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Exil-Griechinnen Maria Brand (li.) und Vicky Emmanouilidou.

© Johanna Lehn

Verein für Griechen in Berlin: "Berlin x Calling" feiert Gründung in Kreuzberg

Mehr als 14.000 Griechen leben in Berlin. Ein neuer Verein will ihnen beim Ankommen helfen.

Es ist acht Jahre her, da erkennt Maria Brand, dass ihr Griechenland keine Zukunft bietet. „Es gab in Griechenland keine Festanstellungen mehr“, sagt die Griechin, die heute Anfang 30 ist. Damals zog sie von Thessaloniki nach Berlin. Vicky Emmanouilidou verlässt ihre Heimat 2016 aus dem gleichen Grund.

Viele Freunde und Bekannten der beiden Frauen haben es ihnen in den vergangenen Jahren gleichgetan, erzählen sie. In der ersten Zeit hörte Brand im Alltag nur wenig Griechisch. Heute schnappt sie immer wieder Sprachfetzen auf. „Und das nicht nur von Bekannten“, sagt sie. Ende 2017 leben rund 14.000 Griechen in Berlin – Platz acht der Einwohner aus dem europäischen Ausland. „Für junge Griechen ist Berlin die erste Wahl“, sagt Vicky Emmanouilidou.

Maria Brand liebt Berlin wegen der vielen Kulturen, die sich hier mischen. Und weil hier viel los ist: Nachdem sie Vicky Emmanouilidou kennenlernte, gingen sie oft gemeinsam ins Theater, ins Kino oder in Ausstellungen und wollten ihre Eindrücke bald mit anderen teilen. So starteten sie „Berlin x Calling“, eine griechischsprachige Website zum Berliner Kulturangebot der Stadt. Nun soll auch ein Verein gegründet werden, eine Plattform für Griechen und Deutsche in Berlin, zum Ankommen und Kennenlernen.

"Deutsch lernen ist anstrengend"

Mit der Sprache hatten Brand und Emmanouilidou keine Probleme, als sie in Berlin ankamen: Beide sind in Deutschland geboren und im Kindesalter mit der Familie nach Griechenland gezogen. Aber als junge Frau in Berlin merkte Brand: „Ich hatte Probleme, dieses System zu verstehen.“ Wie eröffne ich ein Bankkonto, wie melde ich einen Wohnsitz an, was muss ich tun, wenn ich krank bin? All das sind Fragen, die in Griechenland anders beantwortet werden als in Deutschland. Ihre Freunde standen vor den gleichen Problemen. Deshalb erweiterten die Griechinnen ihre Webseite: Neben Kino- oder Theatertipps gibt es nun auch wichtige Tipps für griechischsprachige Einwanderer.

Mittlerweile steckt ein siebenköpfiges Team hinter „Berlin x Calling“, ständig haben sie neue Ideen: So gibt es nun eine Rubrik über deutsche Wörter, die im Alltag nützlich sind, aber im Deutschunterricht nicht gelehrt werden. „Und hinter denen ein wenig Kultur und Denkweise stecken“, sagt Emmanouilidou, die in Berlin Deutschkurse gibt. Was ein solches Wort sein könnte? „Arschkarte“ etwa.

„Sprachen lernen ist anstrengend, Deutsch lernen ist anstrengend. Wir wollen den Leuten die Angst davor nehmen, das geht mit ‚Arschkarte‘ gut“, sagt Brand. Aber auch „schnorren“ oder „einen Kater haben“ sind Ausdrücke, „die auf Griechisch übersetzt keinen Sinn ergeben“, sagt Emmanouilidou.

Am Donnerstag feiert „Berlin x Calling“ die Vereinsgründung in Kreuzberg, Musik machen die griechischen Künstler Calmdown und Grey Paris Solo. Vielleicht gibt es in Zukunft weitere Events, sagt Maria Brand. Ein Traum sei es auch, andere sprachliche Minderheiten in die Homepage miteinzubeziehen.

Als Verein wollen sie nun auch Texte auf Deutsch online veröffentlichen, in denen die griechische Kultur erklärt wird. „Viele Deutsche haben ihr Bild von den Griechen aus den 60er Jahren. Das ist ein überholtes Bild“, sagt Brand. Mit dem Land aus dem Romanklassiker „Alexis Sorbas“ habe Griechenland heute nicht mehr viel zu tun.

Party ab 19 Uhr im Banja, Falckensteinstraße 1-2, Eintritt frei. Infos unter www.berlinxcalling.com.

Johanna Lehn

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