
© Hannes Heine
Berliner Charité braucht Geld für Technik: „Wer gibt einer verschuldeten Klinik so hohe Darlehen?“
Weil für den Senat die Schuldenbremse gilt, soll die Charité nun Kredite aufnehmen. Die Hochschulmediziner brauchen ein neues Krankenhausinformationssystem, fürchten aber die Millionenschulden.
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Überlastete Stromkabel aus den 70ern, veraltete Geräte aus den 90ern und ein Computersystem aus den Nullerjahren, das wegen anstehender Dauerwartung bald ersetzt werden soll – die Charité braucht Geld. Doch Berlins landeseigene Universitätsklinik ist defizitär, der Senat in der Sparpolitik allerdings hart.
Weil sie sich an die Schuldenbremse gebunden sehen, schlagen CDU und SPD vor, dass die Charité selbst Kredite aufnimmt. Dafür müsste man das Universitätsmedizingesetz novellieren, worüber das Abgeordnetenhaus in zwei Wochen abstimmen wird.
„Wer gibt einer ohnehin verschuldeten Klinik – selbst wenn sie fachlich so gut wie die Charité ist – so hohe Darlehen?“, fragt Alexander Eichholtz. „Und selbst wenn es jemand tut, wie soll jene Klinik das samt Zinsen zurückzahlen, da doch Krankenversorgung und Forschung weiter so knapp vergütet werden wie bislang?“

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Eichholtz ist Charité-Personalratschef und examinierter Intensivpfleger. Erst am Montag plädierte er als geladener Gast im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses dafür, dass das Land die Investitionen übernimmt. So sieht es – je nach Ausmaß – das Gesetz vor. Denn sollte die Charité die avisierten Kredite nicht bedienen können, müsse sowieso Berlin einspringen, ihm gehöre das Hochschulkrankenhaus schließlich: „Und droht dann im Sinne des Schuldendienstes vielleicht wieder Sparen am Personal?“
Im Wissenschaftsausschuss sprach auch Charité-Vorstandsvorsitzender Heyo Kroemer, in Tenor und Ton milder als Eichholtz, letztlich jedoch mit gleichen Bedenken. Von 400 Millionen Euro möglichem Kredit ist die Rede, dazu die Zinslast. Das Geld abzuzahlen, sei für die Charité kaum zu stemmen, sagte Kroemer, schließlich steigerten Anschaffungen wie das neue Krankenhausinformationssystem (KIS) nicht per se die Erlöse der Hochschulmedizin.
Vermutlich kommt die Gesetzesnovelle und damit die kreditfinanzierten Anschaffungen dennoch. Und so war man sich von Linke bis AfD im Ausschuss einig: Der Senat dränge die Charité in die Verschuldung, wenngleich die Klinik das mitmachen müsse, denn anders gebe es eben kein Geld. Übrigens munkeln Finanzfachleute: Während der Senat für schätzungsweise 2,5 Prozent Kredit bekäme, dürften Banken der Charité wohl eher 3,5 Prozent anbieten.
Patienten-Daten auf US-Servern?
Ebenfalls unbeantwortet sind die vom Wissenschaftsexperten Tobias Schulze (Linke) ventilierten Fragen nach dem Datenschutz. Zum Hintergrund: Die Charité braucht ein neues Krankenhausinformationssystem, das erwähnte KIS, da die Wartung der aktuellen Software kostenintensiv ist, sie zudem ab 2027 vom Hersteller technisch nicht mehr unterstützt wird.
Die Ausschreibung läuft noch, unbestätigten Informationen zufolge gilt der US-Konzern Epic Systems als Favorit der Charité. Millionen Patienten-Daten würden dann auf Servern einer US-Firma gespeichert. Könnten US-Behörden die Krankenakten und Forschungsergebnisse der Charité einsehen, fragt Schulz sinngemäß, wenn sich Berlin und Washington politisch entzweien sollten? Wie sicher sind im Ernstfall die Daten der an der Charité versorgten Topfunktionäre aus aller Welt?
Schulze bezieht sich auf den „US-Cloud Act“, das Gesetz erlaubt amerikanischen Behörden den Zugriff auf Server, die von privaten US-Providern betrieben werden. Formal sind US-Unternehmen verpflichtet, Daten zu übergeben, wenn die US-Justiz sie verlangt.
Zudem verfügt Epic Systems, wie der Tagesspiegel-Background unlängst ausführte, nicht über ein Abrechnungsmodul für deutsche Krankenkassen. Dies ließe sich vermutlich nachrüsten, treibt dann aber die Kosten. Charité-Chef Kroemer verwies auf das laufende Vergabeverfahren, weshalb man sich nicht äußern könne. Bislang hieß es, man suche die wirtschaftlichste Lösung, zudem seien die Verfahrensregeln für alle Bieter verpflichtend, also auch die deutschen Datenschutzbestimmungen.
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