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Wirtschaftskrise? Nicht bei uns: Stimmung in der Berliner Reisebranche ist ausgezeichnet
Kreuzfahrten an der Ostseeküste oder Safaris in Südafrika. In der Weihnachtszeit sind die Berliner Reiseveranstalter gut gebucht. Das Geschäft läuft eher noch besser als in den Vorjahren.
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Die Dame am Hörer bittet um Verständnis. Niemand bei BVB-Touristik habe jetzt Zeit für ein Gespräch mit dem Tagesspiegel. Einfach zu viel zu tun, „wir sind schon gut gebucht über die Weihnachtszeit“. Aber für die kurzen Trips zu den Weihnachtsmärkten nach Meißen und Dresden oder zum Gänsebratenessen ins Oderbruch gibt es eben noch viele Interessenten, die bedient werden möchten.
Die Adventszeit und die Festtage zum Jahresausklang sind Hochsaison für die Reisebranche. Die einen reisen dahin, wo sich das Weihnachtsgefühl noch intensiver einstellt, andere wollen einfach raus aus der Kälte und nehmen Urlaub, um die seit Langem geplante Traumreise zu machen. Von Wirtschaftskrise oder Inflation spürt die Branche kaum etwas. Im Gegenteil.
„Der November ist gut gelaufen“, sagt Stefan Finke vom Reiseveranstalter Meso-Reisen. Vermittelt werden bei Meso vor allem Fernreisen nach Mittelamerika, Südostasien oder Australien. „Neuseeland und Australien stehen ganz oben“, so für drei Wochen ab Mitte Dezember.
Finke erklärt sich das mit den „Nachwehen von Corona. Die Länder waren lange geschlossen“. Jetzt ergreifen die Reisefans die Gelegenheit, auch wenn die Kosten deutlich höher liegen als vor Corona. „Unsere Kunden sind aber keine Familien“, eher Paare, die genügend Geld auf dem Konto haben.

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Die Preise seien überall gestiegen, aber in afrikanischen Staaten wie Tansania oder asiatischen wie Vietnam bekomme man dafür noch gute Leistungen – anders als in Europa oder den USA. Die Themen Klimakrise und Flugscham spielten bei den Kunden kaum noch eine Rolle.
Es läuft definitiv sehr gut. Wir haben zweistellige Wachstumsraten.
Jens Harder von Taruk-Reisen aus Caputh
So nimmt es auch Jens Harder von Taruk-Reisen aus Caputh wahr. Wichtiger als Klimaschutz sei in diesen kriegerischen Zeiten der Sicherheitsaspekt. Wer ist der Reiseleiter vor Ort? Sind die Unterkünfte vertrauenswürdig?
Taruk-Reisen veranstaltet hochpreisige Safaris in Südafrika, Botswana oder Namibia, schickt seine Kunden aber auch zur Silvesterfeier nach Sydney oder zum Karneval nach Rio. „Es läuft definitiv sehr gut. Wir haben zweistellige Wachstumsraten“, sagt Harder.
Lernidee-Erlebnisreisen schickt Berliner und Brandenburger auf den Mekong in Laos oder auf „Schienen-Safaris im südlichen Afrika.“ Beliebt seien aber auch Skandinavien-Abenteuer „mit Schwerpunkt Finnisch Lappland“, bei dem die Gäste „Schneeschuhwanderungen, Rentier-Safaris und Husky-Schlittentouren“ unternehmen können, berichtet Felix Willeke.
Renter müssen sich nicht einschränken
Zufrieden ist auch der Berliner Veranstalter Wörlitz-Reisen, der vor allem Rentner-Paare bedient, die lieber in die Berge reisen, nach Polen oder Tschechien, als nach Tansania oder Neuseeland.
Ihre Stammkunden müssten sich finanziell nicht einschränken, sagt Kirsten Gregor von Wörlitz-Reisen. Solange es gesundheitlich geht, werde auch gerne in der Weihnachtszeit verreist. „Wir bieten Busreisen, Kreuzfahrten, aber auch Flüge an“, zum Beispiel fünf Tage über Silvester ins Piemont.

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„Unsere Kreuzfahrten werden gut gebucht“, berichtet Uwe Liebold, Geschäftsführer von Happydaytouristik. Es gebe sogar einen Trend zu hochwertigen Reisen mit viel Inhalt. Die fünftägigen Schiffsreisen an der Ostseeküste werden inklusive Glühweinparty und Weihnachtsgaladinner angeboten.
Zur Ehrlichkeit gehört hier aber dazu, dass die Anzahl der Reisenden nicht gestiegen ist. Die höheren Umsatzzahlen sind den höheren Preisen geschuldet.
Anke Budde, Präsidentin der Allianz selbstständiger Reiseunternehmer
Warum die Kundschaft so ausgeprägt ihren Wünschen nach Ablenkung und Tapetenwechsel nachgibt, kann sich Liebold auch nicht recht erklären. „Was hier passiert, hat nichts mehr mit den Auswirkungen von Corona zu tun.“
Die „Allianz selbstständiger Reiseunternehmen“ rechnet in diesem Jahr mit einem Umsatzplus von sechs Prozent. Dennoch jubelt der Verband der Reisebüros und -veranstalter nicht. „Zur Ehrlichkeit gehört hier aber dazu, dass die Anzahl der Reisenden nicht gestiegen ist. Die höheren Umsatzzahlen sind den höheren Preisen geschuldet“, erklärt Verbandspräsidentin Anke Budde, die selbst ein Reisebüro betreibt.
Der Deutsche Reiseverband (DRV) bietet andere Zahlen, demnach ist der Umsatz im Touristikjahr 2023/24 um zwölf Prozent gewachsen, die Zahl der Gäste um acht Prozent. Im Winter würden traditionell häufiger Fernreisen gebucht als im Sommer, vor allem Malediven, die Dominikanische Republik, die Vereinigten Arabischen Emirate, Mexiko und Mauritius.
Auch die Hotels in Berlin melden viele Buchungen
Herausragend ist auch hier der Trend zur Kreuzfahrt mit einem Umsatzplus von 28 Prozent bei den Frühbuchungen für das nächste Jahr.
Und wie geht es dem Berlin-Tourismus? Visit Berlin-Sprecher Christian Tänzler fragte auf Bitte des Tagesspiegels in der Hotellerie und Gastronomie nach und bekam ein positives Feedback: „Die Buchungslage in der Adventszeit ist besser als 2023“, auch bei den höherpreisigen Hotels.
Viele Familien aus dem Rest der Republik verbrächten ein paar Tage in Berlin, über Silvester kämen dann auch viele internationale Gäste an die Spree, auch aus den USA.
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