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Gentrifzierung auf dem Fußballplatz: „Wir haben hier die Aperol-Spritz-Fraktion und die Biertrinker“
Im Kiez um die Auguststraße in Berlin-Mitte gibt es nur noch wenige alteingesessene Orte. Der Fußballplatz Bero ist einer davon. Wie der Verein damit umgeht, erzählt der 2. Vorsitzende Tilmann Häußler.
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Was hat Sport mit Gentrifizierung zu tun? Auf den ersten Blick wenig, auf den zweiten viel. Der Fußballverein Blau-Weiss Berolina Mitte ist in einem Kiez zu Hause, in dem es nur noch wenige alteingesessene Orte gibt. Der Bero in der Kleinen Hamburger Straße mit Blick auf den Fernsehturm gehört auf jeden Fall dazu.
Zwischen teuren Geschäften, Restaurants und Eigentumswohnungen ist der Fußballplatz ein Treffpunkt für alle geblieben. Hier sieht der CEO eines internationalen Unternehmens seinem Sohn beim Training zu, während drinnen im Vereinslokal Nachbarn Fußball gucken, die schon vor der Wende hier lebten. „Wir haben hier die Aperol-Spritz-Fraktion und die Biertrinker“, sagt Tilmann Häußler. Er ist 2. Vorsitzender des Vereins und kennt die Gegend seit seiner Kindheit.
Der Fußballverein gründete sich 1991 aus dem Zusammenschluss von Medizin Mitte, Mannschaft der Charité, und der BSG Motor Mitte, einem Verein, der schon zu Mauerzeiten seine Heimspiele hier austrug. Seitdem hat sich die Nachbarschaft stark verändert und die Menschen, die hier trainieren.

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Die Gentrifizierung habe für den Verein Vor- und Nachteile, sagt Häußler. Die Mannschaften seien internationaler geworden. „Anfang der 2000er-Jahre hatten wir auch Nazis im Verein, die sind jetzt weg, darüber bin ich froh“, sagt er. Heute spielen Menschen aus vielen unterschiedlichen Nationen auf dem Bero. Zudem hat der Verein eine Frauenmannschaft, die in der Berlinliga Tabellenplatz 4 belegt. Auch Dank der Mädchen- und Frauenmannschaften sind die Mitgliederzahlen stark gestiegen.
Doch viele Zugezogenen wollen sich nicht im Verein engagieren, sagt Häußler. So sei die Nachfrage nach Fußballtraining groß, aber Trainer zu finden, schwierig. Viele Eltern seien bereit, viel Geld zu bezahlen und Ausrüstung zu sponsern, aber hätten keine Zeit für den Verein.
Ein Fußballplatz, zwei Welten
Tilmann Häußler kommt es manchmal vor, als bestünde der Bero aus zwei Welten: zugezogene Berlin-Mitte-Familien und alteingesessene Berliner. Tagsüber trainieren die Kinder, abends die Erwachsenen. Da die Männer, dort die Frauen. Hinzubekommen, dass sich die Gruppen mischen, sei gar nicht so einfach. Gemeinsame Feiern sollen das ändern. „Da kommen dann auch vegetarische Würstchen auf den Grill, damit alle zufrieden sind“, sagt Häußler.
Der Fußballplatz wirkt im Hochglanz-Kiez wie aus der Zeit gefallen. Im Vereinslokal hängen Fan-Artikel, die sich über die Jahre angesammelt haben. Davor stehen ein paar Biertische. „Die Leute kommen hier her und feiern das Nostalgische“, sagt Häußler.
Vom Platz aus sind teure Wohnungen zu sehen, Neubauten mit verglasten Fronten. Beschwerden von Nachbarn wegen Lärm gebe es trotzdem kaum, sagt Häußler. Der Bero gehöre eben zum Kiez.
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