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Axel Scheffler in seinem Atelier.

© Liam Jackson / MSPT / Museum für Kommunikation

Ausstellung im Museum für Kommunikation: „Die Umschläge geben mir völlige Freiheit“

Seepferde tragen Coronamasken, die Queen hält Händchen mit dem Grüffelo: Eine Ausstellung zeigt neue Seiten des Illustrators Axel Scheffler. Ein Gespräch.

Herr Scheffler, die Ausstellung zeigt, dass Sie bereits sehr lange auf Briefumschläge zeichnen. Wie fing das an? So richtig mit meinem Umzug nach England im Jahre 1982, als ich zum Studieren dorthin zog. Ich habe vermutlich auch vorher schon Briefe verziert, aber neben dem Telefon war die Post der Weg, um mit Freunden und Familie in Verbindung zu bleiben. Und da ich Visuelle Kommunikation studierte, war das eine Möglichkeit, solche im Alltag anzuwenden.

In Ihrem Werk sticht neben manch anderen Phantasiewesen das liebenswerte Monster Grüffelo hervor. Ist er auch Ihre Lieblingsfigur oder zwängt er Sie in ein Korsett, das Sie etwa mit dem Illustrieren von Briefumschlägen aufbrechen können? Nein, der Grüffelo ist nicht mein liebstes Buch, und auch die Leser*innen haben durchaus verschiedene „Lieblinge“. Viele der Bücher, die ich mit Julia Donaldson gemacht habe, sind sehr populär, und es gibt bei fast jedem Buch ein neues Thema. So ist für Abwechslung gesorgt. Die Umschläge geben mir völlige Freiheit, ohne Auftrag oder Textvorgaben zu zeichnen. Das ist manchmal erholsam.

Die Briefmarken liegen in einer großen Schachtel und warten auf ihren Einsatz.

Axel Scheffler, Illustrator und „Vater“ des Grüffelo

Jeder einzelne Ihrer bemalten Briefumschläge sieht anders aus. Briefmarken spielen eine große Rolle, sie werden häufig in die Komposition einbezogen. Haben Sie die speziell ausgesucht? Die Queen kommt sehr oft vor. Ich richte mich nach dem, was die „Royal Mail“ so anbietet und die Royal Family inklusive Queen taucht natürlich immer wieder auf. Ich kaufe die monatlich herauskommenden Briefmarken, so sie mir gefallen und habe über die Jahre auch viele aufgehoben. Sie liegen in einer großen Schachtel und warten auf ihren Einsatz. Leider kann man die Sondermarken kaum noch im Post Office kaufen - ich muss sie digital bestellen.

Die Umschläge sind ja auch eine persönliche Art der Kommunikationsform zu den Adressaten. Sind spezielle Themen und Motive mit bestimmten Personen verbunden? Irgendwie schon bei manchen Freund*innen. Herr Spreckelsen, ehemals Wissenschaftsredakteur der FAZ, bekommt häufig arktische Motive, andere kriegen Eichhörnchen, Schnabeltiere oder Krokodile, in der Hoffnung, dass sie das erfreut. Meine Kollegin Anke Kuhl beispielsweise bekommt öfters mal was Makaberes oder Düsteres, weil ich annehme, dass sie dafür eine Schwäche hat.

Sind aus manchen Ideen auch neue Bücher entstanden? Nein, ein Ausgangspunkt für Bücher sind die Umschläge nie gewesen. Ich schreibe ja auch nicht selbst und bin auf die Ideen von Autor*innen angewiesen.

Sie haben die „Platipost“ erfunden und einen persönlichen Stempel für einen Schnabeltier-Briefträger benutzt. Was hat es damit auf sich? Eine langjährige Freundin in Hamburg liebt Schnabeltiere und so bot es sich an, ihr welche auf die Umschläge zu zeichnen. Irgendwann entstand der Platipost-Beamte (engl. platypus = Schnabeltier). Er tauchte immer wieder auf - das ist eigentlich das einzige Motiv „in Serie“ auf den Umschlägen.

Ihre Kollegin Rotraut Susanne Berner behauptet, Sie hätten ein eigenes Genre entwickelt, und viele Illustratoren zu eigenen Umschlagsgestaltungen angespornt? Das halte ich für übertrieben. Es gibt zahlreiche Illustratoren, die ihre Post so verzieren. Mir fiel Ende der siebziger Jahre ein Buch mit illustrierten Umschlägen von Jean-Michel Folon [Anm.: ein belgischer Künstler, 1934-2005] in die Hände und das hat mich dann angeregt. Der Verleger von Andersen Press hat eine riesige Sammlung mit Post seiner Illustratoren*innen, die auch in Buchform erschienen ist („Letters to Klaus“).

Ein Brief ist ein fragiles Format, das unterwegs nass werden oder beim Aufreißen beschädigt werden kann. Umso erstaunlicher, dass die Umschläge aus Ihrem Briefverkehr meist aufgehoben wurden und nun angeschaut werden können. Es freut mich natürlich, dass die meisten Empfänger sie aufgehoben und sie der Ausstellung zur Verfügung gestellt haben.

Das Briefeschreiben gehört zu den aussterbenden Kommunikationsformen. Werden Sie dem Brief weiterhin treu bleiben - und denken Sie, dass er ein Comeback erleben wird? Nein, ich rechne nicht wirklich mit einem großen Comeback des Briefeschreibens - aber ich mache weiter. In England gibt es die „Handwritten Letter Appreciation Society“, die sich für den Erhalt des handgeschriebenen Briefes einsetzt. Da bin ich jetzt Mitglied geworden.

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