
© Luise Wagener
Arbeitsbedingungen von Gefangenen in der ehemaligen DDR: Neue Ausstellung „Neue Küche“ in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen
Nähen, Waschen, Bügeln und natürlich Kochen. Gefangene in der ehemaligen DDR mussten mithelfen, den Betrieb in der Haftanstalt aufrecht zu erhalten.
Stand:
Eine neue Ausstellung zeigt die Arbeitsbedingungen von Gefangenen in der ehemaligen DDR. Die Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in Berlin-Hohenschönhausen benötigte Arbeitskräfte, um den Gefängnisbetrieb aufrechtzuerhalten und die politisch Inhaftierten zu versorgen. Dafür griff die Staatssicherheit auf Strafgefangene zurück und bildete Arbeitskommandos, geteilt in Frauen und Männer.
Während Männer eher in der Tischlerei arbeiteten oder Autos reparierten – und zwar die der Mitglieder des Ministerrats der DDR, waren die Aufgaben der Frauen meistens: Nähen, Waschen Bügeln und Kochen.
Die neue Ausstellung „In Zwangsgemeinschaft. Die Arbeitskommandos der Strafgefangenen in Hohenschönhausen“ in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen widmet sich diesem bisher kaum erforschten Thema. Die Eröffnung in der Genslerstraße 66 fand am 23. Februar statt.
250 Mahlzeiten pro Tag
Für die neue permanente Ausstellung wurde ein erhalten gebliebenen, rund 500 qm großer Küchen- und Wohntrakt des Gefängnisses neu eröffnet. Hier waren bis 1989 Strafgefangene des Frauenkommandos „Neue Küche“ tätig und untergebracht. Über 250 Gerichte wurden hier täglich zubereitet. Der virtuelle Rundgang erzählt zum Beispiel von einem Rezept für 200 Portionen Kartoffelsuppe oder einer lesbischen Beziehung unter den Gefangenen, die tragisch endet.
Historische Möbel und Gerätschaften sowie Küchenutensilien werden an ihrem ursprünglichen Stand- bzw. Lagerorten präsentiert und ermöglichen ein Eintauchen in den Haft- und Arbeitsalltag der Strafgefangenenkommandos.

© Luise Wagener
Die zentralen Ausstellungsinhalte wie Fotos, Video- und Audiodokumente, Berichte von Zeitzeug:innen oder auch nachgesprochene Auszüge aus Spitzelberichten an die Stasi werden über eine Augmented-Reality-App zugänglich gemacht. Aufnahmen von Zeitzeug:innen und in 3D ermöglichen zudem eine virtuelle Begegnung mit ehemals Inhaftierten.
Die Zeitzeugin Wilma Reuß zum Beispiel erzählt den Besucher:innen über eine App, wie sie mal vergessen hatte, mehrere Kilo Hähnchenfleisch zu kühlen. Sie war Teil des Arbeitskommandos „Neue Küche“. Sie bekam Panik, hatte Angst vor einer Strafe. Sie schnitt das vergammelte Fleisch in kleine Stücke. warf alles in den Abfluss und wurde nicht erwischt. „Aber es stank bestialisch.“
Historisches Rollenbild von weiblichen Inhaftierten in der DDR
Die Gedenkstätte will sich mit der neuen Ausstellung auch mit dem historischen Rollenbild von weiblichen Inhaftierten in der DDR eingehender befassen. „Der Fokus soll auf Frauen gelegt werden“, sagt Projektleiterin Eva Fuchslocher. „Frauen waren eine noch kleinere Gruppe, noch marginalisierter unter den Gefangenen.“ Mit der Ausstellung soll ein neues Kapitel in der Aufarbeitung der DDR-Geschichte erschlossen werden.
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