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Umstritten: der Radweg in der Kantstraße im Berliner Stadtteil Charlottenburg.

© dpa/Lutz Deckwerth

Dauerstreit um Radweg in der Berliner Kantstraße: Ist der geplante Rückbau rechtswidrig?

Der von der Verkehrssenatorin geplante Rückbau des Radwegs auf der Kantstraße ist aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe rechtswidrig. Der Verband will klagen.

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Vor fünf Jahren war es der längste Pop-Up-Radweg Berlins. Nun will Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) den Pollerradweg aus der Coronapandemie in der Einkaufsstraße abbauen. Im Juni hatte sie den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf dazu angewiesen.

Dies hält die Deutsche Umwelthilfe (DUH) für rechtswidrig. Der Verband hat dazu ein Rechtsgutachten erstellen lassen. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der geplante Rückbau aufgrund des hohen Radverkehrsaufkommens unzulässig sei.

Es geht um die Drehleitern der Feuerwehr

Sollte der Radweg abgebaut werden, will der Verband klagen, wie DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch am Dienstag mitteilte. Die Umwelthilfe ist bereits mehrfach gegen Projekte der Verkehrsverwaltung juristisch vorgegangen. So musste diese im vergangenen Jahr Akten zu Radwegen herausgeben.

Schäbig. Riskant. Lebensgefährlich. Und illegal.

Fahrradaktivist Heinrich Strößenreuther über den geplanten Rückbau

Bei der Kantstraße würden die Vorgaben des Berliner Mobilitätsgesetzes und des Berliner Radverkehrsplans nicht eingehalten, so der Verband. So sieht etwa der als Rechtsverordnung geltende Radverkehrsplan vor, dass Busspuren nur im Notfall für den Radverkehr freigegeben werden dürfen und dann mindestens fünf Meter breit sein sollen. Das sei laut DUH auf der Kantstraße nicht umsetzbar.

Bonde begründet ihre Anordnung mit der Sicherheit: Weil die Feuerwehr mit Drehleitern nicht Menschen aus den oberen Stockwerken der Häuser retten kann, müsse die Kantstraße umgebaut werden. Diese Drehleitern reichen nicht über Parkspur und Radweg hinweg. Der Bezirk hatte vorgeschlagen, den Mittelstreifen etwas schmaler zu machen, damit die Feuerwehr mehr Aufstellfläche bekommt. Dies lehnt der Senat als zu teuer ab.

Vor allem die Berliner CDU hatte sich gegen den Radweg ausgesprochen. So können am rechten Fahrbahnrand künftig wieder Autos parken.

Wird das Mobilitätsgesetz gebrochen?

Auch Fahrradaktivist Heinrich Strößenreuther, der den neuen Radweg vor fünf Jahren mit einer Sekttaufe eröffnete, hält das Vorgehen für rechtswidrig: „Die Weisung von Senatorin Bonde zur Umgestaltung der Kantstraße ist ein Rückschritt ins letzte Jahrhundert – und ein Bruch mit dem Mobilitätsgesetz.“ Strößenreuthers Fazit: „Schäbig. Riskant. Lebensgefährlich. Und illegal.“

Laut dem Gutachten der DUH lässt die Fahrbahnbreite nur eine schmale Busspur zu, auf der nach den geltenden Regelwerken nur 150 bis 200 Radfahrende pro Stunde fahren dürfen. „Ein solches Radverkehrsaufkommen wird auf der Kantstraße regelmäßig überschritten“, teilte der Verband am Dienstag mit.

Dass Verkehrssenatorin Bonde lieber Parkplätze als Radfahrerinnen und Radfahrer schützen möchte, ist nicht nur menschlich und politisch ein Skandal – es ist schlicht Rechtsbruch.

DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch über den geplanten Rückbau

Die DUH fordert, anstelle des Radwegs den Parkstreifen abzuschaffen. Das würde neben dem Rad- und Busverkehr auch Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr genug Platz einräumen, hieß es.

So sehen es auch die Grünen. „Der von Ute Bonde geplante Rückbau des Radwegs in der Kantstraße ist gefährlich und rückwärtsgewandt“, sagte Oda Hassepaß, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus. Sie betonte, dass nicht Radwege die Feuerwehr behindern, sondern in aller Regel Falschparker.

DUH-Geschäftsführer Resch sagte: „Dass Verkehrssenatorin Bonde lieber Parkplätze als Radfahrerinnen und Radfahrer schützen möchte, ist nicht nur menschlich und politisch ein Skandal – es ist schlicht Rechtsbruch. Sollte die Berliner Regierung den Rückbau des Radwegs auf der Kantstraße tatsächlich anordnen, werden wir dagegen gerichtlich vorgehen. Wir lassen die Berlinerinnen und Berliner nicht im Stich und schützen die Verkehrswende in Berlin, wo immer notwendig.“

Der Pop-up-Radweg auf der Kantstraße in Berlin war nach Angaben der DUH mit 3,6 Kilometern sogar der längste in ganz Deutschland. Durch den teilweise mit Pollern gesicherten Weg habe sich der Radverkehr auf der Kantstraße verdreifacht. Auch die Luftqualität habe sich deutlich verbessert.

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