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Licht fällt während eines Baustellenrundgangs vor dem Richtfest des Großaquariums Ocean Berlin in das Hauptbecken.

© dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Haie, Rochen, Millionen Liter Wasser: Neue Protestwelle trifft Riesen-Aquarium „Ocean Berlin“ zum Richtfest

Berlins Groß-Aquarium „Ocean Berlin“ nähert sich der Fertigstellung. Kritische Anwohnende und Tierschützer wollen das nicht hinnehmen – und planen jetzt neue Aktionen.

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„Berlin ist eine schöne Stadt, aber es fehlt das Meer“, sagt Erez Ben-Nun, Manager der Coral World GmbH aus Israel. Das Unternehmen errichtet mit „Ocean Berlin“ das bereits sechste Riesen-Aquarium weltweit. Alle liegen am Meer – außer dem Neubau in Berlin.

Das Projekt entsteht am Rummelsburger See und wurde bereits vor dem Baustart vor Jahren scharf kritisiert. Ein Unterwasser-Zoo mit Haien, Hotel und neun Millionen Liter Trinkwasser. Am Freitag war Richtfest. Auch Martin Schaefer (CDU), Bürgermeister des Bezirks Lichtenberg, war unter den Gästen.

Einige Initiativen und Anwohnende protestieren – und vertreten die Haltung: wir brauchen kein Meer, sondern Wohnungen. Bereits seit 2019 wird gegen das „Tourismusprojekt“ demonstriert. Während am Freitag dann das Unternehmen den Baufortschritt im Gebäude vorstellte, sind für Samstag erneute Aktionen von Anwohnenden und Tierschützer:innen angekündigt worden.

Die Baustelle des Großaquariums „Ocean Berlin“ aus Drohnensicht.

© dpa/Sebastian Gollnow

An der Rummelsburger Bucht existierte vor sechs Jahren das größte Obdachlosenlager Deutschlands, bis es 2021 geräumt wurde. Nun entsteht der riesige Meerespark „Ocean Berlin“ mit neun Millionen Liter Leitungswasser, die zu Meerwasser umgewandelt werden müssen. Auch das bedeutet einen großen Unterschied zu den anderen Standorten des Unternehmens, wo Meerwasser leicht beschaffbar ist.

„Ocean Berlin“: Besucher in Booten können Haie betrachten

Auf dem großen Becken mit einem Fassungsvermögen von rund 7 Millionen Liter Wasser sollen Haie zu sehen sein und auf Booten betrachtet werden können. Die Fische sollten eigentlich bereits vor Ort sein, allerdings gebe es Verzögerungen und die Regularien in Deutschland seien aufwändig, so Coral World.

Auch die Eröffnung muss etwas verschoben werden. Die Fertigstellung ist zwar weiterhin für Mai 2026 geplant. Bis die Fische angekommen und eingewöhnt sind, könne es dann noch etwas länger dauern. Während sich Coral World als Hüter und Erhalter der Meereswelt betrachtet, gibt es immer wieder Kritik von Umweltverbänden.

Vorläufige Entwürfe für Ocean Berlin an der Rummelsburger Bucht.

© Coral World

Diese kritisieren, dass ein solches Groß-Aquarium zur weiteren Plünderung der Meere beitrage. „Tiere, die durch die kapitalistische Klimazerstörung in der Natur aussterben, können in solchen Riesen-Aquarien dann gegen hohen Eintritt betrachtet werden“, heißt es zum Beispiel in der Ankündigung für die Proteste am Samstag auf der Plattform „indymedia“. „Dabei tragen Unternehmen wie Coral World durch ihre schlechte Umweltbilanz dazu bei, dass die Temperaturen weltweit weiter steigen und noch mehr Tiere in der Natur verschwinden.“

Benjamin Kahn, Gründer und Manager von Coral World.

© Robert Klages

Am Freitag äußerte sich Coral-World-Gründer Benjamin Kahn dazu: „Die Menschen essen Fische, angeln Fische und töten Fisch. Aber wenn ich Fische zeige, dann ist das ein Problem? Ich glaube an mein Projekt, an das Gute daran.“ Auch bei seinen anderen Aquarien habe es immer etwas Gegenwind gegeben und am Ende seien tolle Sachen entstanden. Es sei auch ein Projekt für Berlin, er wolle der Stadt etwas geben.

Woher kommen die Fische?

Bereits seit über einem Jahr geht die von Coral World angestellte Meeresbiologin Lisa-Marie Braun durch Schulen in Berlin und erklärt den Kindern das Meer. „Meerwissen“ heißt das Bildungsprogramm von Braun, es ist kostenfrei.

Lisa-Marie Braun ist Meeresbiologin bei Ocean Berlin.

© Robert Klages

Kritiker:innen des Projekts lassen sich davon wenig beeindrucken. Die Kundgebung am Samstag soll auch daran erinnern, dass noch vor fünf Jahren obdachlose Menschen an der Rummelsburger Bucht gelebt haben sowie Wohnhäuser, ein Club und Freiflächen für die Bebauung beseitigt wurden. „Der Widerstand gegen die kapitalistische Landnahme an der Rummelsburger Bucht ist nicht verstummt“, schreiben die Initiator:innen. Anwohnende würden von dem Riesen-Aquarium nicht profitieren. Es sei zu erwarten, dass es die Gentrifizierung im Kiez und ganz Berlin vorantreibt.

In dem großen Becken mit Tunnel sollen vor allem Haie und Rochen schwimmen. Coral World kaufe diese Tiere und andere Fischarten nur bei dem zertifizierten Händler für Europa, versichert Ben-Hun. Oder das Unternehmen transportiert Fische aus den anderen Standorten nach Berlin, es verfügt über eigene Aufzuchten.

Coral World Manager Erez Ben-Nun.

© Robert Klages

Die Tanks bestehen aus Acrylglas, sind 60 Zentimeter dick und werden in Japan produziert. Sorge, die Konstruktion könnte bersten, hat der Bauleiter nicht. Eine Katastrophe wie beim Aquadom in Berlin 2022 werde es nicht geben, ist er sich sicher.

Der Haupttank mit sieben Millionen Liter Wasser in Berlin ist auch für Coral World der größte, den das Unternehmen bisher gebaut hat. Zum Vergleich: Das größte Becken der 79 Zoo-Aquarien fasst 130.000 Liter Wasser, 700.000 sind es insgesamt.

Zum Meerespark mit sieben Geschossen gehört auch ein Hotel, separat betrieben von der Kette Leonardo mit 169 Zimmern. Es soll zudem ein 360-Grad-Kino geben. Coral World lässt dazu einen neuen Film auf Hawaii produzieren. 120 Mitarbeiter wurden engagiert, darunter Meeresbiolog:innen. Es soll Workshops für Schulklassen geben und Zusammenarbeiten mit Universitäten.

Den Eintritt für den Meerespark soll laut Coral World bei 20 bis 30 Euro pro Person liegen, es sei aber noch nicht sicher. Es solle spezielle Angebote für Berlinerinnen und Berliner geben. Das Unternehmen betrachtet „Ocean Berlin“ als Bildungsstandort, nicht als Erlebnis-Aquarium.

Trotzdem ist Coral World ein Unternehmen mit Gewinnorientierung. Die Ausgaben für den Standort in Deutschland sind hoch – und stiegen von 2024 geschätzten 87 Millionen auf über 100 Millionen Euro.

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