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Neue Tüftler-Zone fürs Berliner Handwerk: Lösungen „aus dem Bauch heraus“ reichen nicht mehr
In alten Industriehallen der Schindler AG sollen Handwerker und Gründer an Ideen für die Zukunft arbeiten. Das „Berliner Innovationszentrum Handwerk“ hat vor allem viel Platz zu bieten.
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Ein Dutzend Infotafeln, eine Holztribüne, jede Menge Papphocker zum Sitzen und eine Stellwand für den Malerroboter von Conbotics – fertig ist das „Pop-Up des Berliner Innovationszentrums Handwerk“, kurz BIZH. Am Dienstag wurde die Labor- und Eventfläche für das Austüfteln neuer Ideen und technischer Lösungen im Handwerk eröffnet.
Hinter der Inszenierung für die Presse blieb etwas vage, was das Innovationszentrum leisten kann. Als idealtypisches Beispiel für die Symbiose von traditionellem Handwerk und innovativen Start-ups durfte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) den Malerroboter der Firma ConBotics in Gang setzen. Den gibt es allerdings schon ein paar Jahre. 2022 bekam ConBotics dafür den Innovationspreis Berlin-Brandenburg.
Die Pop-up-Fläche in einer alten, noch unsanierten Shedhalle ist das Fenster in die Zukunft des Entwicklungsprojekts „ringberlin“ auf dem zehn Hektar großen Gelände der Aufzugsfirma Schindler in Mariendorf. Ein „grüner, CO₂-freier Campus“ soll hier entstehen, sagte ringberlin-Geschäftsführer Matthias Menger.
Keine Hochglanz-Show, sondern ein Reallabor
Erstes großes Projekt von „ringberlin“ ist der „größte Makerspace Europas“ in der benachbarten, denkmalgeschützten Shedhalle 2, die saniert und aufgestockt wird. Der Makerspace sollte eigentlich schon in diesem Jahr eröffnen, das Projekt verzögerte sich allerdings. Die Bauarbeiten sollen jetzt beginnen. Die Fertigstellung ist für kommendes Jahr geplant.

© ringberlin/STÖBE.Kommunikation
Die Gesamtinvestition beträgt 60 Millionen Euro, darin enthalten sind 36 Millionen Euro aus Mitteln von Bund und Land (GRW-Programm). Der Makerspace ist als Gründungszentrum konzipiert. Geplant sind „Werkstätten mit Maschineninfrastruktur, Coworking- und Bürobereichen, Maker-Garagen und Testflächen“. Künftiger Betreiber ist das MotionLab Berlin, das in Alt-Treptow bereits ein ähnliches Gründungszentrum aufgebaut hat.
Das Innovationszentrum Handwerk sein kein „Hochglanz-Showroom, sondern ein Reallabor“, sagte die Präsidentin der Handwerkskammer, Carola Zarth. Bisher würden Handwerker neue technische Lösungen „eher aus dem Bauch heraus“ entwickeln, das reiche aber nicht mehr, um Schritt zu halten.
Was bisher geschah, um Handwerker mit der Arbeitsweise von Start-ups vertraut zu machen, sind im Wesentlichen Netzwerk-Events und Workshops für 3-D-Druck. An den Workshops hätten 60 Betriebe teilgenommen, sagte Kerstin Wiktor, Beauftragte für Innovation und Technologie in der Handwerkskammer. Auch das reiche nicht.

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Im Innovationszentrum soll es ab Herbst „Workshops und Events geben“, zu den Themen Klimawandel, zirkuläres Bauen und Prototypenentwicklung. Auch Veranstaltungen wie der Deep-Tech-Award seien denkbar. „Das BIZH kann jetzt organisch wachsen. Der Platz ist da“, sagte René Giese vom MotionLab.
Alte Baumaterialien wiederverwenden
Zirkuläres Bauen bedeutet vor allem, gebrauchte Baumaterialien nicht mehr wegzuwerfen. So sollen bei der Aufstockung der Shedhalle 2 alte Stahlträger wiederverwendet und vorhandene Drahtglasscheiben aus den Sheddächern aufgearbeitet werden. Das spart Energie und in vielen Fällen auch Kosten.
Die Malerinnung Berlin-Brandenburg arbeitet mit Wissenschaftlern, dem Handel, Herstellern und Praktikern aus Betrieben daran, die Massen an Farbeimern auf den Baustellen zu recyceln. Bislang landen in Deutschland jährlich 40 Millionen Kunststoffeimer mit Farbresten auf dem Müll beziehungsweise in den Verbrennungsanlagen.
Der Malerroboter von ConBotics ist auch nach der Markteinführung noch kein Bestseller. Viele Betriebe seien skeptisch und trautem dem maschinellen Kollegen keine saubere Arbeit zu, sagt ein Mitarbeiter. Deshalb bietet das Start-up jetzt selber Malerarbeiten an, unter dem Label Technomaler, immer in Kooperation mit Handwerksbetrieben. Das läuft besser.
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