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Beate Willenberg (links) leitet das Café Pinjo in Wilmersdorf, das Menschen mit Beeinträchtigungen beschäftigt.

© Cay Dobberke / TSP

Berliner Sozialprojekt: Gemeinnütziges Café braucht neuen Ort in Wilmersdorf

Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen verschafft das „Café Pinjo“ seit mehr als 25 Jahren eine sinnvolle Beschäftigung. Doch bald soll das ganze Haus abgerissen werden.

Neue Räume sucht das gemeinnützige Café Pinjo an der Johannisberger Straße 64. Beate Willenberg (links im Bild) leitet das Tageszentrum Wilmersdorf der Pinel Gesellschaft mit dem Café. Als „Beschäftigungs-Tagesstätte“ soll es Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen eine Struktur im Tag verschaffen und persönliche Begegnungen ermöglichen. Um Qualifizierungen für den ersten Arbeitsmarkt geht es dagegen nicht.

Seit mehr als 25 Jahren besteht das Café in einem ehemaligen Schwesternwohnheim, das in den 1960er Jahren gebaut worden war und der landeseigenen Wohnungsgesellschaft Gesobau gehört. Inzwischen ist das Gebäude so marode, dass die Gesobau den Abriss zugunsten eines neuen Wohnhauses plant.

Wegen der schlechten Bausubstanz soll das rund 60 Jahre Haus an der Johannisberger Straße einem Neubau weichen.
Wegen der schlechten Bausubstanz soll das rund 60 Jahre Haus an der Johannisberger Straße einem Neubau weichen.

© Cay Dobberke / TSP

Bis zum Jahresende muss der soziale Träger ausziehen. Seit dem August 2022 wird ein Ersatzstandort gesucht, bisher aber ohne Erfolg. Die Räume müssten wieder in Wilmersdorf liegen, weil der Sozialpsychiatrische Dienst des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf die Klientel aus dem Ortsteil heraus vermittelt. In neuen Räumen brauche man rund 480 Quadratmeter Fläche, hat Beate Willenberg errechnet. Außerdem sei natürlich eine Gastronomie-Zulassung nötig.

Das Café sei „das Herzstück“ des Tageszentrums, sagt sie. Es gibt aber noch mehr Angebote für die psychisch beeinträchtigten Menschen, darunter Ergotherapie und Bewegungsübungen. Willenberg lässt sich vom Gedanken leiten, dass es sich um „Menschen mit Fähigkeiten und Talenten“ handele, auch wenn ihnen dies oft selbst kaum bewusst sei.

Wie die Arbeit im Café ihnen nutzt, haben uns Martin Gos und Lore Damitz-Wagner erklärt. Sie sind die gewählten Sprecher der derzeit 27 betreuten Menschen (auf unserem Foto aus der Küche stehen sie in der Mitte und rechts). Gos ist gelernter Hotelfachmann und leidet unter einer paranoiden Schizophrenie. Im Café kümmert er sich hauptsächlich um den Abwasch. „Hier habe ich etwas zu tun, statt zu Hause herumzugammeln“, sagt er. Für Lore Damitz-Wagner ist das Team „wie eine zweite Familie“. Sie fühlt sich „gut aufgehoben, aber nicht betüttelt“.

Die Cafégäste kommen aus der Nachbarschaft zum Mittagessen. Einige wohnen in der Autobahn-Überbauung an der Schlangenbader Straße, andere arbeiten in einer Zahnklinik.

Geöffnet ist dienstags bis freitags von 12 bis 14.30 Uhr. Alle Speisen können auch mitgenommen werden. Zum Angebot gehören vor allem deutsche Speisen, aber auch Spezialitäten aus anderen Ländern. Hauptgerichte mit Fleisch oder Fisch kosten sieben Euro und vegetarische Mahlzeiten 6,30 Euro. Außerdem gibt es immer Grüne-Bohnen-Eintopf für 4,50 Euro. Besonders beliebt sei der neue „Schnitzeltag“ am Donnerstag, sagt Beate Willenberg. „Dann sind manchmal alle Plätze belegt.“

Darüber hinaus bietet das Team ein Catering für Veranstaltungen an, kocht täglich für rund 25 Kinder und Jugendliche im Schulz-Hencke-Heim an der Schlangenbader Straße und serviert montags Suppe sowie selbstgebackene Waffeln im „Linden Café“ der evangelischen Lindenkirchengemeinde an der Johannisberger Straße. 

Elf Festangestellte, zu denen zwei Köche gehören, betreuen im Tageszentrum die psychisch beeinträchtigten Menschen. Deren relativ häufige Fehlzeiten bezeichnet Willenberg als „Herausforderung“ im Cafébetrieb. „Notfalls müssen alle Beschäftigten in die Spülküche oder den Service“, auch sie selbst bediene dann manchmal die Gäste.

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