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Ein Wähler wirft seinen ausgefüllten Wahlzettel für die Bundestagswahl in Berlin in eine Wahlurne.

© Gregor Fischer/dpa

Bundestagswahl 2017: 250.000 Berliner haben schon gewählt

Die Abgabe der Stimmzettel vor dem Wahltermin wird immer beliebter. Bei der Abstimmung zum Bundestag im Jahr 2013 profitierten vor allem die CDU, die Grünen und die FDP von der Wahl per Brief.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Viertel-Million-Grenze ist geknackt. Bis zum Mittwoch haben 258.166 Berliner die Unterlagen für die Briefwahl beantragt, um an der Bundestagswahl teilzunehmen und über den Volksentscheid zum Flughafen Tegel abzustimmen. Traditionell vorn liegt Steglitz-Zehlendorf, dort haben schon über 20 Prozent der Wahlberechtigten ihr Kreuzchen per Post gemacht.

Gefolgt von Reinickendorf, Tempelhof-Schöneberg, Pankow und Charlottenburg-Wilmersdorf mit mehr als 13 Prozent. Diese Bezirke sind dafür bekannt, dass dort die Briefwahl besonders beliebt ist. Deshalb werden die amtlichen Wahlbenachrichtigungen traditionell zuerst in diese Stadtregionen geschickt.

„Inzwischen sind, von Einzelfällen abgesehen, alle Benachrichtigungen zugestellt“

Dagegen ist in Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg noch „tote Hose“, dort liegt die Wahlbeteiligung per Schneckenpost noch unter fünf Prozent. „Inzwischen sind, von Einzelfällen abgesehen, alle Benachrichtigungen zugestellt“, sagt Geert Baasen, der die Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin führt. Dann werden sich die Briefwahlquoten zwischen den Berliner Bezirken etwas mehr angleichen.

Es gibt immer noch ein Ost-West-Gefälle

Unterschiede bleiben trotzdem. Bei der Bundestagswahl 2013 lag die Briefwahlquote bei 28 Prozent. Doch während im Südwesten der Stadt 34,5 Prozent der Wähler ihre Stimme vor dem Wahltermin abgaben, waren es in Marzahn-Hellersdorf nur 21,9 Prozent. Es gibt immer noch ein Ost-West-Gefälle.

Dieses Mal rechnet Landeswahlleiterin Petra Michaelis mit 600 000 Wahlbriefen. Vor vier Jahren waren es 509 121. Das ist kein Berliner Phänomen. Bundesweit wird die Abgabe der Stimmzettel vor dem Wahltermin zunehmend beliebter.

Briefwahl könnte zu höherer Wahlbeteiligung führen

Für die bezirklichen Wahlämter, die in Berlin die Unterlagen zusammenstellen und verschicken, bedeutet das mehr Arbeit. Geschäftsstellenleiter Baasen bittet um Verständnis, wenn auch mal ein Fehler unterläuft. So fand ein Tagesspiegel-Leser zwei Abstimmungszettel für Tegel in der Post. „Wir tüten die Unterlagen, die versendet werden, per Hand ein, das lässt sich kaum automatisieren“, sagt Baasen. Da könne so etwas passieren.

Briefwahl ist die beste Antwort auf die mittlerweile zum Event mutierten letzten zwei Wochen vor der Wahl. Die unsäglichen Skandalisierungen von Trivialitäten sind kaum erträglich.

schreibt NutzerIn tempus_fugit

Wahlexperten gehen davon aus, dass die Briefwahl zu einer insgesamt höheren Wahlbeteiligung führt. Denn die Hemmschwelle, an einem regnerischen, gemütlichen Sonntag das Wahllokal aufzusuchen, fällt weg. Alle Parteien werben, auch in Berlin, für die Briefwahl, auch wenn ihnen dadurch ein Teil des Wahlkampfes verhagelt wird: Wer schon abgestimmt hat, ist mit späten Wahlversprechungen nicht mehr zu locken.

Jamaika-Bündnis profitiert von der Wahl per Post

Wer profitiert von der Wahl per Post? Bei der Bundestagswahl 2013 in Berlin die CDU, die Grünen und die FDP. Für die Union stimmten 31 Prozent der Briefwähler, das waren 3,5 Prozent mehr als bei den Urnenwählern. Die Grünen kamen auf 14,5 Prozent Briefwählerstimmen (3,0 Prozent mehr), die FDP auf 4,8 Prozent (1,7 Prozent mehr).

Dagegen entschieden sich nur 16,2 Prozent der Briefwähler für die Linken, bei den Urnenwählern kamen sie auf 19,4 Prozent. Die SPD erreichte lediglich 23,4 Prozent der Briefwähler (1,6 Prozent weniger) und die AfD 3,8 Prozent Briefwähler (1,6 Prozent weniger). Man könnte also sagen, dass das Jamaika-Bündnis von der Wahl per Post erheblich profitiert.

Briefwahl wird immer wichtiger

Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich in absehbarer Zeit das Bundesverfassungsgericht erneut mit der Briefwahl befasst, die immer wichtiger wird. Das Ziel einer hohen Wahlbeteiligung wurde bisher höher bewertet als die Risiken eines Wahlbetrugs.

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