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Planung für den Winterfeldtkiez. Der Immobilienentwickler Diamona & Harnisch will 225 Wohnungen an der Pallasstraße/Elßholzstraße/Gleditschstraße bauen.

© Promo

Luxuswohnungen für Berlin-Schöneberg: Bezirk hält großes Wohnungsbauprojekt für nicht genehmigungsfähig

Im Winterfeldtkiez soll ein Wohnblock entstehen. Der Bezirk lehnte den Antrag ab. Jetzt entscheidet die Senatsverwaltung. Die hatte sich zuvor positiv geäußert.

Die Schöneberger Gleditschstraße ist derzeit eine einzige Baustelle. Die Straße ist aufgebuddelt; die Wasserbetriebe sanieren ihre Rohre. Diese Arbeiten sind für die Anwohner vielleicht lästig, aber hinnehmbar. Denn Infrastruktur muss erneuert werden. 

Sorgen machen sich etliche von ihnen hingegen wegen bevorstehender Bauarbeiten. Aufmerksam wurden sie, als im vergangenen Monat Bäume gefällt wurden – auf der Straße und auf dem Grundstück des alten AOK-Gebäudes. Spätestens in dem Moment wurde ihnen klar, hier passiert etwas.

An Pallasstraße, Gleditschstraße, Elßholzstraße entsteht ein massiver Wohnbaublock, der das Quartier ordentlich verändern wird. Der Immobilienentwickler Diamona & Harnisch, der beispielsweise an der Kurfürstenstraße das Carré Voltaire gebaut hat, will dort das Projekt „Am Winterfeldt“ verwirklichen. 

Geplant ist in sogenannter Blockrandbebauung ein Ensemble aus sieben Gebäuden mit sechs Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss. 225 Wohnungen sollen entstehen sowie acht Gewerbeeinheiten. Die Gebäude umschließen einen begrünten Innenhof oberhalb einer Tiefgarage mit 79 Stellplätzen sowie 400 zum Teil mit elektrischen Anschlüssen versehenen Fahrradstellplätzen.

Im Sommer wurde keine Baugenehmigung erteilt

Das bezirkliche Bauamt hält es in seinen Ausmaßen für nicht genehmigungsfähig und erteilte im Sommer keine Baugenehmigung. Es bemängelte die „monotonen , langgestreckten Fassaden“, die sich in der Elßholzstraße und der Gleditschstraße über 78 Meter entlangziehen würden, in der Pallasstraße über 74 Meter.

Außerdem seien durch die geplanten Mittel- und Seitenflügel sowie durch die Anzahl der Geschosse die zulässigen Nutzungsmaße weit überschritten. Die geplante Höhe der Bauten überstiege die ortsübliche Bebauung. Außerdem würden die Flügelbauten die Innenhöfe und nach innen liegenden Balkone der vorhandenen Wohnhäuser verschatten.

[Mehr zum Thema: Sechs Visionen: Wie die Innenstädte der Zukunft aussehen könnten (T+)]

Zudem liege ein angrenzendes Wohnhaus in der Gleditschstraße zehn Meter zurückgesetzt von der Baufluchtlinie; deshalb werde bei dem Neubau eine zehn Meter lange Brandwand angrenzen, die „städtebaulich respektive gestalterisch äußerst unbefriedigend ist und einen neuen städtebaulichen Missstand produziert“, heißt es in der Ablehnung des Bezirksamts. 

In dieser wird zudem darauf verwiesen, dass die benachbarte Sophie-Scholl-Schule unter Denkmalschutz stehe und deswegen ein Umgebungsschutz gelte. Auch Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne) sagt, dass das Vorhaben in diesen Dimensionen nicht genehmigungsfähig ist.

Das alte AOK-Gebäude an der Pallas-/Ecke Gleditschstraße muss weichen.
Das alte AOK-Gebäude an der Pallas-/Ecke Gleditschstraße muss weichen.

© Privat

In der zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen kam man zu einem anderen Ergebnis als der Bezirk. Die übergeordnete Behörde hatte keine grundsätzlichen städtebaulichen und planungsrechtlichen Bedenken, hieß es in einem Schreiben an das Bezirksamt im August. Lediglich in kleineren Punkten sollte nachgebessert werden.

Man empfahl beispielsweise, die Fassade etwa durch Erker und Farbgestaltung zu akzentuieren, beim Staffelgeschoss die Terrassenbrüstung transparenter zu gestalten und auf Balkone an den Enden der Seitenflügel zu verzichten. Die zehn Meter lange Brandwand sei zulässig und müsse von den Bewohnern des Nachbarhauses hingenommen werden, hieß es in der Stellungnahme der Senatsverwaltung an den Bezirk.

Die dortigen Verantwortlichen schlossen sich der Auffassung aber nicht an und blieben bei der Ablehnung des Projekts in dieser Größenordnung. Jetzt liegt die Entscheidung darüber wieder auf der Senatsebene. Wann es soweit sein wird, konnte eine Sprecherin der Senatsverwaltung noch nicht sagen. Der Vorgang werde weiter geprüft.

Auf dem asiatischen Markt wird schon geworben

Während die Investoren noch auf eine Baugenehmigung warten, wird mit der Vermarktung bereits begonnen. Auf dem asiatischen Markt kursieren bereits Unterlagen über das Projekt. In der Beschreibung heißt es: „Durch die ausgezeichnete Arbeit der Architekten mit viel Liebe zum Detail fügt sich das Ensemble 'Am Winterfeldt' hervorragend in seine Umgebung ein und komplettiert das Bild der Nachbarschaft so auf perfekte Weise. Die angewandte Bauweise greift klassische Elemente des Berliner Stadthausstils auf und kombiniert diese geschickt mit modernen Strukturen.“

Für die zu vermarktenden Eigentumswohnungen werden in den Unterlagen Preise zwischen 7400 und 12.000 Euro pro Quadratmeter genannt. Auf dem deutschen und europäischen Markt wird nach Angaben des Unternehmens bisher nicht geworben. 

„Wir sondieren derzeit alternativ die Vermarktung als Eigentumswohnungen oder als Mietwohnungen. Sollte die Entscheidung zugunsten einer Entwicklung von Eigentumswohnungen ausfallen, werden diese auch auf dem hiesigen Markt angeboten werden“, teilte das Unternehmen auf meine Anfrage mit. Geplant ist, mit den Bauarbeiten im zweiten Quartal dieses Jahres zu beginnen. Ende 2023 sollen die Gebäude stehen.

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