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Die Kantstraße hatte bis vor kurzem keinerlei Infrastruktur für Radfahrer. Jetzt gibt es eine Pop-Up-Spur.

© imago images/Stefan Zeitz

Unfallforscher kritisiert Pop-Up-Radwege: Der Radverkehr nimmt zu, das Risiko auch

Der Unfallforscher Siegfried Brockmann kritisiert den Berliner Senat: Die Radverkehrspolitik schaffe neue Gefahren.

Auf den Berliner Hauptstraßen mit Pop-Up-Radwegen hat der Radverkehr stark zugenommen. Laut Aktivitätsdaten der Tracking-App „Strava“ hat sich die Zahl der Radfahrer im Vergleich zum Vorjahr auf dem Kottbusser Damm in Kreuzberg verdoppelt. Auf der Petersburger Straße in Friedrichshain nahm der Radverkehr um 140 Prozent zu, auf der Kantstraße in Charlottenburg sogar um 260 Prozent.

Über die Rechtmäßigkeit mehrerer Spuren muss noch das Oberverwaltungsgericht entscheiden. Die AfD hatte gegen die Provisorien geklagt, um den Platz für die Autos zurückzugewinnen - und vom Verwaltungsgericht vorläufig Recht bekommen.

Siegfried Brockmann, der die in Berlin ansässige Unfallforschung der Versicherer (UDV) leitet, hält die Pop-Up-Spuren für riskant: Sie verbesserten zwar das subjektive Sicherheitsgefühl, aber schüfen objektive Gefahren, da der Radverkehr auf den breiten Asphaltspuren auf der Fahrbahn insgesamt schneller werde. Das erhöhe das Risiko an Kreuzungen – wo die meisten Unfälle passieren.

Besonders heikel sei die Spur in der Kantstraße, die rechts neben parkenden Autos verlaufe, sagte Brockmann. Teilweise sei dort die Sicht an Kreuzungen völlig blockiert.

Echten Sicherheitsgewinn brächte nach Ansicht von Brockmann nur die konsequente Trennung der Grünphasen für Geradeausverkehr und Abbieger an Kreuzungen mit starkem Radverkehr und Platz für Abbiegespuren. Diese Priorität solle die Berliner Verkehrsverwaltung setzen; andere Städte hätten bereits entsprechende Arbeitsgruppen gebildet, um Brennpunkte gezielt zu entschärfen.

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Das häufig genannte Gegenargument, dass wegen der längeren Umlaufzeiten der Ampeln alle länger im Stau stehen, sei nicht plausibel. Denn schon jetzt kämen an solchen Kreuzungen oft nur zwei Rechtsabbieger pro Grünphase durch den Strom der Radfahrer.

Fehler beim Abbiegen sind laut Unfallstatistik der Berliner Polizei mit Abstand die häufigste Unfallursache. Etwa zwei Drittel der Unfälle betreffen Rechtsabbieger, ein Drittel Linksabbieger. Für Fußgänger und Radfahrer haben diese Unfälle auch besonders oft schwere Folgen. Jedes Jahr sterben in der Hauptstadt mehrere Radfahrer bei Grün unter den Rädern abbiegender Lastwagen.

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