
© dpa/Daniel Reinhardt
„Das Motiv war Blutrache“: Sie töteten ihn auf offener Straße in Spandau – Cousins schuldig gesprochen
Eine blutige Fehde in Istanbul gipfelte in der Tötung eines 18-Jährigen in Berlin. Einer der Täter erhielt eine lebenslange Freiheitsstrafe.
Stand:
Der 18-jährige Burak Ö. hatte die Türkei aus Angst verlassen. Er wollte sich in Berlin in Sicherheit bringen. Doch er wurde vor rund einem Jahr Opfer einer „Blutrache“. Azad D. und Ziya S., inzwischen 22 und 18 Jahre alt, lauerten Burak Ö. auf und töteten ihn auf offener Straße in Spandau. Das Berliner Landgericht sprach die beiden türkischen Cousins am Montag des gemeinschaftlichen Mordes sowie des Raubes mit Todesfolge schuldig.
Gegen Azad D. erging eine lebenslange Freiheitsstrafe. Sein mitangeklagter Cousin erhielt eine Jugendstrafe von neun Jahren und drei Monaten. „Das Motiv war Blutrache“, sagte der Vorsitzende Richter Nikolai Zacharias. Die beiden Angeklagten seien „durch ihre jeweiligen Familien auf die Spur gebracht worden“. Heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen hätten sie Burak Ö. attackiert. Nach der Tötung hätten sie das Handy von Ö. mitgenommen – auch mit dem Gedanken, man könnte später dessen Familie mit der Tat verspotten.
Sie lauerten dem 18-Jährigen am 6. Mai 2024 auf. Mit Süßigkeiten und Getränken hätten sie sich am Morgen versorgt, sich an der Straßenecke Im Spektefeld/Hauskavelweg postiert und dann stundenlang gewartet, so die Staatsanwältin. Um 15.20 Uhr habe Azad D. die Waffe gezogen und viermal abgedrückt. Anschließend sei der Ziya S. mit einem Messer auf den Schwerverletzten losgegangen.
Hintergrund war laut Ermittlungen ein tödlicher Streit in einem Café in Istanbul im Mai 2023. Dem älteren Bruder von Ö. werde vorgeworfen, den Cousin der Angeklagten – einen Immobilienmakler – umgebracht zu haben. Nähere Erkenntnisse zu dieser Tat habe das Gericht aber nicht, so der Richter. D. und S. hätten „jemanden getötet, weil er mit jemanden verwandt ist“.
Azad D. hatte zu Prozessbeginn erklärt, er sei „derjenige, der die Schüsse abgegeben hat“. Er und S. erklärten vor Gericht, die Tat tue ihnen leid. Die Verteidiger sagten, auf die jungen Männer sei Druck aus der Familie ausgeübt worden. Das familiäre Umfeld in der Türkei habe sie dazu gebracht, die Tat zu begehen. Die Verteidiger beantragten Jugendstrafen von unter zehn Jahren für D., im Fall von S. unter sechs Jahren.
„Der Familienkontext, in dem er lebt, duldet keinen Widerspruch“, so die Anwälte des 22-Jährigen. D. habe zudem Schmerz und Trauer wegen des Todes seines Verwandten empfunden. Der getötete Mann, der in der Immobilienbranche tätig gewesen sein soll, habe die Familie auch mit finanziellen Mitteln unterstützt – „man war ihm zu großem Dank verpflichtet“. Auch sei von großer Gefährlichkeit der Familie des Getöteten gesprochen worden. Aus Angst und Druck habe der 22-Jährige vor der Tat massiv Drogen und Alkohol konsumiert.
Die Verteidigerinnen von S. sagten, er habe sich in einer Konfliktsituation befunden, „die ganz klar von außen hervorgegangen ist“. Der damals 17-Jährige sei der Jüngste in einer Kette von Menschen gewesen, die die Tötung wollten. „Er hatte nicht die Ressourcen, sich dem Druck der Familie zu widersetzen“, so eine Anwältin. Die Planung sei in wesentlichen Teilen aus der Türkei an die Angeklagten gegangen.
Die Staatsanwältin sagte in ihrem Plädoyer, D. und S. hätten als zwei „hochfunktionale Täter agiert“. Sie beantragte gegen den 22-Jährigen wegen Mordes und Raubes mit Todesfolge eine lebenslange Freiheitsstrafe sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Gegen Ziya S. forderte sie eine Jugendstrafe von neun Jahren und elf Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: