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Der Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar (Bündnis 90/Die Grünen).

© dpa/Annette Riedl

Update

Berliner Grünen-Politiker Gelbhaar: „Menschen aus meinem Umfeld seit über einem Jahr mit Nachrichten verunsichert“

Stefan Gelbhaar spricht über die verbleibenden Vorwürfe gegen ihn. Es gehe um „subjektives Unwohlsein“. Eine Entschuldigung des RBB für falsche Berichterstattung nimmt er vorerst nicht an.

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Das persönliche Umfeld des Grünen-Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar sieht sich nach dessen Angaben schon länger mit Vorwürfen gegen ihn konfrontiert. „Ich weiß, dass seit über einem Jahr Menschen aus meinem Umfeld mit Nachrichten in Bezug auf meine Person verunsichert werden“, erklärte Gelbhaar in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“. „Wer da die Quelle ist, wird sich hoffentlich noch herausstellen.“ Einzelheiten zu den Nachrichten wollte der Pankower Politiker am Sonntag auch auf Tagesspiegel-Nachfrage nicht preisgeben.

Öffentlich bekannt geworden waren Vorwürfe der sexuellen Belästigung erstmals im Dezember. Besonders schwerwiegende Anschuldigungen haben sich inzwischen als gefälscht herausgestellt. Sieben Personen halten jedoch gegenüber einer Ombudsstelle der Bundespartei gemachte Angaben weiterhin aufrecht.

Man kann sich erst entschuldigen, wenn man die Fehler aufgearbeitet hat.

Stefan Gelbhaar, Berliner Bundestagsabgeordneter, zur RBB-Berichterstattung

Details zu diesen Vorwürfen sind bislang nicht bekannt. „Ich habe aber von der Ombudsstelle erfahren, dass es hier um subjektives Unwohlsein gehen soll, um Eindrücke“, erklärte Gelbhaar und ergänzte: „Da ist es unheimlich schwer, überhaupt von Schuld oder Unschuld zu sprechen.“

Der Justiziar der Bundespartei hatte die verbleibenden Anschuldigungen in einem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, hingegen so charakterisiert, dass sie sich „zu einem relevanten Vorwurf grenzverletzenden Verhaltens verdichten“.

Gelbhaar begrüßt geplante externe Aufarbeitung der RBB-Berichterstattung

Die Entschuldigung des RBB für eine fehlerhafte Berichterstattung über die Vorwürfe will Gelbhaar vorerst nicht annehmen. Der Chefredakteur des RBB, David Biesinger, habe sich persönlich mit ihm getroffen und um Entschuldigung gebeten, sagte der 48-Jährige. „Man kann sich erst entschuldigen, wenn man die Fehler aufgearbeitet hat“, wandte er jedoch ein, auch wenn er die Aufarbeitung des Falls durch eine externe Kommission begrüßt.

Er sei Opfer „erheblicher Straftaten“ geworden, sagte Gelbhaar der „Berliner Zeitung“. „Ziel von massiven Straftaten geworden zu sein, das hinterlässt einen sehr tiefen Riss in einem. Wenn diese falschen, krassen Behauptungen dann noch dermaßen breit in der Öffentlichkeit, im eigenen Umfeld, im weiteren Umfeld, überall diskutiert werden – das macht dich kaputt.“ Sein politischer Lebensweg sei entwertet, sagte Gelbhaar weiter. „Die Berichterstattung des RBB hat leider massiv damit zu tun.“

Gelbhaar kritisierte, dass die Unschuldsvermutung für ihn nicht gegolten habe. „Die Unschuldsvermutung ist ein Verfahrensgrundsatz, er gilt für Beschuldigte.“ Man könne sich nicht die Betroffenen aussuchen, denen geglaubt werden soll. „Entweder gilt dieser grundsätzlich empathische Gedanke umfassend, oder er gilt nicht.“ Ihm sei schnell bewusst geworden, dass er seine Unschuld beweisen müsse. Das Prinzip Aussage gegen Aussage reiche vor Gericht, „aber nicht politisch“.

Gelbhaar hat Vorwürfe bestritten

Auch RBB-Senderchefin Ulrike Demmer hatte Gelbhaar am Donnerstag in einer öffentlichen RBB-Rundfunkratssitzung um Verzeihung gebeten. Anfang nächster Woche sollen unabhängige Experten mit der Aufarbeitung beginnen. Der RBB plant ein maximales Budget von 60.000 Euro netto ein.

David Biesinger ist seit 2021 Chefredakteur des Rundfunks Berlin-Brandenburg.

© obs/Gundula Krause

Die fehlerhafte Berichterstattung war vor rund zwei Wochen bekanntgeworden. Der ARD-Sender hatte Teile seiner Berichte über Belästigungsvorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten Gelbhaar zurückgezogen.

Im Kern kamen Zweifel an der Identität einer der Frauen auf, die dem Sender die Vorwürfe versicherten – die Identität soll gar nicht existieren. Es stellte sich heraus, dass der Sender die Person nie getroffen hatte. Über die Zweifel hatte vor der Zurückziehung der RBB-Berichte bereits der Tagesspiegel berichtet.

Gelbhaar hatte Vorwürfe stets bestritten. Es steht im Raum, ob es innerhalb der Grünen eine Intrige gegen den Politiker gegeben haben könnte, der nun nicht in den nächsten Bundestag einziehen wird.

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