
© REUTERS/LIESA JOHANNSSEN
Berlins Zwergflusspferd zieht nach Frankreich : Diesen Sonntag ist Toni ein letztes Mal im Zoo zu sehen
Es ist Zeit, Abschied zu nehmen: Das kleine Zwergflusspferd Toni verlässt die Hauptstadt und zieht in die weite Welt. Nur noch am Sonntag können Besucher:innen sie in Berlin sehen.
Stand:
Tschüss und gute Reise heißt es derzeit im Berliner Zoo. Denn das beliebte Zwergflusspferd Toni verlässt die Hauptstadt und zieht ins elsässische Mulhouse nach Frankreich. Der kleine Internetstar hat im vergangenen Jahr tausende Menschen verzaubert – nicht nur online.
Zum Abschied hat sich der Zoo etwas Besonderes für die letzte Woche überlegt: Bei einer täglichen „Toni-Time“ können Besucher:innen das Zwergflusspferdmädchen beobachten, wie sie mit einem Wasserstrahl geduscht wird und dabei ein paar Erdnüsse zu futtern bekommt. Die mag sie wohl besonders gerne.
Der Tagesspiegel hat Toni bereits am Dienstag einen Abschiedsbesuch abgestattet. „Schon schade, dass sie nun umzieht“, sagt eine Frau und macht ein Foto von der kleinen Toni in der Innenanlage der Hippo Bay. „Me and Toni“, spricht eine andere aufgeregt in ihre Handykamera, als sie ein TikTok-Video von sich und dem Zwergflusspferd macht.

© Franziska Apfel
„Wir hätten nicht gedacht, dass nochmal so viele vorbeikommen“, sagt Kurator Florian Sicks und beobachtet die Besucher:innen, die sich ganz nah an die Scheibe drängen, um noch einen Blick auf Toni zu erhaschen und ein letztes Foto zu machen.
Sicks betreut unter anderem die Zwergflusspferde. Dass Toni den Zoo nun verlässt, sei völlig normal und auch genau richtig. „Sie ist jetzt über ein Jahr alt und damit eigentlich in dem Alter, wo die Mutter sich erneut fortpflanzt und ein neues Jungtier bekommt“, erklärt er. Das sei der Moment, an dem die Jungtiere ihre Mutter verlassen und allein losziehen. „Zwergflusspferde sind Einzelgänger und wir versuchen im Rahmen unserer Möglichkeiten das natürliche Verhalten nachzuempfinden.“
Zwergflusspferde gelten als stark gefährdet. Ihre natürlichen Lebensräume in den Regen- und Sumpfwäldern der Elfenbeinküste, Guinea, Liberia und Sierra Leone werden durch Abholzung und landwirtschaftlicher Nutzung immer kleiner. Zudem werden die Tiere illegal gejagt. Eine Auswilderung sei derzeit nicht möglich und stehe völlig außer Frage, sagt Sicks.
Somit geht es für Toni nach Frankreich in ein nigelnagelneues Gehege. Dort soll sie mit einem männlichen Zwergflusspferd zusammen untergebracht werden und wird – so der Plan – selbst eine Familie gründen, sagt Sicks. Bis das so weit ist, wird es noch eine Weile dauern, denn Zwergflusspferde sind erst mit drei bis fünf Jahren geschlechtsreif.

