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Vor dem Bettenturm auf dem Charité-Campus in Berlin-Mitte.

© Mario Heller/Tagesspiegel

Exklusiv

Bilanz von Charité und Vivantes: Berlins Landeskliniken verbuchen Millionendefizite

Das Universitätskrankenhaus und der Vivantes-Konzern leiden unter hohen Kosten. Beide Landesunternehmen verfolgen wegen Millionendefiziten einen Sparkurs.

Stand:

Berlins landeseigene Krankenhäuser ziehen intern Bilanz. Sowohl die Vivantes-Kliniken als auch die Charité verbuchten demnach auch vergangenes Jahr ein erhebliches Minus. Nach Tagesspiegel-Informationen beläuft sich das Defizit für Vivantes im Jahr 2024 auf 146 Millionen Euro, bei circa 1,7 Milliarden Euro Umsatz.

An der Charité werden voraussichtlich 2,5 Milliarden Euro Umsatz und 85 Millionen Euro Minus verzeichnet. Alle Zahlen sind vorläufig. Die Aufsichtsräte beider Konzerne müssen sie jeweils offiziell feststellen. Vivantes und die Charité bestätigen die Bilanzen deshalb vorerst nicht: Sprecher der Landesunternehmen verwiesen auf entsprechende Aufsichtsratssitzungen, die für Mai geplant sind.

Vivantes erwartete mehr Defizit

Bis dahin sollten auch die neuen Löhne feststehen. Verdi verhandelt derzeit federführend über den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, weshalb auch die Pflegekräfte in den Vivantes-Kliniken und der Charité am Donnerstag in den Warnstreik treten.

43.000
Beschäftigte arbeiten für den Vivantes-Konzern und die Charité zusammen

Vivantes und die Universitätsklinik verbuchten schon für das Jahr 2023 jeweils mehr als 130 Millionen Euro Defizit. Damals befürchteten Vivantes-Manager noch größere Verluste, allerdings konnten einige alte, für moderne Versorgung ungeeignete Immobilien veräußert werden. Solche Sonder-Plus-Effekte gab es 2024 nicht, weshalb das Minus trotz eines Sparkurses größer als im Vorjahr ausfällt. Den Geschäftszielen zufolge waren für 2024 sogar rund 175 Millionen Euro Defizit eingeplant.

Auf Anfrage teilte ein Vivantes-Sprecher mit: „Nach der vorliegenden Prognose können wir aber sagen, dass der im Sommer vom Aufsichtsrat beschlossene Sanierungspfad eingehalten wird.“ Intern erwartet man, dass das Unternehmen ab 2029 schwarze Zahlen schreibt.

Zusammen 9300 Krankenbetten

Auch in der Charité wäre das Defizit ohne den 2023 angekündigten Sparkurs wohl größer ausgefallen. Das Hochschulkrankenhaus wirbt intensiv um Drittmittel, die es wegen seiner Forschungsprojekte akquirieren kann. Die Charité gilt als die größte Universitätsklinik Europas. Sie verfügt über vier Hauptstandorte und insgesamt 3300 Betten, samt Tochterfirmen arbeiten 24.000 Beschäftigte für die Charité.

Vivantes ist mit 19.000 Beschäftigten und 6000 Betten der größte kommunale Klinikträger Deutschlands. Zum Konzern gehören Krankenhäuser, Seniorenheime, Reha und Pflegedienst. Im Geiste der Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will Vivantes stärker auf eine ambulante Versorgung setzen.

Virchow-Charité-Campus in Berlin-Wedding.

© Mario Heller/Tagesspiegel

Bei der dualen Finanzierung beließ es Lauterbach: Die Krankenkassen zahlen, so sieht es vorgeschrieben, für Personal und Medikamente. Das wird über sogenannte Fallpauschalen pro Diagnose abgerechnet. Einige Fälle sind – je nach konkretem Management und aktuellen Kosten für Arzneien und Personal – auskömmlich vergütet. Für andere Fälle reichen die Versicherungsgelder nicht. Ohne, dass Klinikbosse dies offen einräumen würden, konkurrieren Krankenhäuser um Fälle, die gut bezahlt werden.

Reform nützt eher großen Kliniken

In Bauten und Technik der als notwendig anerkannten Kliniken wiederum müssen die Bundesländer investieren. Die Kosten für sanierungsbedürftige Gebäude, für Energie, Medikamente und Fachkräfte steigen.

Mit der Reform teilte Lauterbach die Medizin in 65 „Leistungsgruppen“ ein. Die Kliniken dürfen nur noch dann auf Kassenkosten gesetzlich Versicherte versorgen, wenn sie für die jeweiligen Leistungsgruppen verschärfte Personal- und Technikstandards erfüllen. Insbesondere kleine Krankenhäuser werden wohl nur wenige dieser Leistungsgruppen anbieten können. Das könnte großen Klinikkletten wie Vivantes und Charité nützen.

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