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Ein Auto des Ärztlichen Bereitschaftsdiensts der KV Berlin.

© IMAGO/Berlinfoto

Bereitschaftsdienst in Berlin: Ärzte fahren deutlich seltener zu Hausbesuchen

Vor zehn Jahren war die Zahl der Hausbesuche des Ärztlichen Bereitschaftsdiensts dreimal so hoch wie 2024. Die zuständige KV Berlin hält das für kein Problem.

Stand:

Die Bereitschaftsärzt:innen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin fahren deutlich seltener zu Hausbesuchen als noch vor zehn Jahren: 2014 hatte die Zahl ihrer Einsätze 152.902 betragen. Zehn Jahre später fuhren die Mediziner:innen nur noch 58.987 Mal zu kranken Menschen nach Hause. Das geht aus der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von Carsten Schatz (parteilos, Linksfraktion) hervor.

Der Hausbesuchsdienst ist angedockt bei der Servicestelle 116117. Wählen können Patient:innen die Nummer, wenn sie mit ihren Beschwerden normalerweise zu einem niedergelassenen Arzt gehen würden, aber die Behandlung nicht warten kann, zum Beispiel abends oder am Wochenende. Am anderen Ende der Leitung schätzt eine Fachperson die Beschwerden ein.

Kann die Patientin ihr Zuhause nicht verlassen und benötigt sie dringend medizinische Hilfe, schickt die Leitstelle einen Arzt oder eine Ärztin vorbei. Deuten die Symptome auf eine lebensbedrohliche Situation hin, schaltet die Leitstelle den Rettungswagen ein.

Urteil des Bundessozialgerichts

Die KV betreibt die 116117. Schichten leisten Vertragsärzt:innen und „Poolärzt:innen“ auf Honorarbasis. Erstere sind Mediziner:innen, die gesetzlich Versicherte ambulant behandeln dürfen – der Begriff leitet sich davon ab, dass sie einen Vertrag mit der KV haben –, letztere sind Ärzt:innen, die etwa im Ruhestand sind oder in Kliniken arbeiten – und daher keinen Vertrag mit der KV haben.

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts 2023 fürchtete die KV, dass sie die circa 100 Poolärzt:innen sozialversicherungspflichtig anstellen muss. Das würde höhere Kosten verursachen. Anschließend hatte die KV den Ärztlichen Bereitschaftsdienst massiv gekürzt. Die über die Jahre sinkende Zahl der Hausbesuche steht mit dieser Entscheidung aber offenbar kaum in Verbindung. Das jedenfalls legt die Antwort von Gesundheitsstaatssekretärin Ellen Haußdörfer auf die Anfrage nahe. Sie zitiert die KV Berlin so:

Inzwischen steuere man die Patient:innen „durch die Einführung einer standardisierten Ersteinschätzung“ effizienter. Auf diese Weise könnten „medizinisch nicht notwendige Hausbesuche abgelehnt“ und etwa der „Besuch in einer Notdienstpraxis“ empfohlen werden. „Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin bestehen vor diesem Hintergrund erhebliche Zweifel daran, ob ärztliche Hausbesuchsdienste für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung überhaupt notwendig sind.“

Carsten Schatz ist anderer Meinung. Er findet, der Rückgang der Hausbesuche stelle gerade für immobile Menschen ein Problem dar: „Die Zahl der Hausbesuche geht zurück, gleichzeitig ist ein ganzer Erwerbszweig von Firmen entstanden, die Hausbesuche auf Selbstzahlerbasis anbieten. Leute, die dafür kein Geld haben, landen in der Notaufnahme, wo man sich über sie beschwert.

Viele dieser Menschen hätten keinen festen Hausarzt – seit Jahren gibt es insbesondere in manchen Ostbezirken der Stadt zu wenige Praxen. Er fordert deshalb, die Hausarztquote zu steigern und mehr Geld ins System zu bringen. „Hausbesuche müssen für immobile Patienten möglich sein, und zwar auch kurzfristig. Die KV darf die Kosten nicht auf die Ärmeren abwälzen.“

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