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Parkinson ist eine degenerative Erkrankung spezifischer Bereiche des Gehirns. Sie führt zu willkürlichen Bewegungen, viele Patienten entwickeln geistige Defizite.

© Fotolia/Ralwel

Millionen betroffene Patienten: Bayer vor entscheidender Phase gegen Parkinson

Die Pharmaforscher von Bayer setzen auf Gen- und Zelltherapien. Die könnten nicht nur Parkinson-Kranken helfen, sondern auch dem defizitären Konzern.

Stand:

Bayer kündigt einen deutlichen Schritt im Kampf gegen Parkinson an – der Chemiekonzern startet jetzt eine entscheidende Phase-III-Studie. Das ist die letzte Etappe vor der staatlichen Zulassung eines Medikaments, danach schafft es mehr als die Hälfe der Präparate auf den Markt.

Konkret geht es um eine Zelltherapie der Bayer-Tochter BlueRock. Das unter dem Namen „Bemdaneprocel“ registrierte Verfahren wird intern als äußerst vielversprechend eingestuft. Erstens gäbe es im Falle einer Zulassung des Mittels wahrscheinlich so bald kein Konkurrenzprodukt. Zudem ist Parkinson mit schätzungsweise elf Millionen Betroffenen weitverbreitet, also ein großer Markt.

Parkinson schädigt Nervenzellen im Gehirn, wonach dort dann der zentrale Botenstoff Dopamin fehlt: Zittern, Krämpfe, verlangsamte Bewegungen sind die Folge. Weil das Durchschnittsalter weltweit steigt, wird es wohl absehbar mehr Parkinson-Fälle geben. Die Krankheit ist bislang nicht heilbar.

Bayer setzt auf Start-ups

In der Zelltherapie werden im Labor geschaffene, gesunde Zellen in das beeinträchtigte Hirn des Patienten eingesetzt. Der weltweit aktive Bayer-Konzern, dessen Hauptsitz sich in Leverkusen befindet, investierte viel in die Parkinson-Forschung, wie viel genau, wird nicht kommuniziert.

BlueRock-Biologen, die vor circa 20 Jahren die nun umgesetzten Ideen hatten, forschten in Kanada, den USA und zuletzt in Deutschland an dem Mittel – neben der Bayer-Pharma-Zentrale in Berlin hat BlueRock eine Dependance. Parallel führt die Bayer-Tochter AskBio eine Phase-II-Studie für eine Parkinson-Gentherapie durch. Voraussichtlich 2027 dürften die Studien ausgewertet sein, im Erfolgsfall würden die Mittel danach zugelassen.

Das Viralgen-Labor im baskischen San Sebastián gehört zur Bayer-Gruppe.

© promo/Bayer/Viralgen/@mandragorastudio

Ziel sei es, den Verlauf der Erkrankung zu stoppen, sagte Bayer-Pharma-Chef Stefan Oelrich vor einigen Tagen in einer AskBio-Forschungsstätte im baskischen San Sebastián. Dort bekräftigte auch der erst 2023 eingesetzte, aus den USA kommende Bayer-Vorstandsvorsitzende Bill Anderson den Fokus des Dax-Konzerns auf Arzneien und Bio-Tech, insbesondere Gen- und Zelltherapien.

Hoffnungen auf Krebsmittel

Die Entwicklung neuer Pharmaprodukte birgt Risiken. Das bekam Bayer Ende 2023 zu spüren: Damals war eine aufwendige Studie zum Blutgerinnungshemmer Asundexian gefloppt. Der Aktienkurs brach ein, Hoffnungen der Anleger auf einen Xarelto-Nachfolger zerschlugen sich.

Der Blutgerinnungshemmer Xarelto hatte sich seit der Einführung 2008 für Bayer zum Blockbuster entwickelt, also einem Medikament mit einer Milliarde Euro Jahresumsatz. Doch inzwischen ist das Patent abgelaufen, die Generikahersteller drängen auf den Markt.

Mit Übernahmen amerikanischer Start-ups wie BlueRock 2019 und AskBio 2020 baute Bayer seine Pharma-Pipeline trotz klammer Kassen aus. Das Geld für größere Aufkäufe fehlte, denn die Gerichtsprozesse in den USA um mögliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Monsanto kosteten Bayer viele Milliarden Euro.

Politik unterstützt Forschungszentrum

Die Gesamtbilanz des Chemiekonzerns war vergangenes Jahr mit 2,5 Milliarden Euro Defizit bei knapp 47 Milliarden Euro Umsatz negativ. Bayer streicht nun Stellen im Mittelbau: Tausende Beschäftigte werden abgefunden, noch hat der Konzern mehr als 90.000 Mitarbeiter.

Die Pharmasparte dagegen ist weitgehend profitabel. Nicht nur mit den Parkinson-Therapien, sondern auch beim Krebsmittel Nubeqa erwartet Bayer große Erfolge.

Erst vor einigen Tagen traf sich am Berliner Nordhafen die Spitzenpolitik, wo Bayer neben seiner Pharmazentrale zusammen mit den Hochschulmedizinern der landeseigenen Charité ein Hub für Gen- und Zelltherapie errichtet. Auch BlueRock-Leute werden dort ab 2028 arbeiten.

Unter anderem Senatschef Kai Wegner (CDU) und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD), aus deren Haushalten das Vorhaben jeweils mit Millionensummen unterstützt wird, gaben sich neben Bayer-Boss Oelrich und Charité-Chef Heyo Kroemer zuversichtlich.


Transparenzhinweis: Bayer finanzierte einen Pressebesuch in der Viralgen-Forschungsstätte in San Sebastián, Spanien. Viralgen gehört zur Bayer-Tochter AskBio.

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