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René Lohse/Vogue Germany

© René Lohse/Vogue Germany

Designer Jean Paul Gaultier in Berlin : „Manchmal bringt mich Mode zum Weinen“

Zum zweiten Mal hat die Zeitschrift „Vogue“ zur Tagung nach Berlin eingeladen. Bei „Forces of Fashion“ teilte neben Jean Paul Gaultier auch Modeschöpfer Jeremy Scott seine Expertise.

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Am Donnerstag hatte Berlin hohen Besuch aus der Modebranche: Jean Paul Gaultier zum Beispiel, der Gute-Laune-Bär und Stardesigner, reiste extra aus Paris an, um sich auf der Tagung „Forces of Fashion“, von der Zeitschrift „Vogue“ organisiert und in der Kirche St. Elisabeth in Berlin-Mitte abgehalten, über die „Macht von Kollaborationen“ ausfragen zu lassen. Letztlich versuchte Gaultier aber, den Zuschauern klarzumachen, dass Mode gar nicht so ernst zu nehmen sei, wie sie es auf den ernsten Blick vielleicht verlangen mag.

Berühren kann sie natürlich trotzdem: „Manchmal bringt mich Mode zum Weinen“, sagte er in Bezug auf seinen Nachfolger Duran Lantink. Der Designer debütierte eben erst auf der Pariser Modewoche als neuer Kreativdirektor des Hauses Gaultier – mit einer geschmacklich höchst umstrittenen Kollektion. Jean Paul Gaultier ließ sich in Berlin jedoch nicht hinreißen, die zu kritisieren.

Mode muss auch Spaß machen

An der deutschen Hauptstadt liebe er die Kreativität und die Energie, beides Kategorien, anhand derer er in der Vergangenheit auch junge Designer für Kollaborationen ausgesucht hatte. Die wichtigste Kollaboration seines Lebens war dabei die mit Madonna, sagte er. In den 90er Jahren entwarf er die ikonischen Kostüme für deren „Blond Ambition World Tour“.

Gaultierts Definition von guter Mode: „Sie muss Spaß machen und lustig sein. Aber, die Leute müssen sie auch begehrenswert finden, sie müssen sie haben und anfassen wollen und sich wohlfühlen, wenn sie sie tragen.“

Ähnlich argumentierte im Anschluss bei einem weiteren Interview vor Publikum auch Gaultiers Kollege Jeremy Scott. Der US-amerikanische Designer, der über zehn Jahre kreativer Chef des italienischen Modehauses Moschino war, wirkte etwas gerädert, weil er am Vorabend noch bis spät in die Nacht die Premiere des neuen Friedrichstadt-Palasts Stücks „Blinded by Delight“ gefeiert hatte – für dessen Kostüme er verantwortlich ist.

Die etwas weniger glamourösen Diskussionen mussten die Vorsitzenden des Lobby-Vereins „Fashion Council Germany“, Christiane Arp und Scott Lipinski, mit der Chefin der deutschen Vogue, Kerstin Weng führen, mit der sie über die Zukunft der Berliner Modewoche sprachen.

Zusammenfassen lässt sich das rund 30-minütige Gespräch, dass man weitermachen wolle wie bisher, in Zukunft aber noch ein bisschen besser kommunizieren wolle. In Berlin laufe man häufig immer noch gegen Wände.

Community, Friends and Family

Was das für Wände sind, wollten sie leider nicht verraten. Weng erinnerte, dass es Kritik daran gebe, dass sich das, was auf der Berliner Modewoche gezeigt wird, nicht unbedingt gut verkauft – nicht kommerziell genug ist. Darauf reagierte Arp empört: „Eine Modenschau ist dafür da, Signale zu senden, Haltungen zu zeigen. Das Kommerzielle kommt erst danach.“ Bei Mode ginge es nicht um persönliche Geschmäcker, sondern darum, dass sie den Zuschauer berührt. Eine Haltung, die sie mit Jean Paul Gaultier teilt.

Arp schaffte es immerhin, ihrem Auftritt die nötige Dramatik zu verleihen, für die die Besucher offenbar bereit waren, knapp 250 Euro Ticketpreis zu bezahlen. Die „Friends and Family“ – so das Motto der Konferenz – auf eine diffuses „Wir“ einzuschwören: Wir, die gemeinsam gegen den böswilligen Rest da draußen verstanden haben, dass Mode eben nicht oberflächlich ist!

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