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Patient21 auf Erfolgskurs: 100 Millionen Euro machen Berliner Start-up zu Branchenführer
Das Berliner Gesundheits-Start-up Patient21 hat sich eine Finanzierung in Höhe von 100 Millionen Euro gesichert. Die Firma kauft bundesweit Arztpraxen auf – und wird dafür heftig kritisiert.
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Das Berliner Unternehmen Patient21 ist nach einer Finanzierungsrunde in Höhe von insgesamt 100 Millionen Euro zu einem der wertvollsten Gesundheits-Start-ups in Deutschland aufgestiegen. Patient21 betreibt bundesweit Arztpraxen: zunächst Zahnarztpraxen, mittlerweile auch gynäkologische und Hausarztpraxen. Das Start-up kauft Kassensitze auf, stellt Ärzt:innen ein und zentralisiert die Verwaltung. Zuerst berichtete das Fachblatt „Handelsblatt Inside Digital Health“ über die neue Runde.
In Berlin besitzt Patient21 sieben Arztpraxen, vor allem im Westen der Stadt. Gegründet haben das Start-up 2020 der ehemalige Auto1-Manager Christopher Muhr und Nicolas Hantzsch, früher Manager bei der Supermarktkette Veganz.
An der neuen Finanzierungsrunde beteiligten sich die bestehenden Investoren Target Global, Piton Capital und Pico Venture Partners sowie Bertelsmann Investment als neuer Geldgeber. Der israelische Investor Pitango VC führte die Runde an. Als sogenanntes Series-C-Funding wird im Fachjargon eine späte Investitionsrunde bezeichnet, bei der sich die Unternehmen auf vielversprechendem Wachstumskurs und auf dem Weg zur Probabilität befinden.
Hamsterradmedizin mit unnützen Behandlungen in schlechter Qualität.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) äußerte im Dezember Befürchtungen über profitorientierte Ketten-Arztpraxen.
Doch nicht zuletzt aufgrund dieser Kapitalflüsse ist das Geschäftsmodell von Patient21 und Konkurrenten wie Avi Medical und Doktor.de umstritten. Die Start-ups erwerben eine Trägerklinik und gründen über diese im ganzen Land medizinische Versorgungszentren (MVZ).
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fürchtet, dass profitorientierte Ketten „Hamsterradmedizin mit unnützen Behandlungen in schlechter Qualität betreiben, um absurde Profitziele zu erreichen“, wie er im Dezember sagte. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin fordert eine strenge Regulierung, der Gesetzgeber solle den Einzugsbereich beschränken, mit denen Krankenhäuser MVZ gründen können.
Lauterbach hat bereits angedroht, dies umsetzen zu wollen. Am liebsten würde er Investoren verbieten, Arztpraxen über dieses Rechtskonstrukt aufzukaufen. Co-Gründer Muhr würde diesen Schritt bedauern, hat aber schon einen Plan B: „Wenn das Gesetz kommt, was ich nicht glaube, dann halten wir hierzulande unseren Bestand und konzentrieren uns auf das Ausland“, sagte er gegenüber „Handelsblatt Inside Digital Health“.
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