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Ein Anzug aus der aktuellen Kollektion von Impari.

© Impari

Kleidung aus Plastikmüll, Abos für den Klimaschutz: Berlins „Soziale Unternehmen“ mit ausgezeichneter Wirkung

Die Initiative „Social Economy Berlin“ verleiht zum zweiten Mal Preise für soziale Unternehmensgründungen. Die Gewinner haben bewiesen, dass sie zum Vorteil aller Geld verdienen können.

Stand:

Die Logik erfolgreichen Unternehmertums besteht vor allem darin, gute Gewinne zu erwirtschaften, viele Mitarbeiter zu beschäftigen und die Umsätze zu steigern.

Für soziale Unternehmen stehen andere Ziele im Vordergrund: Menschen eine würdige Arbeit verschaffen und fair bezahlen, natürliche Ressourcen schonen und den Klimaschutz voranbringen. Wenn dann noch Geld übrig ist, umso besser.

Das Netzwerk Social Economy Berlin verleiht am Montag die diesjährigen Preise für Unternehmen, die globalen Probleme überraschende und wirksame Lösungen entgegensetzen. Gefördert wird der Preis durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Die Nominierten müssen Nachweise über die Wirkung ihres Tuns und konkrete Einnahmen erbringen.

In den Kategorien „Mensch“, „Planet“ und „Transformation“ werden jeweils drei Unternehmen ausgezeichnet – wir stellen die Erstplatzierten vor.

Get2Germany gewinnt in der Kategorie „Mensch“

Das Gründungsteam von Get2Germany.

© privat

Das Unternehmen Get2Germany begleitet ausländische Ärzte und Pfleger auf ihrem langen und komplizierten Weg zu einer Anstellung in deutschen Kliniken und Pflegeheimen. Gründer René Rheimann, selber Arzt, hatte im Studium und als Mitarbeiter eines Impfzentrums mit vielen ausländischen Ärzten zu tun, die ihm von ihren Problemen erzählten.

„Der Prozess zur Anerkennung ihrer Qualifikationen ist sehr kompliziert, dauert länger als zwei Jahre.“ Mithilfe einer digitalen Plattform, aber auch konkreten Seminaren und Dokumenten-Checks will Rheimann ausländischen Ärzten und medizinischen Fachangestellten durch die deutsche Bürokratie helfen.

Dafür müssen derzeit noch die Ärzte mit einem monatlichen Abo bezahlen, künftig möchte Rheimann auch die potentiellen Arbeitgeber in die Pflicht nehmen. „Die Umsätze sind noch gering, wir suchen Kapitalgeber.“ Das Start-up wurde erst in diesem Frühjahr gegründet.

Wichtig ist Rheimann, dass Get2Germany nicht mit einer Vermittlungsagentur für ausländische Fachkräfte verwechselt wird. Davon gebe es schon genügend. Rheimann sieht diese Agenturen eher als seine Kunden.

ForTomorrow gewinnt in der Kategorie „Planet“

Bäume pflanzen als Kompensation für den ökologischen Fußabdruck von Vielfliegern und produzierenden Betrieben, das bieten Agenturen wie Atmosfair an.

ForTomorrow hat aber noch ein spannendes Bonbon im Klimaschutz-Portfolio: Den „schmutzigen“ Industriebetrieben CO₂-Zertifikate wegschnappen. Im europäischen Emissionshandel müssen Unternehmen Verschmutzungsrechte kaufen, um Kohlendioxid in die Luft blasen zu dürfen.

Ruth von Heusinger (2.v.r.) hat ForTomorrow 2019 gegründet.

© ForTomorrow

Die Zahl der CO₂-Zertifikate ist begrenzt. Gegenwärtig ist der Preis aber eher niedrig, weil wegen schwachen Konjunktur weniger Waren und Güter produziert werden. ForTomorrrow bietet ein Klima-Abo an, mit dem jeder Verbraucher quasi selber am Emissionshandel teilnehmen und seinen ökologischen Fußabdruck kompensieren kann.

38.464
Tonnen CO₂ wurden durch ForTomorrow-Unterstützer kompensiert

Mit dem Abo-Geld werden Zertifikate aufgekauft und stillgelegt. Ein Teil des Geldes fließt in Aufforstungsaktionen. Gründerin Ruth von Heusinger hat das Unternehmen 2019 gegründet, zuvor arbeitete die Physikerin bei Atmosfair und einem norwegischen Energieunternehmen.

Das Team besteht zurzeit neben von Heusinger aus vier festangestellten Mitarbeitern, einigen Freelancern und Ehrenamtlichen. Die bisherige Bilanz: 1 961 Spender und Abonnenten haben 38.464 Tonnen CO₂ kompensiert, durch den Kauf von Zertifikaten und das Pflanzen von 74 .290 Bäumen.

Impari gewinnt in der Kategorie „Transformation“

Mode aus Müll, dieser Slogan hat Schock-Potenzial. Kleidung aus alten Plastikflaschen ist jedoch kein bloßer Marketingcoup, sondern das vielschichtige Geschäftsmodell der Berliner Modedesignerin Jana Heinemann. Sie pflegt seit vielen Jahren Kontakte nach Ghana, hat selbst einige Zeit in Kenia gelebt und dort die afrikanische Mode kennengelernt.

Modedesignerin Jana Heinemann in ihrem ehemaligen Atelier.

© Impari

2018 gründete sie ihr Label Impari und eröffnete ein Atelier. Statt Baumwolle und Seide arbeitet sie mit Fasern, die aus alten Plastikflaschen gewonnen werden. Mit einer Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz erweitert sie zusammen mit Freunden aus Ghana ihr nachhaltiges Modeprojekt zu einem neuartigen Modell für Entwicklungszusammenarbeit.

Das Ziel: Impari als ein „Community-Brand“ zu etablieren, an dem viele lokale Unternehmer beteiligt sind. Plastikmüll, der oft in afrikanische Länder verschifft wird, soll in Form von Textilien nach Europa zurückgeholt werden, und zwar so, dass fair bezahlte Arbeit, eine sinnvolle Wertschöpfung und ein ressourcenschonendes Upcycling unterstützt werden.

„Die Farben für die Stoffe und das Material sollen in Ghana produziert werden, im Atelier-Store in der Torstraße nähen wir dann die Kollektionen“, erklärt Gründerin Heinemann. Die Maschinen für die Faserproduktion würden gerade in Ghana gebaut. Impari arbeitet mit Bildungsprojekten zusammen, die eine Infrastruktur für nachhaltige Unternehmen aufbauen.

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