
© Alix Faßmann
Einigung bei Stadler beschlossen: Für Standorterhalt drei Jahre die 40-Stunden-Woche
Im Konflikt beim Berliner Schienenfahrzeughersteller Stadler gibt es jetzt eine Lösung: Lohnzahlungen und Weihnachtsgeld werden nicht angetastet. Dafür müssen alle für drei Jahre zwei Stunden länger arbeiten.
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Der Frühling ist da. Seit der Krisenverkündung beim Zugbauer Stadler Ende Februar haben nun die Geschäftsführung und die IG Metall Berlin zur Sicherung des Standorts in Berlin-Pankow eine Einigung erzielt. „Jetzt gibt es eine Zukunft für Stadler und seine Beschäftigten in Berlin. Die Standortgarantie bis 2032 ist ein deutliches Zeichen für die langfristige Perspektive von Stadler in Berlin“, sagte Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin.
Neben der Standortgarantie für die nächsten sieben Jahre wurde auch der Erhalt von 85 Prozent der Arbeitsplätze vereinbart. Im Gegenzug sollen die Beschäftigten in den ersten drei Jahren zwei Stunden mehr in der Woche arbeiten, wobei die Löhne und das Weihnachtsgeld unverändert bleiben.
Geschäftsführung bedankt sich bei Mitarbeitern
Otto erklärte gestern in einer Belegschaftsversammlung den anwesenden Mitarbeiter:innen, was er aushandeln konnte: Statt 38 Stunden müssen alle nun 40 Stunden in der Woche zur Arbeit kommen, der Lohn bleibt jedoch gleich. „Über Mehrarbeit wird nun keiner erst mal begeistert sein“, sagt Frank Gierloff, Betriebsratsvorsitzender bei Stadler.
Trotzdem stimmten die IG-Metall-Mitglieder bei Stadler dem Verhandlungsergebnis zu. Gierloff meint, den meisten sei die Planungssicherheit für die nächsten sieben Jahre wichtig. Außerdem sei ein weiterer Teil der Vereinbarung, dass ab Januar 2029 dann der geltende Flächentarifvertrag auch für die Stadler-Mitarbeiter gelten soll. Und der sieht wiederum eine 35-Stunden-Woche vor.
Auch die Geschäftsführung von Stadler zeigte sich zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis. „Mir ist bewusst, dass diese Maßnahmen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern viel abverlangen“, sagte Jure Mikolčić, Geschäftsführer der Stadler-Division Deutschland. Gleichzeitig sei er aber erleichtert, dass durch die Verhandlungen drastische Maßnahmen wie eine Teilschließung oder Lohnkürzungen verhindert werden konnten. Er dankte den Mitarbeiter:innen, „diese schwierigen Entscheidungen“ mitzutragen.
Konkrete Maßnahmen für die Zukunft nicht bekannt
Über die strukturellen Maßnahmen, um die Ursachen für die Krise in Zukunft zu verhindern, ist bisher noch nichts bekannt. „Das starke Wachstum muss nun noch in Struktur gegossen werden“, sagt Betriebsrat Gierloff. Die Einigung und Entwicklung der genauen Maßnahmen würde aber noch „ein paar Monate“ dauern.
Stadler geriet trotz voller Auftragsbücher unter wirtschaftlichen Druck und stellte Ende Februar eine Teilschließung des Standorts und entsprechend massiven Stellenabbau in den Raum. Lieferengpässe, gestiegene Kosten für Materialien und Energie sowie die Nachwirkungen der Pandemie seien laut Unternehmensführung die Gründe für die Krise. Aber auch Missmanagement wurde seitens der Arbeitnehmervertretungen auf den bisher drei Kundgebungen vor dem Werkstor im Industriegebiet Pankow Park für die Probleme verantwortlich gemacht.
Stadler zählt mit etwa 1700 Beschäftigten zu den größten industriellen Arbeitgebern Berlins. Das Werk wurde erst 2023 ausgebaut. Dort entsteht unter anderem die neue U-Bahn-Baureihe J/JK für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), deren Auslieferung sich seit Jahren verzögert.
Auf Nachfrage bestätigte jedoch ein Sprecher der BVG, dass trotz Krise die letzten Lieferungen geklappt haben. „Es gab auch keine veränderten Planungen“, sagte der BVG-Sprecher. Im März seien weitere Wagen der schmaleren Baureihe JK zu Schulungszwecken eingetroffen. Und erst diese Woche seien weitere Wagen der breiteren Baureihe J für den notwendigen Testbetrieb angekommen. Aktuell seien insgesamt 30 Wagen der neuen Baureihen im Einsatz für Tests und Schulungen.
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