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Franziska Giffey und Raed Saleh (beide SPD) zu Gast beim Tagesspiegel am Askanischen Platz in Kreuzberg.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Berliner SPD-Spitze will Kurswechsel: Giffey und Saleh gehen auf Distanz zu Grünen und Linken

Die designierte Berliner SPD-Spitze plant eine neue Verkehrs- und Wohnpolitik – und ein Superressort, wie Giffey und Saleh im Tagesspiegel-Interview verraten.

Die designierten Landesvorsitzenden der Berliner SPD, Franziska Giffey und Raed Saleh, setzen sich in zentralen Punkten von der Politik des amtierenden rot-rot-grünen Senats ab. Sie fordern unter anderem die Zusammenlegung der bisher getrennten Bereiche Bauen und Wohnen mit Mobilität und Verkehr zu einer Großverwaltung Stadtentwicklung, deren Führung die SPD übernehmen will: „Das ist für uns ein Schlüsselressort.“

Auch in der Innen- und Wirtschaftspolitik gehen Giffey und Saleh auf Abstand zu Grünen und Linken. Im Tagesspiegel-Interview kündigt die frühere Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Giffey eine ideologiefreie Politik für die Mitte der Gesellschaft an: „Wir entwickeln ein pragmatisches bürgernahes Programm.“

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Mit Blick auf die Szene rund um die Rigaer Straße in Friedrichshain und die unterschiedlichen Haltungen dazu in der Koalition fordert Giffey: „Wir müssen auch beim Linksextremismus eine klare und deutliche Sprache sprechen und Grenzen deutlich aufzeigen. Wer durch die Stadt marodiert, alles vollschmiert, Scheiben zertrümmert, Autos anzündet, Menschen verletzt, kann das nicht damit rechtfertigen, sich für faire Mieten oder bezahlbaren Wohnraum einzusetzen.“

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Giffey und Saleh wollen einen „sozialdemokratischen Sicherheitsbegriff“ prägen: „Wir schaffen Sicherheit für diejenigen, die sie sich nicht kaufen können.“

Giffey und Saleh, die sich am 31. Oktober bei einem Landesparteitag gemeinsam als Vorsitzende zur Wahl stellen, geben vor dem Hintergrund von Auseinandersetzungen in der Koalition ein klares Bekenntnis zur freien wirtschaftlichen Entwicklung ab: „Unser Signal, unsere Botschaft an die Wirtschaft ist: Ihr seid uns herzlich willkommen“, sagt Saleh, der seit 2011 Fraktionsvorsitzender der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus ist.

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Bekenntnis zum Auto

Giffey setzt sich konkret für die umstrittenen Karstadt-Pläne am Hermannplatz ein: „Der Neubau nach historischem Vorbild wäre einfach großartig für die Stadt. Aber es geht uns insgesamt darum, eine Entwicklung voranzutreiben, in der die Wirtschaft nicht als Gegner, sondern als Partner betrachtet wird.“

Vor allem in Verkehrs- und Gesellschaftsfragen setzen Giffey und Saleh auf klare Veränderungen der bisher von Linken und Grünen geprägten Politik. In der Verkehrspolitik wird dies beim Bekenntnis zum Auto und zum U-Bahn-Ausbau deutlich.

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Giffey hält es für erforderlich, dass Berlin als Metropolregion nicht nur in die Höhe wächst, sondern „auch in die Breite“. Sie sieht Parallelen zur Entwicklung Berlins vor 100 Jahren, als die Stadt ebenfalls stark wuchs und U-Bahn-Verbindungen „auf dem freien Feld“ plante: „Und genau das Gleiche müssen wir heute tun.“ Damit würde auch der Wohnungsmarkt in den Innenstadtbezirken entlastet, sagt Giffey.

Saleh fordert zudem, Berlin müsse jetzt „bauen, bauen, bauen“. Den Mietendeckel wollen beide nach fünf Jahren nicht verlängern, stattdessen soll wieder ein Mietspiegel gelten.

Gesellschaftlich soll Berlin nach Auffassung Giffeys „weiterhin eine freie Stadt für die verschiedensten Lebensentwürfe von Menschen sein“, sie sagt aber auch: „Nicht alles, was die Bezirksbürgermeisterin der Grünen in Friedrichshain als alternatives Wohnprojekt verteidigt, ist einem respektvollen und guten Zusammenleben zuträglich.“

Giffey will, dass Berlin Nummer eins bei der digitalen Schule wird

In der Frage einer Verwaltungsreform zur Lösung unklarer Zuständigkeiten lehnt Giffey eine Zentralisierung ab, Saleh sieht ein Vetorecht der Bezirksbürgermeister kritisch. Beide setzen auf mehr Personal, das sie durch bessere Bezahlung und Ausstattung der Arbeitsplätze gewinnen wollen: „Wenn Sie sich anschauen, wie die Jobcenter, die Bürgerämter und die Polizeistationen in Berlin teilweise aussehen, da sagt niemand: Wow, cool hier zu arbeiten“, sagt Giffey. Notwendig sei auch ein Mentalitätswandel.

[Das ganze Interview finden Sie im Tagesspiegel vom Montag, der bereits als E-Paper hier abrufbar ist.]

In der Bildungspolitik gibt Giffey das Ziel aus, dass Berlin „die Nummer eins bei der digitalen Schule wird – und zwar sowohl bei der Ausstattung als auch bei der Medienkompetenz“. Davon abgesehen könne sich die Berliner Bildungspolitik im bundesweiten Vergleich „durchaus sehen lassen“, sagt sie.

Wann Giffey ihre Kandidatur als Regierende Bürgermeisterin erklären wird, lässt sie offen. Zur Frage einer vorzeitigen Übernahme der Amtsgeschäfte sagt sie: „Ich bin gerne Bundesfamilienministerin und habe in diesem Amt auch noch einiges vor.“

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