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Streit um Wahlkreise in Kreuzberg beendet: Berliner Bezirksaufsicht entscheidet gegen Grüne
Der Polit-Thriller um die Zuschnitte der Wahlkreise hat ein jähes Ende: Die Bezirksaufsicht hat gegen das grüne Bezirksamt entschieden. Wie kam es zu dem Streit – und worum geht es?
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Herber Rückschlag für die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg: Die Innenverwaltung entschied am Donnerstag gegen den umstrittenen Wahlkreiszuschnitt, den die Grünen im Bezirksamt gegen die Mitglieder von CDU, SPD und Linke und durchgesetzt hatten. Der Entwurf für den Bezirksamts-Beschluss kam direkt aus einem Parteibüro der Grünen.
Vor anderthalb Wochen hatte das Bezirksparlament (BVV), in dem CDU, SPD und Linke eine Mehrheit haben, dann den Beschluss des Bezirksamts aufgehoben und einen vom zuständigen Fachamt vorgeschlagenen Wahlkreiszuschnitt beschlossen. Dagegen erhob Grünen-Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann Einspruch bei der Innverwaltung – ohne Erfolg. „Nach alledem gilt die von der BVV beschlossene Wahlkreiseinteilung im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg“, heißt es in der Entscheidung der Bezirksaufsichtsbehörde, die dem Tagesspiegel vorliegt.
„Parteipolitischen Manövern wurde ein Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt René Pérez-Domínguez, Vorsitzender der Linksfraktion. SPD, CDU und Linke hatte den Grünen vorgeworfen, mit dem Wahlkreiszuschnitt ihre Chancen auf Direktmandate bei der kommenden Abgeordnetenhauswahl erhöhen zu wollen. Im Bezirksamt setzten die Grünen den Plan aus ihrem Parteibüro durch die doppelt zählende Stimme von Bürgermeisterin Clara Herrmann durch. Das zuständige Rechtsamt hatte zuvor zwei andere Varianten zur Auswahl vorgelegt.
Linke, SPD und CDU gegen Grüne
Daraufhin hatten Linke, SPD und CDU in einer Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gegen diesen Beschluss des Bezirksamtes gestimmt und sich für die Variante aus dem Rechtsamt entschieden. Laut der Linke wurde so der Beschluss im Bezirksamt ersetzt. Die Frage war nun, ob die BVV dies kann.
Laut Bezirksaufsicht war der Vorgang rechtens und das Bezirksamt hat keine Möglichkeit mehr, den Beschluss der BVV anzufechten. Demnach kann die BVV einschreiten und Beschlüsse des Bezirksamts aufheben. In der BVV haben Linke, SPD und CDU zusammen mehr Stimmen als die stärkste Fraktion der Grünen.
„Wichtiger Schritt für die Demokratie“
Die Linken sprechen von einem „wichtigen Schritt für die Stärkung demokratischer Verfahren“. Es sei zu begrüßen, dass „das Bezirksamt politisch überprüft werden kann“.

© Tagesspiegel I Stand: 14. August 2025 I Rita Boettcher
Jan Thomas Alter von der CDU sieht „einen guten Tag für die Demokratie“. Der Versuch der Grünen, „ihre Machtbasis mit manipulativen Wahlkreisverschiebungen zu retten, ist krachend gescheitert“.
Auch Grüne begrüßen die Entscheidung
Auch die Fraktion der Grünen in der BVV begrüßt die Entscheidung der Aufsicht und dass „die Rolle der BVV als zentrales politisches Gremium im Bezirk gestärkt wurde“. In einer Mitteilung heißt es weiter: „Auch wenn wir in der inhaltlichen Frage einen anderen Weg bevorzugt hätten, begrüßen wir die abschließende Klärung in diesem Präzedenzfall durch die Bezirksaufsicht.“
Durch diese schnelle Entscheidung sind die Wahlen in Berlin zum Abgeordnetenhaus im September 2026 nicht gefährdet. Anlass für den Streit war die Streichung eines Wahlkreises: Für die Wahlen bleiben in Friedrichshain-Kreuzberg lediglich fünf statt bislang sechs Wahlkreise, weshalb diese neu verteilt werden müssen. Zwar wird die Anzahl der Wahlkreise vom Berliner Senat festgelegt, die örtliche Abgrenzung dieser jedoch von den Bezirken selbst.

© Tagesspiegel I Stand: 14. August 2025 I Rita Boettcher
SPD, Linke und CDU hatten den Grünen vorgeworfen, eine selbst beschlossene Variante durchdrücken zu wollen, bei der sie sich selbst bevorteilen. Es geht hauptsächlich um Wahlkreis 4, der zuletzt zweimal in Folge von Damiano Valgolio (Linke) gegen Monika Herrmann (Grüne) gewonnen worden war.
Nach dem Willen der Grünen sollte der bisher vollständig in Friedrichshain liegende Wahlkreis nun um einen Teil von Kreuzberg ergänzt werden – wo die Ökopartei traditionell stark ist. Der Vorwurf der Opposition wirkt schwer und lautet: „Gerrymandering“ à la Donald Trump. Auch von einigen Grünen-Politiker:innen selbst war zu vernehmen, ihre Partei habe sich mit den Vorgängen keinen Gefallen getan.
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