
© Familie Weiß
Ex-Oberstleutnant lädt 40 Obdachlose ein: Dieses Fest in Spandau ist ein kleines Berliner Weihnachtsmärchen
Reisebus, Gänsekeule und Geschenke: Ein Ehepaar organisiert mit Freunden ein ganz besonderes Fest – ehrenamtlich. Was treibt sie an? Und wer steckt dahinter?
Stand:
Er ist ein Berliner mit Herz und anpackenden Händen: Joachim Weiß, 70 Jahre alt und aus Berlin-Spandau, feiert an diesem Mittwoch ein ganz besonders schönes Weihnachtsfest.
Der Kladower lädt 40 Berliner Obdachlose zu einem Weihnachtsessen ein. Dafür haben er und sein ehrenamtliches Team alles organisiert: vom Reisebus über die Gänsekeulen bis hin zu kleinen Geschenken für jene Berliner, die ganz besonders wenig haben.
Am Mittwoch ist Weiß noch einmal schnell mit seinem Auto zum Bahnhof Zoo in Charlottenburg gefahren, weil auch das Luxushotel „Waldorf Astoria“ helfen wollte und wie in den Jahren zuvor kleine Überraschungstüten vorbereitet hatte. Die Spezialisten aus der Küche haben früher schon mal süße Macarons spendiert, die dann beim Weihnachtsfest in Kladow an die Obdachlosen verteilt werden. „Diesmal sind’s viele Obsttüten geworden“, so Weiß. „Aber wir haben auch Naschereien dabei.“

© Familie Weiß
Fast wie bei Frank Zander
Es ist ein wenig wie beim Weihnachtsfest von Frank Zander, nur ein paar Nummern kleiner und ohne Tamtam und ohne Prominenz. Hier helfen Nachbarn und Freunde. Gefeiert wird nachmittags auf dem Krankenhausgelände von Havelhöhe; den weihnachtlich geschmückten Raum stellt die örtliche Rehaklinik zur Verfügung.

© Familie Weiß
Ein Krankentransportunternehmen hat einen Reisebus spendiert, der die 40 Gäste aus der Spandauer Notunterkunft „Herberge zur Heimat“ im Falkenhagener Feld abholt. Kinder der Kladower Schilfdachkapelle um Pfarrer Alexander Remler haben kleine Geschenke gebastelt.
Familien haben Kuchen gebacken und der Chef des örtlichen Edeka-Marktes in der Landstadt Gatow spendiert 45 Gänsekeulen, die dann mit Rotkohl, Kloß und Sauce serviert werden. Vorher gibt’s ein Süppchen und hinterher Rote Grütze mit Vanillesauce und Kaffee.
Alkohol ist übrigens tabu beim Kladower Weihnachtsfest, denn: „Viele der eingeladenen Gäste kämpfen mit einem Alkoholproblem. Die möchten wir nicht in Versuchung bringen“, erzählt Weiß.

© privat
Das Fest organisiert er mit seiner Frau und engagierten Freunden bereits zum neunten Mal seit 2013 in Kladow. Früher fand es auch mal in der Kladower Bundeswehr-Kaserne oder auch in Kladower Restaurants statt, diesmal also wieder im Kladower Krankenhaus.
Er wollte Geld für die Oberbaumbrücke spenden
Joachim Weiß ist seit 2015 Träger des Bundesverdienstkreuzes und engagiert sich auffällig viel in seiner Stadt – und nicht nur in Spandau. Mal spendiert er dem Rathaus Spandau eine neue Flagge für den Rathausturm, mal gibt er dem Bezirksamt Geld für den Bau einer Boule-Bahn für die Nachbarschaft.
Und neulich war er auch Protagonist im Berlin-Newsletter „Tagesspiegel Checkpoint“, weil er dem Land Berlin Geld spenden wollte, um damit die Beleuchtung der Oberbaumbrücke in Friedrichshain-Kreuzberg zu ermöglichen. Weiß war früher Oberstleutnant der Luftwaffe in Kladow, wo er heute auch mit seiner Frau lebt. „Aber eigentlich bin ich waschechter Schöneberger!“
Ich erfahre jeden Tag Hilfe. Und solange ich kann, möchte ich auch anderen helfen.
Joachim Weiß im Tagesspiegel
Warum macht er das alles? „Ich habe durch meine Arbeit bei der Bundeswehr das Organisieren gelernt und kann Verantwortung übernehmen“, sagt er.
Seit 20 Jahren ist Weiß schwer krank und kämpft mit Multipler Sklerose. „Ich erfahre jeden Tag selbst viel Hilfe“, sagt er. „Und solange ich kann, möchte ich auch anderen helfen.“
Der nächste Termin, den sich Weiß schon im Kalender notiert hat, ist dieser hier: Im April 2026 veranstaltet er ehrenamtlich in seinem Wohnviertel am Glienicker See zum 25. Mal den „Kinderflohmarkt“, der jedes Jahr Hunderte Familien anzieht. Da leuchten nicht nur die Augen der Kinder, sondern auch die von Martina und Joachim Weiß.
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