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Berlin: Ein Vier-Milliarden-Loch für die Landeskasse?

Der Senat will das Stadtstaatenprivileg retten und dann über eine Sonderregelung für Berlin und Brandenburg verhandelnUlrich Zawatka-Gerlach Finanzsenator Peter Kurth (CDU) warnte gestern davor, die Verhandlungen über die Reform des Länderfinanzausgleichs mit einem Problem zu belasten, das zunächst nur Berlin und Brandenburg interessiert. Welches Problem?

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Senat will das Stadtstaatenprivileg retten und dann über eine Sonderregelung für Berlin und Brandenburg verhandelnUlrich Zawatka-Gerlach

Finanzsenator Peter Kurth (CDU) warnte gestern davor, die Verhandlungen über die Reform des Länderfinanzausgleichs mit einem Problem zu belasten, das zunächst nur Berlin und Brandenburg interessiert. Welches Problem? Nach einer Fusion beider Länder ginge das "Stadtstaatenprivileg" Berlins verloren, das vier Milliarden Mark pro Jahr in die Landeskasse schwemmt. Ein Einnahmeverlust, der kaum verkraftbar wäre. Schon 1994 hatte der Bundesrat einstimmig beschlossen, einem Land Berlin - Brandenburg das Stadtstaatenprivileg noch bis 2013 zu garantieren. Aber das galt für den ersten, gescheiterten Fusionsversuch.

Für einen zweiten Anlauf wäre nach Einschätzung des Senats eine mindestens gleichwertige Übergangsregelung vonnöten, doch das Bundesverfassungsgericht hat die erhöhte Einwohnerwertung ("Stadtstaatenprivileg") im November 1999 generell auf den Prüfstand gestellt. Vor allem die Südländer wollen sich finanzielle Erleichterung verschaffen, indem das Stadtstaatenprivileg zu Lasten von Berlin, Hamburg und Bremen abgeschafft oder auf ein niedrigeres Niveau zurückgeführt wird. Dafür muss eine Lösung gefunden werden. Sonderwünsche Berlins und Brandenburgs stehen momentan nicht auf der Tagesordnung der Länderfinanzminister. "Die Fusionspläne spielen keine Rolle", sagte Kurth dem Tagesspiegel. "Eine solche Debatte anzuzetteln, wäre abenteuerlich".

Der Finanzsenator plädierte dafür, zunächst einmal "in Solidarität mit den Nehmer- und ostdeutschen Ländern" einen neuen, auskömmlichen Finanzausgleich zu finden. Anschließend, aus einer gefestigten Position heraus, könnten Berlin und Brandenburg eine neue Übergangsregelung einfordern, die die Finanzkraft des gemeinsamen Landes sichere. Senatskanzlei-Chef Volker Kähne unterstützt dieses Zwei-Stufen-Programm: Erst das Stadtstaatenprivileg sichern, dann eine "Öffnungsklausel" für Berlin - Brandenburg finden. In diesem Fall sieht auch SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit "gute Chancen", eine Sonderregelung auszuhandeln, denn die anderen Länder verfolgten die Fusionsbemühungen durchaus mit Interesse. Die Diskussion über die finanziellen Probleme der Länderfusion, da ist Wowereit gleicher Meinung wie Kurth, dürfe aber nicht "zur Unzeit geführt werden."

Die Solidarität der anderen Bundesländer soll also nicht überstrapaziert werden. Selbst Hamburg gab - im Vorfeld des Bundesverfassungsgerichts-Urteils - einen Warnschuss ab. "Berlin ist kein historisch gewachsener Stadtstaat, sondern die historisch gewachsene Hauptstadt Deutschlands", hieß es in einer verfassungsrechtlichen Stellungnahme. Die 1995 erfolgte Einbeziehung Berlins in die lukrative Einwohnerwertung habe "die entscheidende Frage, ob nicht eine Hauptstadtlösung die angemessenere Lösung für die spezifische Funktion Berlins und der damit verbundenen Finanzprobleme ist, nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben." Die Situation der Hauptstadt Berlin, das sagt auch der Bundesbeauftragte des Landes Berlin, Gerd Wartenberg, werde in den Verhandlungen zum Finanzausgleich eine zentrale Rolle spielen. Nicht vorrangig wegen des Streits um das Stadtstaatenprivileg. "Berlin ist ein Hauptproblem, weil es eine schwache Wirtschaftskaft und sehr geringe Steuereinnahmen hat."

Die bundesweiten Verhandlungen über eine Neuregelung des Finanzausgleichs kommen allmählich in Schwung. Die Finanzminister von Bund und Ländern haben sich kürzlich mit dem Thema befasst. Die Staatskanzlei-Chefs und die Finanz-Staatssekretäre tagen am Donnerstag. Am 2. März treffen sich die Finanzminister erneut zu einer Sonderkonferenz. Bis 2003 muss ein gesetzlicher Rahmen für die Neuverteilung der Gelder zwischen Bund und Ländern gefunden werden.

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