leistungen in Deutsch insgesamt bundesweit "stabil" blieben, habe es in Englisch "enorme Fortschritte" gegeben, hieß es bei der Vorstellung der Studie. Insbesondere die ostdeutschen Länder haben sich verbessert. Auffällig ist, dass die Schüler im Osten vor allem beim Lesen englische Texte deutlich besser erfassen als zuvor, während es beim Hörverstehen der Fremdsprache immer noch hapert. Es zeige sich aber, dass sich Maßnahmen zur Verbesserung der Unterrichtsqualität auszahlen, folgern die Forscher.

In Englisch fällt Berlin zurück

Berlin schneidet in Englisch zwar auch dieses Mal besser ab als in Deutsch, fällt aber im Vergleich zum ersten IQB-Schulvergleich zurück. Beim Leseverstehen ist Berlin in Englisch auch eines der wenigen Länder, dass den Anteil der Schüler nicht reduzieren konnte, die die Mindeststandards verfehlen.

Eine der großen Schwächen der deutschen Schulen ist, dass der Lernerfolg stark an die soziale Herkunft gekoppelt ist. Zumindest beim Leseverständnis im Fach Deutsch konnten diese Unterschiede jetzt signifikant verringert werden, heißt es. Im Fach Englisch haben sich die Leistungen der Schüler mit und ohne Zuwanderungshintergrund weiter angenähert, die Unterschiede sind hier deutlich geringer als in Deutsch. Die Bildungsforscher fordern, das im Englischen erkennbare sprachliche Lernpotenzial von Schülern mit Zuwanderungshintergrund müsse auch in Deutsch noch besser ausgeschöpft werden.

Die Leistungen aus dem IQB-Schulvergleich.
Die Leistungen aus dem IQB-Schulvergleich.

© Anna Schmidt/Tsp

Berlins Abschneiden hatte sich angedeutet

Berlins schlechtes Abschneiden hatte sich schon abgezeichnet, da die untersuchten Neuntklässler bereits im Jahr zuvor bei den Berliner Vergleichsarbeiten für die Achtklässler („Vera 8“) große Lücken gezeigt hatten. So erreichten fast 40 Prozent von ihnen noch nicht einmal den Mindeststandard, den die Kultusministerkonferenz für das Lesen im Englischen aufgestellt hat. Bei den Schülern mit Migrationshintergrund lag diese Quote sogar bei fast 50 Prozent.

Bildung ist eine Sache des Geldes. Wer Schulen verkommen lässt, nicht ausreichend Lehrer einstellt und vor allem keine neuen Schulen gründet, wird das ernten was er sät. [...] Der rot-rot-grüne Traum von der Gesamtschule für alle ist längst zu einem pädagogischen Albtraum geworden.

schreibt NutzerIn filip

Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Bei den aktuellen Vera-8-Ergebnissen für das Jahr 2016, die am Donnerstag veröffentlicht wurden, fielen die Englischergebnisse nur unwesentlich besser aus. In der Mathematik gibt es sogar eine massive Verschlechterung: Die Risikogruppe stieg von 56 Prozent im Vorjahr auf 68 Prozent. Im Bereich Deutsch unterschritten 2016 über 35 Prozent der Neuntklässler die Mindestanforderungen; im Jahr zuvor lag diese Quote noch bei 25 Prozent. Diese Schüler haben kaum eine Chance, bis Klasse 10 die Defizite aufzuholen.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) appellierte am Donnerstag an die Lehrer, aus den Vera-Ergebnisse mehr Konsequenzen für eine gezieltere Förderung der Schüler zu ziehen.

Lesen Sie hier ein Interview mit einer Fachdidaktikerin, wie guter Englisch-Unterricht gelingt. Beispielaufgaben aus dem Test finden Sie auf der Homepage des IQB.

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