© Franziska Apfel
Der Umzug findet im Rahmen des sogenannten Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) statt. Das koordiniert die Verteilung und Zucht der Tiere in Europa, um eine genetische Vielfalt sicherzustellen und Inzucht zu verhindern. „Welches Tier dann wohin zieht, hängt von der Genetik und vom Bedarf ab“, sagt Sicks. „In Tonis Fall ist es jetzt so, dass durch das neue Gehege auch ein neues Pärchen zusammengestellt wird.“
Damit die Reise ohne Probleme funktioniert, wird das Zwergflussmädchen bereits seit Wochen an eine Transportbox gewöhnt. „Toni wiegt jetzt etwa 100 Kilogramm, das muss die Box natürlich aushalten“, sagt Sicks. „Pappe geht da nicht.“ Die Box sei so gestaltet, dass Toni problemlos stehen und liegen, essen und trinken kann. Für das leibliche Wohl ist also gesorgt.
Ansonsten sei der Umzug eher unspektakulär. „Durch das Training kennt Toni die Art Box und schläft teilweise sogar darin. Es ist jetzt wie ihr zweites zu Hause“, sagt Sicks und lacht. „Am Umzugstag wird dann einfach die Klappe zugemacht und dann wird Toni nach Mulhouse gefahren“.

© Franziska Apfel
Bezahlen muss der Zoo für den Transport übrigens nichts. „Die Kosten trägt der Empfänger“, sagt Sicks. Für Toni erhält der Zoo kein Geld. „Die Tiere werden in Europa zwar getauscht, es wird aber niemals Geld dafür bezahlt“. Das sei für die Zucht und die Standards der Zoos ganz zentral, auch um keine Konkurrenz unter den Zoos zu schaffen. Außerdem gehe es um den Arterhalt und nicht um das Geschäft.
Ein bisschen Wehmut schwingt aber doch mit. „Toni ist bei den Pflegern sehr beliebt“, sagt Sicks. „Besonders macht sie vor allem, dass sie eine vor ganz, ganz wenigen Zwillingsgeburten war.“ Das sei bei Zwergflusspferden sehr selten und mache sie damit „schon ein bisschen einzigartig“. Von den etwa 1600 Geburten, die das EEP erfasst hat, habe es bisher nur 16 Geburten dieser Art gegeben. Tonis Zwilling ist jedoch kurz nach der Geburt verstorben.

© Franziska Apfel
Als Zwilling war Toni um einiges kleiner und leichter als ein durchschnittliches Zwergflusspferdbaby. Statt der üblichen etwa fünf Kilogramm habe sie nur dreieinhalb auf die Waage gebracht. „Das ist natürlich schon mal ein schwerer Start ins Leben“, sagt Sicks. „Und dann hat sich ja auch noch ihre Mutter leicht auf sie draufgesetzt und ihr den Beckenkamm gebrochen.“
Doch zu sehen, wie das kleine Hippo immer größer wurde, kräftig zunahm und das Becken gut heilte, sei sehr schön gewesen, sagt Sicks. „Am Anfang zittert man dann doch immer ein bisschen, ob alles gut geht.“ Ein Erfolg, besonders für die Pflegerinnen und Pfleger, sagt er. Auch die spätere Patenschaft mit dem Fußballspieler Antonio Rüdiger sei ein Highlight für den Zoo gewesen.
Dass Toni dann quasi eine Markenbotschafterin für ihre Art und den Tierschutz wurde, habe dann aber doch überrascht. Auf Social Media ging das Zwergflusspferd viral, verzauberte mit ihrem niedlichen Gesicht Millionen Menschen weltweit. „Das ist ja eigentlich das, was wir uns für jedes Tier erhoffen“, sagt Sicks. „Ich glaube, Toni hat für ein neues Bewusstsein für Zwergflusspferde gesorgt und ihnen eine ganz neue Aufmerksamkeit verschafft“.
Ob sich diese Aufmerksamkeit auch mit dem Umzug nach Frankreich hält, wird sich zeigen. Der Zoo freue sich jedenfalls für das kleine Nilpferd. „Es ist schön, dass wir ein bisschen zum Erhalt der Tiere beitragen können und Menschen mehr über Artenschutz erfahren – und dazu hat auch Toni einen wichtigen Beitrag geleistet“, sagt Sicks.
Nun heißt es Lebewohl sagen. Diesen Sonntag ist das kleine Hippo-Mädchen ein letztes Mal für die Besucher:innen im Berliner Zoo zu sehen. Und dann heißt es: Au revoir, Toni! Schön war‘s.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: