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© lexonbit - stock.adobe.com/Bearbeitung Tagesspiegel

Berliner Beamte sollen zusammenrücken: Aber zuerst muss die Verwaltung modernisiert werden

Die Pläne des Senats, Büroflächen für die Landesbeschäftigten zu reduzieren, sind im Kern richtig. Zuvor müssen aber wichtige Voraussetzungen geschaffen werden.

Robert Kiesel
Ein Kommentar von Robert Kiesel

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Es gab sicher schon erbaulichere Schlagzeilen für die aktuell noch rund 126.000 Beschäftigten des Landes Berlin: Nachdem der Tagesspiegel am Mittwoch gemeldet hatte, dass der finanziell klamme Senat bis 2029 rund 700 Millionen Euro an Personalausgaben sparen will, kam die nächste Hiobsbotschaft prompt hinterher: Land und Bezirke sollen in den kommenden Jahren deutlich Büroflächen reduzieren, was nichts anderes bedeutet, als dass deren Beschäftigte enger zusammenrücken müssen.

Von derzeit durchschnittlich 20 auf 15,4 Quadratmeter pro Kopf soll die Bürofläche verringert werden. Einzelbüros soll es künftig deutlich seltener, die gemeinsame Nutzung von Arbeitsplätzen dafür umso häufiger geben. Statistisch sollen sich künftig 1,3 Mitarbeitende einen Schreibtisch teilen. Ermöglicht werden soll das unter anderem durch eine deutliche Steigerung der Homeoffice-Quoten.

Worüber Beschäftigte in der freien Wirtschaft nur müde lächeln, bedeutet für weite Teile der Berliner Verwaltung nichts anderes als eine Revolution. Tatsächlich sind Innovationsskepsis, Besitzstandswahrung und Vereinzelung hier noch immer weit verbreitet. Ausnahmen bestätigen die Regel, weshalb in einzelnen Behörden moderne Konzepte von New Work und kollaborativem Arbeiten bereits gelebt werden. Wie überall gilt: Bitte keine Pauschalurteile!

Rund ein Drittel der aktuell Beschäftigten verlässt die Verwaltung bis 2030

So richtig die Ziele des Senats aus haushälterischen und demografischen Erwägungen heraus aber sind – bis 2030 wird rund ein Drittel der aktuell Beschäftigten die Verwaltung altersbedingt verlassen – so groß ist die Aufgabe für ihn selbst: Damit das, was allen voran die Finanzverwaltung lautstark fordert, auch gelingen kann, müssen Voraussetzungen erfüllt sein.

Diese liegen allen voran im Bereich der Digitalisierung – und harren dort teilweise seit Jahrzehnten ihrer Erledigung. Beinahe zehn Jahre ist es her, dass CDU und SPD ein Gesetz erlassen haben, welches die Digitalisierung der Verwaltung regeln sollte. Passiert ist bis jetzt viel zu wenig, wie unter anderem das Pannenprojekt „Einführung der digitalen Akte“ eindrücklich belegt. Wo weiterhin fleißig gescannt, kopiert und gedruckt wird, wirken mobiles Arbeiten und Desk-Sharing wie Visionen aus einer fremden und fernen Zukunft. Dementsprechend heftig dürfte heute das Kopfschütteln vieler Verwaltungsangestellten über die im Kern sinnvollen Pläne des Senats ausfallen.

Was es tatsächlich braucht, ist eine mit Geld, Kompetenzen und Durchgriffsrechten unterlegte Offensive für die Modernisierung der Verwaltung. Erst wenn deren Mitarbeitende flächendeckend die Instrumente in die Hand bekommen, die eine flexible und moderne Arbeitswelt voraussetzt, lassen sich die Pläne des Senats umsetzen. Die vor der Sommerpause verabschiedete Verwaltungsreform war ein wichtiger Schritt dorthin. Weitere (Stichwort Bürokratieabbau!) müssen folgen – und das möglichst schnell.

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