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Andreas Geisel in seinem Büro in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Er reagierte emotional auf die scharfe Kritik von Linken und Grünen.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Exklusiv

„Das ist Denken bis zum Wahltag, mehr nicht“: Berlins Innensenator hält Migrantenquote in der Verwaltung für verfassungswidrig

SPD-Politiker Andreas Geisel weist die scharfe Kritik der Koalitionspartner an der SPD zurück. Er sieht eine Migrantenquote als falschen Weg für mehr Vielfalt.

Berlins Innensenator Andreas Geisel hält eine Migrantenquote im öffentlichen Dienst für verfassungswidrig. Das sagte der SPD-Politiker dem Tagesspiegel. Die von Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) Mitte Januar vorgelegte Novelle des Partizipations- und Integrationsgesetzes könne er so nicht mitzeichnen, sagte Geisel: „Unser Grundgesetz sagt, niemand darf bevorteilt oder benachteiligt werden aufgrund seiner Herkunft, seines Geschlechts, Ethnie, Sexualität.“

Bei Frauen und Menschen mit Behinderungen habe man das durch Gesetze ergänzen können, sagte Geisel: „Das sind aber harte Kriterien! Der Migrationshintergrund ist eine freiwillige Angabe – wir kommen da über eine Orientierungsgröße nicht hinaus. Gut gemeint ist nicht gut gemacht.“

Geisel betonte, die Verfassungsrechtler in seiner Verwaltung sagten ihm, die Migrantenquote in ihrer jetzigen Form werde vor Arbeitsgerichten scheitern. Sein Vorwurf: Auch Grüne und Linke wüssten um die Probleme, führten ihren „Alles-oder-nichts-Kurs“ aber weiter: „Das ist Denken bis zum Wahltag, mehr nicht.“ Auch Verfassungsrechtler außerhalb seiner Verwaltung vertreten diese These.

Am Mittwoch wird sich deshalb der Koalitionsausschuss von Rot-Rot-Grün mit der Neufassung des Gesetzes beschäftigen. In den vergangenen Tagen hatten Linke und Grüne die SPD scharf für ihre Ablehnung der Quote kritisiert.

Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) hatte der SPD Ideenlosigkeit vorgeworfen, der Landesvorsitzende der Grünen, Werner Graf, der Partei eine Abkehr vom Koalitionsvertrag unterstellt. Die SPD belaste „gemeinsame Projekte“, schrieb Graf.

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Berlins Innensenator reagierte emotional auf die Vorwürfe der Koalitionspartner, die SPD würde sich nicht ausreichend für Vielfalt einsetzen. „Wenn jemand divers aufgestellt ist in der Parteiführung, in der Fraktionsführung und im Senat bei den Staatssekretären, dann ist das die SPD.“ Die Führungsriegen der Koalitionspartner seien hingegen „rein weiß“ besetzt.

Über das Ziel, mehr Menschen mit Migrationshintergrund und People of Color in den öffentlichen Dienst zu bringen, bestehe allerdings „vollkommene Einigkeit“, beteuerte Geisel. Bei der Polizei etwa sei es seiner Verwaltung gelungen, den Anteil an Beamten mit Migrationshintergrund zu erhöhen – durch gezieltes Anwerben einerseits und Zielvereinbarungen mit leitenden Angestellten andererseits. „Für Überzeugung braucht es mehr als ein Gesetz“, sagte Geisel.

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Den Vorstoß der Linken, den Begriff „Integration“ aus der Novelle zu streichen, hält Geisel für falsch. „In einer Vielfaltsgesellschaft“, sagte Geisel, „brauchen wir gemeinsame Werte, auf die wir uns verständigen.“ In den vergangenen Jahren seien viele Menschen nach Deutschland gekommen, die „in ihren Herkunftsländern nicht mit unseren Werten sozialisiert“ worden seien. „Integration ist die Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben“, sagte Geisel.

Berlin Innensenator warb mit deutlichen Worten um eine Einigung. „Es wäre jetzt verdammt noch mal klug, einen Gesetzentwurf vorzulegen, den wir gemeinsam verabschieden können“, sagte er. Ein neues Partizipations- und Integrationsgesetz müsse „der gemeinsame Erfolg von Rot-Rot-Grün sein“.

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