
© dpa/Caroline Bock
„Die kamen mit gezogenen Knarren“: So erlebte der vermeintliche RAF-Terrorist Tim T. seine Festnahme
Am Dienstag stürmen Beamte einen ICE am Bahnhof Berlin-Spandau. Irrtümlich sollte sich ein RAF-Terrorist in dem Zug befinden. Doch es war nur ein Sozialarbeiter, der ihm ähnlich sieht.
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Dienstagabend, 22.30 Uhr im Bahnhof Berlin-Spandau. Tim T. sitzt im verspäteten ICE 1159 als plötzlich mehrere uniformierte Beamte das Abteil des 51-Jährigen stürmen und ihn festnahmen. Sie hielten ihn für den RAF-Terroristen Burkhard Garweg. In einem Interview mit der „Bild“ erzählt er, wie es ihm dabei ergangen ist.
Wie die Zeitung berichtet, war der Sozialarbeiter von dem Einsatz der GSG-9 völlig überwältigt. „Die kamen mit gezogenen Knarren auf mich zu und drückten mich auf den Boden“, sagt T. , der fälschlicherweise für einen Terroristen gehalten wurde. „Erst dachte ich, das wäre ein Streich von ‚Verstehen Sie Spaß?‘. Aber dafür war es dann doch zu krass!“
Erst dachte ich, das wäre ein Streich von ‚Verstehen Sie Spaß?‘
Tim T., 51-jähriger Sozialarbeiter über seine Festnahme in einem ICE am Bahnhof Berlin Spandau.
Er bemühte sich nach eigenen Angaben sehr, um seine Unschuld zu beweisen. Als er auf die Wache gebracht wurde, hätte er neben all seiner Ausweisdokumente sogar seinen Bibliotheksausweis vorgezeigt, um seine wahre Identität zu bestätigen. Doch die Staatsanwaltschaft Hannover schien das nicht zu beeindrucken. T. blieb für die gesamte Nacht in Polizeigewahrsam.
„Unmenschliche Zustände“
Auch am Mittwoch sei er von der Situation noch schwer erschüttert. Über die Bedingungen in der Gewahrsam berichtet er im Interview: „Das waren unmenschliche Zustände. Alles war dreckig und eklig.“ Er sei psychisch völlig am Ende. Nach seiner Freilassung am Mittwochmorgen möchte er sich erstmal krankschreiben lassen.
Bereits am Dienstag hieß es, dass T. bei seiner Festnahme keinen Widerstand geleistet hätte. Nach seiner Freilassung wollte die Staatsanwaltschaft Verden keine näheren Angaben zu T. tätigen, da es sich um einen Unbeteiligten handelt. Nach derzeitigen Erkenntnissen war er auch mit einer Frau unterwegs, die allerdings nicht festgenommen wurde.
Nicht die erste Verwechslung
Es ist nicht das erste Mal, dass der Polizei im Zusammenhang mit den gesuchten Ex-RAF-Mitgliedern Staub und Garweg ein Fehler unterläuft. Schon Mitte März wurde der Autor und Musiker Andreas Weiser an einer Bushaltestelle in Steglitz-Zehlendorf von vermummten Polizisten gefesselt und festgehalten. Sie hatten ihn für Garweg gehalten.
Und Mitte Juli nahm die Berliner Polizei auf einem Fahrgastschiff am Treptower Park einen Mann fest, den ein Zeuge für Ernst-Volker Staub gehalten hatte. Bei einer Identitätsfeststellung auf dem Polizeirevier per „Fast-ID“-Verfahren zeigte sich jedoch, dass es nicht Staub war. Auch der Personalausweis war echt. Der Mann wurde wieder freigelassen.
Seit 2015 ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden (Niedersachsen) gegen die ehemaligen RAF-Terroristen Staub, Garweg und Daniela Klette wegen versuchten Mordes sowie versuchten und vollendeten schweren Raubs in mehreren Fällen. Klette wurde Ende Februar in Berlin-Kreuzberg festgenommen.
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