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MV mit Gleisanschluss.

© Video: NEB

Berlin-Reinickendorf: Heidekrautbahn soll in fünf Jahren wieder fahren

Nach jahrzehntelanger Debatte bekommt das Märkische Viertel im Berliner Norden einen Bahn-Anschluss. Der Ausbau der Heidekrautbahn ist beschlossen.

Seit 30 Jahren träumen Eisenbahnfans von der Strecke, seit 20 Jahren diskutiert die Öffentlichkeit – und nun soll es auf einmal ganz schnell gehen. Ab Ende 2023 sollen wieder Züge auf der Stammstrecke der Heidekrautbahn rollen, von Wilhelmsruh nach Nordosten. Am Donnerstag unterzeichneten die Länder Berlin und Brandenburg, der Verkehrsverbund VBB und das Eisenbahnunternehmen NEB einen entsprechenden Vertrag. Gut 20 Millionen Euro sind veranschlagt für die rund 14 Kilometer lange Strecke von Schönwalde bis Berlin-Wilhelmsruh – verglichen mit anderen Projekten wie der halben Milliarde für die A100 eine Kleinigkeit. Ab 2028/2030 sollen die Züge bis zum ICE-Bahnhof Gesundbrunnen rollen.

Fünf Jahre für die Reaktivierung einer Eisenbahnstrecke sind ein ehrgeiziges Ziel. Angeblich soll es keine Hindernisse mehr geben, sagte NEB-Chef Detlef Bröcker. „Alle wollen die Strecke“, sagten auch Verkehrssenatorin Regine Günther und Brandenburgs Infrastrukturministerin Kathrin Schneider bei der Unterzeichnung des Vertrags. Diese Strecke im Nordosten ist das bislang am weitesten vorangekommene Projekt der 2018 geschlossenen Vereinbarung zum „Ausbau der Metropolregion“, das unter dem Namen „i2030“ firmiert. Es sollen auch die Schienenachsen nach Nauen, Velten und Potsdam ausgebaut werden.

Strecke gehört einem privaten Unternehmen

Die Heidekrautbahn kann deshalb so schnell wieder befahren werden, weil die Strecke nicht der Deutschen Bahn, sondern dem privaten Unternehmen Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) gehört – sonst wäre sie vermutlich in den vergangenen Jahrzehnten stillgelegt und entwidmet worden. Pro Woche rollen noch ein bis zwei Güterzüge zur Firma Stadler, ab und zu auch Sonderfahrten mit der Dampflok bis Wilhelmsruher Damm. Eine Reaktivierung für Personenverkehr ist rechtlich viel einfacher als ein Streckenneubau. Nach Angaben des VBB sollen zwei neue Haltepunkte auf Berliner Gebiet entstehen, und zwar „Wilhelmsruher Damm“ (fürs Märkische Viertel) und „Pankow Park“ (für das Gewerbegebiet).

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Nicht nur viele Brandenburger, sondern auch einige zehntausend Bewohner des Märkischen Viertels hätten dann endlich einen Schienenanschluss. Noch offen ist, ob es einen Stunden- oder sogar einen Halbstundentakt auf der Stammstrecke geben wird. Die bisherige Anbindung der Heidekrautbahn über Schönerlinde und Karow soll beibehalten werden. Die Strecke soll mit modernen Triebwagen mit Tempo 80 befahren werden, eine Elektrifizierung ist nicht geplant. Derzeit fahren die Güterzüge mit Tempo 30, vor jedem Bahnübergang wird auf Schrittgeschwindigkeit gebremst.

Diese Übergänge müssen technisch gesichert und die Haltepunkte barrierefrei ausgebaut werden. Bröcker rechnet mit 2500 Fahrgästen zusätzlich pro Tag, derzeit steigen 4000 in seine Züge. Richtig interessant wird es aber erst, wenn die Züge bis Gesundbrunnen fahren. Dass es dafür mindestens fünf weitere Jahre benötigt, hat einen Grund: Noch ist unklar, wie und für welches Tempo die Nordbahn ausgebaut wird.

Die Stammstrecke der Heidekrautbahn verlor mit dem Mauerbau 1961 ihre Funktion, der Endbahnhof Wilhelmsruh lag direkt auf der Grenze. Ende der 60er wurde in Sichtweite dieser Mauer das Märkische Viertel gebaut, schon den ersten Bewohnern war ein Schnellbahnanschluss versprochen worden. Die Gropiusstadt bekam die U7, die U8 erreichte nie das „MV“. 1994 war mit dem S-Bahnhof Wittenau zwar der Rand des Plattenbau-Viertels erreicht, das war es dann aber auch. 2017 hat der Senat zugesagt, doch noch einmal die Finanzierung zu prüfen – prinzipiell gilt jedoch beim rot-rot-grünen Senat, dass billigere Verkehrsmittel wie die Straßenbahn Vorrang haben.

Und wenn die Bahn ab 2023 die Bewohner des MV noch nicht direkt in die Stadt fährt – in einer halben Stunde sind sie am Wandlitzsee.

Unter diesem Link finden Sie ein Video der NEB, in dem die neue Strecke gezeigt wird.

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