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Mit ihrer Werbung hat die BVG viele Herzen erobert. Mit dem Angebot im Nahverkehr tut sie sich dagegen zunehmend schwer.

© Wolfram Steinberg/dpa

Berliner Nahverkehr: Bei der BVG läuft's noch schlechter als gedacht

Die Zahl der nicht gefahrenen Kilometer bei BVG-Bahnen und -Bussen hat sich fast verdreifacht. Bei der S-Bahn läuft es besser, aber auch sie fällt öfter aus.

Die meisten Fahrgäste spüren längst, dass es bei der BVG nicht rundläuft. Jetzt zeigen Zahlen aus dem Landesunternehmen und Berechnungen des Tagesspiegels, wie ernst die Lage tatsächlich ist: Die Zahl der ausgefallenen Fahrten hat sich binnen Jahresfrist teilweise drastisch erhöht. Auch die Zuverlässigkeit der S-Bahn nahm ab, allerdings in deutlich geringerem Ausmaß.

Die Zahlen, die die Verkehrsverwaltung nach einer Anfrage des FDP-Abgeordneten Henner Schmidt bei den Verkehrsunternehmen abgefragt hat, zeigen für die Busse der BVG einen dramatischen Trend: Während im Jahr 2017 pro Monat durchschnittlich knapp 43.000 „Nutzkilometer“ nicht gefahren wurden, stieg die Zahl in den ersten elf Monaten 2018 (für Dezember lagen noch keine Werte vor) auf mehr als 114.000 Kilometer pro Monat, hat sich also nahezu verdreifacht. Dabei wurden die Werte zum Jahresende hin tendenziell immer schlechter. Tiefpunkte waren die Monate September und November 2018 mit jeweils etwa 200.000 ausgefallenen Bus-Kilometern.

Am schlimmsten ist die Lage bei der Straßenbahn

Bei der U-Bahn, deren massive Probleme seit Monaten im Fokus stehen, war die Entwicklung weniger dramatisch: Die Zahl der ausgefallenen Kilometer stieg binnen Jahresfrist von 27.500 auf 41.100 im Monatsdurchschnitt. Die mit Abstand schlechtesten Monate waren wiederum September und November 2018. Und wenig spricht für eine Trendwende im Dezember.

Am schlimmsten ist die Lage laut der Übersicht bei der Straßenbahn. Deren ausgefallene Kilometer summierten sich 2018 auf mehr als 52.000 im Monatsdurchschnitt, was gegenüber 2017 eine Verdreifachung bedeutet. Schlechtester Monat war der Oktober 2018, in dem allein 107.000 Kilometer ausfielen. Zum Vergleich: Im Januar als bestem Monat des Jahres wurden 13.000 Kilometer nicht gefahren. Verkürzte Züge sind dabei – ebenso wie bei der U-Bahn – noch gar nicht berücksichtigt.

Meist personelle Gründe bei Bus und Straßenbahn

Nach Angaben der BVG waren bei Bus und Straßenbahn „personelle Gründe zum weit überwiegenden Teil die Hauptursache für Ausfälle“, insbesondere in den letzten Monaten 2018. Hinzu seien Verkehrsbehinderungen, Unfälle und Großereignisse als Ursachen von Störungen gekommen. Bei der U-Bahn mangele es zwar ebenfalls vor allem in jüngster Zeit an Personal, „hier dominieren aber fahrzeugbedingte Ausfälle“.

Teile der völlig überalterten Flotte sind wegen Rissen dauerhaft abgestellt, andere müssen oft und lange in die Werkstätten, deren Kapazitäten wegen eines gesperrten Verbindungstunnels obendrein verringert sind. Etwas Entlastung ist laut BVG bis zum Frühjahr in Sicht, da sukzessive neue Züge in den Linienbetrieb gehen.

Auch die S-Bahn führt Buch über ihre Ausfälle: Durchschnittlich 161.000 von Berlin und Brandenburg bestellte Zugkilometer pro Monat wurden bis November 2018 nicht gefahren. Im Jahr 2017 waren durchschnittlich 135.000 Kilometer ausgefallen. Auffällige Tiefpunkte bei der S-Bahn sind Februar und März 2018, in denen teils strenger Frost herrschte. Danach besserte sich die Lage allmählich und ist seit September relativ stabil. Auffällig ist vor allem die Verbesserung auf der Ringbahn. Dagegen ging es mit der S 45 stark abwärts.

S-Bahn wird tendenziell pünktlicher

Anders als bei der BVG zählen bei der S-Bahn auch minimal verfrühte Abfahrten sowie Verspätungen, die länger als die Taktzeit der jeweiligen Linie sind, als Ausfälle. Für die „echten“ Ausfälle nennt die Deutsche Bahn als Hauptgründe Fahrzeugstörungen „oder eine unzureichende Verfügbarkeit von Fahrzeugen oder Personal“. Jeder fünfte Ausfall habe „externe Ursachen“ wie Polizei- und Notarzteinsätze oder Wetterprobleme. Rund 15 Prozent der Ausfälle lägen an Störungen der Infrastruktur, wobei Signal- und Stellwerksstörungen dominieren. Dafür zuständig ist die Bahntochter DB Netz.

Während die öffentlichen Verkehrsmittel durchweg unzuverlässiger werden, wird zumindest die S-Bahn tendenziell wieder pünktlicher – wobei der Verkehrsverbund VBB Verspätungen bis zu vier Minuten toleriert. Bei der BVG, wo auch bis zu 90 Sekunden verfrühte Abfahrten (und maximal dreieinhalb Minuten verspätete) als pünktlich zählen, gingen die Werte im Promillebereich zurück. Demnach sind aktuell 87 Prozent der Busse, 90 Prozent der Straßenbahnen und gut 98 Prozent der U-Bahnen pünktlich. Sofern sie überhaupt fahren.

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