zum Hauptinhalt
Das ICC steht unter Denkmalschutz und gilt als wirtschaftlich kaum zu betreiben.

© dpa/Paul Zinken

Kein Bordell, keine Spielbank, kein Waffenhandel: Berlins ICC sucht einen reichen Liebhaber

Seit zehn Jahren steht Berlins Internationales Congress Centrum (ICC) leer und verschlingt Unsummen für seinen Unterhalt. Jetzt startet der Senat einen Wettbewerb um das beste Konzept für eine Wiederbelebung.

Stand:

Berlin sucht einen Liebhaber für sein größtes Raumschiff, das Internationale Congress-Centrum (ICC). In einem 75-seitigen Exposé wird das stillgelegte Bauwerk international angepriesen, es liest sich wie eine Hymne auf die Stadt. „Berlin is the place to be. Wer nach einem Standort sucht, der Zukunftspotenzial mit globaler Vernetzung verbindet, findet in Berlin die ideale Basis für langfristigen Erfolg.“

Der Liebhaber und Investor soll das ICC in ein öffentliches Kunst- und Kulturzentrum verwandeln, als Vorbild haben Politiker schon öfters das Centre Pompidou in Paris genannt. „Dem ICC sollen Nutzungen aus den Bereichen Kunst, Kultur- und Kreativwirtschaft sowie Innovation und Technologie zugeführt werden“, heißt es im Exposé, das für alle zugänglich in der Vergabeplattform des Landes abrufbar ist.

Der größte Saal mit 5000 Plätzen kann auch zur Tanzfläche umgebaut werden.

© imago images/Joko/via www.imago-images.de

Es sollen aber auch wieder Kongresse und Konferenzen in dem Bau stattfinden können, der schließlich exklusiv für diese Zwecke geschaffen worden ist. Dem Senat schien es aber auch nötig, in der Ausschreibung zu betonen, was man sich dort nicht wünscht: „Ausgeschlossen sind der Betrieb des ICC als Bordell, Spielbank, Waffenhandel oder vergleichbarer Zwecke. Darüber hinaus sollen Nutzungen für Zwecke des Einzelhandels lediglich eine untergeordnete Rolle spielen, großflächiger Einzelhandel bleibt ausgeschlossen.“

„Das ICC ist eine Berliner Ikone. Nach zehn Jahren Stillstand ist es höchste Zeit, diese schlafende Schönheit wieder zum Leben zu erwecken“, erklärte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD).  Bisher hätten die Pläne zum ICC immer nur eine Legislatur überdauert, „danach fing die nächste Regierung wieder von vorne an.“ Das werde diesmal anders sein, versprach die Senatorin nach einem Presserundgang in dem Gebäude am Montag. „So weit waren wir noch nie.“

Das ICC wird zu einem neuen Symbol der Hauptstadt mit internationaler Strahlkraft, das für Innovation, Offenheit und Begegnung steht.

Petra Kahlfeldt, Senatsbaudirektorin und Staatssekretärin für Stadtentwicklung

„Das ICC wird zu einem neuen Symbol der Hauptstadt mit internationaler Strahlkraft, das für Innovation, Offenheit und Begegnung steht“, sagte Petra Kahlfeldt, Senatsbaudirektorin und Staatssekretärin für Stadtentwicklung. Dieses Gebäude ist ein Meilenstein der Weltarchitektur, ein Gesamtkunstwerk und es ist ein Glücksfall, dass es noch vollständig erhalten ist.“

Das Bauwerk, entstanden in den 1970er-Jahren für die damals astronomisch hohe Summe von knapp einer Milliarde Mark, wird nicht verkauft, sondern über eine Erbpacht für 99 Jahre vergeben. Die Sanierung muss der Investor alleine stemmen, das Land will dafür kein Geld ausgeben.

Das Land will kein Geld ausgeben fürs ICC

Dafür kann der Investor auf dem Parkplatz gegenüber dem ICC-Eingang ein Hochhaus bauen und das nicht unter Denkmalschutz stehende Parkhaus abreißen und die Fläche anderweitig nutzen. Das Hochhaus auf dem Parkplatz darf maximal 80 Meter hoch werden.

In früheren Entwicklungskonzepten zum ICC waren Steuermittel von 200 Millionen Euro veranschlagt, es gab auch schon mehrere Interessenbekundungsverfahren, die allesamt im Sande verliefen. Einschließlich diverser Debatten über Verkauf oder Abriss der Architektur-Ikone.

Das ICC steht unter Denkmalschutz. Ein Investor muss erhalten, ein Investor muss auch die Innenarchitektur erhalten.

© imago stock&people/imago stock&people

Den aktuellen Wert des Gebäudes beziffert der Senat auf einen Euro. Der Wert des Parkplatzes, der mit einem Hochhaus bebaut werden soll, wird dagegen auf 28,1 Millionen Euro taxiert.

Kritisch ist vor allem die Belastung des Gebäudes mit Schadstoffen aus der Bauzeit, vor allem Asbest. Laut Senat liegt jetzt ein vollständiges Schadstoffkataster vor, das Teil der Ausschreibung ist. Früher wurde das ICC mit Strom und Wärme über die Messe versorgt. Künftig soll das Gebäude unabhängig von der Messe funktionieren.

Der Haupteingang zum ICC, aufgenommen am Montag: „Es wird mega“.

© Thomas Loy

Das sogenannte Konzeptverfahren ist dreistufig angelegt. In der ersten Phase bis März 2025 können sich Interessenten melden und werden vom Senat auf Eignung und Leistungsfähigkeit geprüft. Bis Februar 2026 soll es eine „Dialogphase“ geben, in der sich die verbliebenen Interessenten mit einer vom Senat bestellten Jury über ihr Konzept verständigen.

In der letzten Phase bis Sommer 2026 sollen die Interessenten konkrete Angebote abgeben, die dann von der Jury bewertet werden. Anschließend entschieden Senat und Abgeordnetenhaus über den Gewinner. Der ehemalige Wirtschaftssenator Stephan Schwarz soll als „ehrenamtlicher ICC-Botschafter“ im In- und Ausland für das Konzepterfahren Werbung machen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })