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Docs on the Rocks. Seit 1999 gibt es die Band, doch nicht immer unter gleichem Namen. Nur Ärzte dürfen darin mitspielen.

© Thilo Rückeis

Berliner Band: Die "Echten Ärzte" spielen für den guten Zweck

Na gut, es gibt die Ärzte. Aber es gibt auch die Echten Ärzte. Eine Band nur aus Medizinern. Wieder einmal laden sie zum Weihnachtskonzert.

„Junge, warum hast du nichts gelernt?“, haucht Sänger und Kinderarzt Tommi Schnellbacher vorwurfsvoll ins Mikro. „Schau dir den Dieter an, der hat sogar ein Auto!“ Natürlich darf ein Lied der Ärzte nicht fehlen bei einer Coverband mit dem Namen „Echte Ärzte“, die aus, nun ja, echten Ärzten besteht. Die Berliner Band, die mittlerweile elf Mitglieder hat, gibt es seit 1999, allerdings nicht in der gleichen Besetzung, und auch nicht immer unter diesem Namen. Musikalisch ist sie breit aufgestellt, im Repertoire hat sie vor allem Rock- und Popklassiker der Sechziger bis Achtziger, aber auch neuere Stücke wie eben „Junge“ von den Ärzten oder „Schüttel deinen Speck“ von Seeed-Frontmann Peter Fox. Gespielt wird, was der Band gefällt, aber auch, was beim Publikum gut ankommt. Das ist vor allem Tanzbares, aber auch John Lennons „Happy Xmas (War is Over)“ darf nicht fehlen beim alljährlichen Benefiz-Weihnachtskonzert der Band.

Zweimal im Jahr veranstalten die Echten Ärzte solche eigenen Konzerte, eins im Sommer und das große Weihnachtskonzert im Dezember. Manchmal werden sie auch für Auftritte bei Ärztekongressen oder Ähnlichem gebucht, einmal hat man sie extra in die Schweiz einfliegen lassen, um dort bei einer Chirurgenveranstaltung zu spielen. Sofern es Einnahmen gibt, werden diese für wohltätige Zwecke gespendet. Beim diesjährigen Weihnachtskonzert gehen sie an Akinda, eine Organisation, die in Berlin Vormunde für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge schult.

Mitmachen darf nur, wer Arzt ist

Die Spenden gehen jedes Mal woanders hin, sagt Keyboarder und Internist Stefan Neuber. Meist seien es Organisationen, zu denen jemand aus der Band einen persönlichen Bezug habe. Vor allem aber würden kleine Organisationen ausgewählt, bei denen man noch nachverfolgen könne, wo das Geld hin fließt. Über die Jahre sind nach Angaben der Band mehr als 40.000 Euro für wohltätige Zwecke zusammengekommen.

Dabei sind die Lebensläufe der Bandmitglieder ohnehin schon einigermaßen beeindruckend: Schlagzeuger und Gründungsmitglied Bodo Niggemann zum Beispiel war bis zum vergangenen Jahr Leiter der Kinderklinik der Charité, außerdem Professor an der Humboldt-Universität. Der 67-Jährige fotografiert und macht Kunst. Außer ihm gibt es in der Band noch weitere Chefärzte, Neurologen, Internisten, eine Psychiaterin, einen Radiologen und jede Menge Kinderärzte. Mitmachen darf tatsächlich nur, wer Arzt ist.

Das liege auch am jetzigen Namen, sagt Gitarrist Thomas Lempert, der mache die Band natürlich irgendwie exklusiv, was aber nicht überheblich klingen solle. Überheblich wirken die Bandmitglieder aber nun wirklich nicht, es wird gewitzelt und gelacht. Vielleicht sind all die Ärzte-Serien wie „Scrubs“ oder „Grey's Anatomy“ ja doch nicht so weit von der Realität entfernt.

Ein Gitarrensolo vom Chefarzt

Die Bandproben finden im Keller unter einem Hörsaal der Charité, Campus Virchow, statt. Zur Sonderprobe kurz vor dem großen Konzert sind immerhin neun der elf Musiker gekommen. Der kleine Raum hat wenig mit den verrauchten, mit alten Teppichen und Dämmmaterial ausgekleideten Proberäumen zu tun, die man von den Rockbands aus Jugendzeiten kennt. Ein bisschen Proberaumflair gibt es aber: An den Wänden hängen Poster, in der Ecke stapeln sich ein paar Bierkästen mit leeren Flaschen, wenn auch recht ordentlich drapiert.

Das grelle Beleuchtungskonzept erinnert allerdings eher an einen OP-Saal als an Rock’n’Roll. Als die Band anfängt zu spielen, ist von der optischen Unterkühltheit des Raumes jedoch nichts mehr zu spüren. Sängerin Sandy Pistol singt mit voller Stimme alle Tonlagen von Queens „Don’t stop me now“, die Bläser schwingen dazu synchron nach vorne und hinten und es gibt sogar ein Gitarrensolo vom Chefarzt. An den Wänden hängen die liebevoll gestalteten Bandposter der Echten Ärzte, die sind an alte Plattencover angelehnt. Da erkennt man Pink Floyds „In Venice“, „Burn“ von Deep Purple oder „Crisis? What Crisis?“ von Supertramp. Der Bezug auf die Rocklegenden ist aber keine maßlose Selbstüberschätzung, sondern weit eher Selbstironie. Dass sie in diesem Leben wohl keine großen Rockstars mehr werden, wissen die Bandmitglieder. Auch mit Groupies sehe es eher schlecht aus, erzählen sie. Einmal habe aber eine Bekannte in großen Mengen, extra für diesen Anlass gekaufte Unterwäsche auf die Bühne geworfen – dabei wären auch Kuscheltiere okay gewesen. Vielleicht haben sie ja dieses Jahr mehr Glück.

Das weihnachtliche Benefizkonzert findet in Huxley’s Neuer Welt, Hasenheide 107, statt, am 21. Dezember ab 20 Uhr. Tickets kosten 10 bis 20 Euro. Mehr Infos unter www.echte-aerzte.de

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